Frank Thelen und Jochen Schweizer
Frank Thelen und Jochen Schweizer Gute Laune dank guter Deals? Die Löwen Frank Thelen und Jochen Schweizer.

„Mehr Bizz“: Das hat Vox den Zuschauern für die neue Staffel Die Höhle der Löwen versprochen. Mehr Bizz? Das soll wohl so viel heißen wie mehr Deals. Die Investoren sollen mehr anbeißen. In der ersten Folge tun sie das tatsächlich. Vier von sechs möglichen Deals kommen zustande. Die Löwen zeigen sich sanftmütig – zumindest über weite Strecken. Und der Sender fährt damit eine Rekordquote ein: 2,63 Millionen Zuschauer schalteten ein, das entspricht einem Marktanteil von zehn Prozent beim Gesamtpublikum – ein neuer Spitzenwert bei DHDL.

Die ersten Gründer der Folge sind Stefan und Anne Lemcke, ein Pärchen, das seit drei Jahren mit ihrer Manufaktur Ankerkraut Gewürzmischungen verkauft, etwa 20 Mitarbeiter beschäftigt und nun dringend neue Maschinen benötigt – und damit die Hilfe der Löwen.

Super aufgeregt seien sie, sagen die beiden. Stefans Wangen sind gerötet, er spricht hastig, haucht manche Worte fast. Harte Zeiten hätte er mit der Firma durchgemacht, erzählt er. Er habe Tage- und halbe-Nächte durchgearbeitet, aber jetzt wachse das Unternehmen, er komme mit den Aufträgen nicht mehr hinterher. 300.000 Euro hätte er gerne von den Investoren, dafür bietet er zehn Prozent der Firmenanteile.

Thelen grillt den Gründer

Und die Löwen? Die schnuppern zwar an Apfelkuchen- und Glühwein-Mischungen, probieren Brot mit Butter und Quark und Gewürzen und sagen neben „Mhhmmm“ und „Ohhsss“ Sätze wie „Es riecht unglaublich frisch“ und „Sie sind ein tolles Paar“. Aber dann springen Jochen Schweizer, Carsten Maschmeyer, Ralf Dümmel und Judith Williams mit einem Totschlag-Argument ab: Sie könnten nichts zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Und es kommt zu einem ersten richtig unangenehmen Moment der Sendung – einem Moment, bei dem man nicht weiß, ob man fasziniert auf den Bildschirm starren oder sich peinlich berührt im Sofa wegdrücken will: Frank Thelen grillt den Gründer.

Der Löwe will zwar das Kapital geben, aber dafür auch 20 Prozent der Anteile haben. Er sitzt den Lemckes mit starrem Blick gegenüber, was klar machen soll, dass er nicht, aber auch gar nicht, gesprächsbereit ist – und die Gründer überlegen sich hastig, ob sie sich auf sein Angebot einlassen können. Das überschreite eine Grenze, die wir uns selbst gesetzt haben, merkt Stefan Lemcke an.

Thelen kräuselt die Stirn.

Lemcke versucht es weiter: „Wir bieten dir, weil wir echt Bock auf dich haben, 15 Prozent an.“

Thelen merkt an, dass seine Zeit kostbar sei.

„Frank es ist alles super, es ist alles gut, aber wir müssen überlegen“, stottert der Gründer. Er habe sich geschworen, da nicht drüber zu gehen, murmelt er.

Thelens Antwort: „Manchmal muss man über seinen eigenen Schatten springen.“

Und dann entscheidet Anne Lemcke, die Frau, die offensichtlich leid erfahren ist, was finanzielle Probleme anbelangt, und erlöst sich, ihren Partner und die Zuschauer aus der Situation. Ja, raunt sie ihrem Mann ins Ohr. 20 Prozent für 300.000 Euro. Die beiden nehmen das Angebot an. Thelen umarmt seinen neuen Geschäftspartner und verspricht ihm: „Ich krieg das hin. Alles cool.“ Puh, na dann!

Ein Millionenmarkt mit Topfpflanzen?

Danach folgen Philip Ehlers und Jan Nieling mit ihrem Blumenstartup Evrgreen – sie verkaufen Topfpflanzen, denen sie vorher mehr oder weniger lustige Namen gegeben haben und verschicken sie mit Pflegeanleitung. Ihre Zielgruppe: Menschen, die normalerweise Pflanzen vertrocknen lassen oder sie übergießen. Obwohl die Gründer jedem der Löwen eine Pflanze schenken, sind die nicht überzeugt. „Ihre Kosten im Bereich Logistik und Retourenmanagement müssen hoch sein und da fällt es mir schwer zu glauben, dass man bei 500.000 Umsatz schon einen Break Even schaffen kann“, sagt Schweizer. Williams erkennt die Stärken des Startups nicht. „Ihr habt nichts, was ich einen unfairen Vorteil nennen würde“, sagt Thelen. Also keine besondere Software, keinen Teeniestar unter Vertrag – nichts, was einen von der Konkurrenz abhebt.

Dümmel wünscht Glück und ist raus. Und Maschmeyer, der insgesamt recht mild rüberkommt und sich beispielsweise als Gartenfan outet, würde den Gründern gern ein Angebot machen, sagt er – macht es aber nicht. Seine Begründung: „Bei ihnen hab ich fast das Gefühl, dass sie das gegründet haben des Gründens willens.“ Die beiden gehen leer aus.

Überzeugen im Dirndl

Christian Peitzner-Llorett hat da mehr Erfolg. Der Jurist will 120.000 Euro für zwölf Prozent seiner Unternehmensanteile. Er hat den Bügel-Clou entwickelt – einen Edelstahlbogen, den man in einen Hemdsärmel spannt, um ihn dann leichter bügeln zu können. Er führt das vor und Maschmeyer will auch mal testen, obwohl er kein Bügelprofi sei, aber Hemdentragprofi, sagt er. Auch Williams packt mit an. Und während sich die drei über Bügelfalten unterhalten und Thelen wohl an seine kostbare Zeit denkt, überzeugt der Gründer den Handelsexperten Dümmel, der, wie er sagt, gerne in Problemlösungen investiere und zwar dort, wo er wisse, was mit seinem Kapital passiere. Jeden Haushalt wolle er mit dem Bügel-Clou ausstatten. Er fordert 25 Prozent der Anteile. Der Gründer nimmt sofort an und freut sich: „Das werde ich heute Abend erstmal begießen.“

Auch Sibilla Kawala, die Gründerin des Trachtenunternehmens Limberry, kommt bei den Löwen gut an. Im Dirndl erzählt sie von steigenden Kundenzahlen, Umsatz und Rendite, alles positiv. Sie macht das so flüssig, mit deutlicher Aussprache, Gestik und Mimik, dass Maschmeyer sie fragt, ob sie denn früher als Schauspielerin gearbeitet habe. Hat sie nicht, sondern „geübt, geübt, geübt, geübt“, wie sie zugibt. Vermutlich hat sie auch früher in Referaten immer eine Eins bekommen. „Sie sind so gut, dass ich die ganze Zeit überlege, wo ist da der Haken“, sagt Schweitzer. 150.000 Euro will Kawala für zehn Prozent der Anteile. Die Investoren Maschmeyer und Williams setzen noch einen drauf: Sie bieten 250.000 für 20 Prozent der Anteile. Deal.

Das sind die 26 geplatzten DHDL-Deals der ersten beiden Staffeln

Von Beißschienen zu Pinguinen

Dann folgt der Zahnarzt Steffen Tschackert mit seinem Kollegen Marc Schulze, die mit Dental Power Splint eine Kiefer-Schiene für Sportler verkaufen. Für eine 25-prozentige Beteiligung am Unternehmen möchten sie 500.000 Euro. Das Prinzip der Schiene: Wenn man darauf beißt, entlastet das den Kiefer und die Muskulatur entspannt sich. Das soll einen beweglicher machen. Um das zu demonstrieren, sollen sich die Löwen mit einem Bleistift im Mund um die eigene Achsen drehen. Der Bleistift simuliert dabei die Schiene. Williams, Dümmel und Thelen versuchen es. Sie stellen sich mit ausgebreiteten Armen in die Mitte des Raums, drehen sich um die Achse – mal mit Bleistift zwischen den Zähnen und mal ohne. Aber nur Williams und Dümmels merken, dass der Stift hilft. Thelen zweifelt daran, dass man als Zahnarzt so etwas über den Kiefer sagen könne – das sei doch eher etwas für den Kieferorthopäden, findet er und merkt an, dass seine Frau Kieferorthopädin sei. Und auch die anderen sind nicht überzeugt. Der Gründer geht ohne Deal nach Hause.

Danach betritt Gründer Tobias Riedle die Arena, er zeigt sich anfangs siegessicher: „Wenn es dann ein Investment am Ende gibt, wird gefeiert.“ Mit Find Penguins hat er eine Plattform entwickelt, auf der Urlauber Fotos hochladen, einen Reiseblog erstellen und sich austauschen können. Die Idee kam ihm dafür auf einer Weltreise mit seiner Freundin, ein Jahr waren die beiden unterwegs. 200.000 Euro will er für 15 Prozent der Anteile an seinem Startup.

Aber die Löwen sind nicht überzeugt. Gar nicht.

„Sie müssen doch sicherlich Mitbewerber haben“, vermutet Williams. Riedle verneint.

„Das ist ja jetzt meine Welt“, unterbricht Thelen. Es gebe ganz viele dieser Social Networks, die einen solchen Service könnten. Riedle verteidigt sich.

Thelen: „Das ist Blödsinn. Das kann Jimdo, das kann Tumblr.“

Riedle verteidigt sich weiter.

Thelen: „Du kannst dich nicht hier herstellen und sagen, das können die anderen nicht.“

Der Gründer bleibt dabei.

Jetzt mischt sich Maschmeyer ein: Vielleicht sei es ja ein Indiz, dass der Markt nicht so groß sei, wenn keiner der großen Player darauf aufspringe?

Riedle packt weitere Zahlen aus: Zwar sei Find Penguins kostenfrei und sie hätten noch keinen Euro Umsatz damit gemacht, aber sie hätten immerhin 9.000 Nutzer.

Er erzählt auch, dass er mit seinem Fotobuch Umsatz machen will. „Mir ist bewusst, dass das kein Riesenbusiness-Case ist, aber es ist auf jeden Fall ein super Produkt.“

Kann er die Löwen damit umstimmen? Es sieht nicht so aus.

Williams würde dem Gründer noch nicht mal 20.000 Euro für die Anteile geben, sagt sie. Thelen merkt an: „9.000 User zu haben ist nichts, das ist quasi nicht existent.“ Und er betont: Der Gründer habe nichts geschaffen. „Auf mich wirken sie verpeilt, aber sympathisch“, sagt Schweizer. Und dann, auch wenn man es schon nicht mehr gedacht hätte, erlöst er den jungen Mann. Er erzählt ihm ein Gleichnis mit einem Frosch, der kämpft anstatt aufzugeben, bietet ihm das gewünschte Kapital an – und will dafür die Hälfte des Unternehmens, fünfzig Prozent. Und: Der Gründer solle eng mit ihm zusammenarbeiten, in Schweizers Büroräumen. „Den nehm ich bei der Hand, sonst wird des nichts, deswegen die fünfzig“, sagt der Löwe zu seinen ungläubig blickenden Kollegen. Der Gründer wirkt erleichtert und schlägt zu: „Ich habe Angst, aber ich finde es geil!“

Die Deals im Überblick:

  • Anne und Stefan Lemcke wollen für ihre Gewürzmanufaktur Ankerkraut 300.000 Euro, dafür würden sie gern zehn Prozent ihrer Anteile abgeben. Frank Thelen steigt darauf ein und fordert 20 Prozent der Anteile. Die Gründer entscheiden sich für das Angebot.
  • Evrgreen heißt der Pflanzen-Shop der Gründer Philip Ehlers und Jan Nieling. Sie fordern 500.000 Euro für 20 Prozent der Firmenanteile. Das macht kein Löwe mit.
  • Christian Peitzner-Lloret möchte mit seiner Haushaltshilfe Bügel-Clou die Löwen überzeugen. Er erhofft sich 120.000 Euro für zwölf Prozent der Firmenanteile. Ralf Dümmel schlägt zu, fordert für das Geld allerdings 25 Prozent der Anteile.
  • Für ihren Trachtenshop Limberry braucht Gründerin Sibilla Kawala dringend frisches Kapital. 150.000 Euro fordert sie für zehn Prozent der Anteile. Carsten Maschmeyer und Judith Williams legen da sogar noch etwas drauf. Zusammen bieten sie 250.000 Euro für 20 Prozent der Firmenanteile – und Kawala ist einverstanden.
  • Steffen Tschackert und Marc Schulze präsentieren den Löwen ihre Zahnschiene Dental Power Splint. Sie benötigen 500.000 Euro und würden dafür 25 Prozent ihres Unternehmens hergeben. Keiner der Löwen hat Interesse.
  • Der Weltenbummler Tobias Riedle hätte gerne für sein Reiseportal Find Penguins 200.000 Euro. 15 Prozent der Firmenanteile würde er dafür hergeben. Jochen Schweizer schlägt zu, fordert allerdings 50 Prozent der Anteile. Die beiden werden sich einig.
Bild: Vox