Es war ein Exit, der deutsche Tech-Geschichte schrieb. Der Verlag Holtzbrinck kaufte 2007 die VZ-Netzwerke für einen mehr als stattlichen Betrag von den Gründern Ehssan Dariani und Dennis Bemmann sowie den Investoren. 85 Millionen Euro sollen für StudiVZ, MeinVZ und SchülerVZ geflossen sein.

Doch bald ging es bergab, da die Netzwerke unaufhaltsam Nutzer verloren. Holtzbrinck versuchte eine Rettung, entließ Mitarbeiter und fasste die Portale im Juli 2012 in einem Tochterunternehmen namens Poolworks zusammen. Schließlich entschloss sich der Verlag später in dem Jahr dazu, die strauchelnde Tochter wieder abzustoßen. Der Käufer war die US-amerikanische Investmentfirma Vert Capital.

Jetzt, beinahe vier Jahre nach dem Verkauf, fordert Holtzbrinck drei Millionen Euro von Poolworks. Der Verlag hat geklagt, die beiden Seiten trafen sich vergangenen Freitag vor dem Berliner Landgericht.

Ursprünglich soll Poolworks die strittige Millionensumme der Telefongesellschaft Telefonica geschuldet haben. Holtzbrinck will dann im Jahr 2012 die Forderungen von Telefonica gekauft haben. Seitdem soll also Poolworks seiner früheren Mutterfirma diese Summe schulden – vorausgesetzt, der sogenannte Abtretungsvertrag kam rechtmäßig zustande.

Bei einem Abtretungsvertrag kauft ein Gläubiger einem anderen Gläubiger Forderungen ab. Der Schuldner bleibt der gleiche und muss seine Schulden dem neuen Gläubiger zurückzahlen.

Warum Holtzbrinck die Forderungen von Telefonica gekauft haben soll, will der Verlag auf Nachfrage von Gründerszene nicht kommentieren. Da es sich um fällige Gebühren aus dem Zeitraum Mai bis Dezember 2012 handelt, ist denkbar, dass Holtzbrinck sich erhoffte, die VZ-Netzwerke für einen Verkauf attraktiver zu machen. Eine Firma ist als Kaufobjekt interessanter, wenn sie lediglich Schulden bei ihren Gesellschaftern hat – und nicht bei einer Telefongesellschaft. Der Gesellschafter könnte solche Schulden stunden, um die Tochterfirma zu entlasten.

Die von Poolworks beauftragten Anwälte vertreten den Standpunkt, die Forderungen über drei Millionen Euro seien nicht korrekt von Telefonica an Holtzbrinck abgetreten worden. Sie sagten außerdem vor dem Richter, man erwäge eine Widerklage. Weiter gaben sie an, einige der Schulden seien bereits beglichen worden. Aufgrund der von Holtzbrinck vorgelegten Unterlagen folgert der vorsitzende Richter Michael Schwarz allerdings: „Es sieht nicht gut aus für die Beklagte [Poolworks]“. Und: „Es entsteht der Eindruck, die Beklagte ist nicht richtig zahlungsfähig – sonst laufen solche Beträge gar nicht erst auf“.

Gefährdet die Klage die Existenz von Poolworks?

Für eine schlechte finanzielle Lage der StudiVZ-Firma spricht zumindest der letzte öffentliche Jahresabschluss. Er stammt aus dem Jahr 2013. Darin schreibt Poolworks Germany: „Die aktuellen Verbindlichkeiten der Firma übersteigen das aktuelle Vermögen um 22.823.074 Euro.“ Die Abschlüsse für das Jahr 2014 hätten bereits bis September 2015 eingereicht werden müssen, doch bis heute sind sie nicht zu finden. Auf Nachfrage von Gründerszene hieß es diesen Januar, der Abschluss sei gerade in Arbeit. Die Leiterin der VZ-Netzwerke, Agneta Binninger, schrieb in einer Mail: „Wenn man eine große Firma umstrukturiert, kostet das Zeit und Geld. Zumal wir nach deutschen, englischen und amerikanischen Prinzipien bilanzieren müssen.“

Binninger gab gegenüber Gründerszene an, noch 15 Mitarbeiter für die VZ-Netzwerke zu beschäftigen. Damals zeigte sie sich betont zuversichtlich: Unter ihrer Leitung hätten die VZ-Netzwerke das erste Mal schwarze Zahlen erzielt, außerdem plane man eine neue Plattform.

Auf erneute Anfrage zum Prozess und den angeblichen Liquiditätsproblemen meldete sich Poolworks bisher nicht bei Gründerszene. Aus dem Holtzbrinck-Umfeld heißt es, um nicht in die Verjährung zu kommen, habe man nun klagen müssen. Man glaube aber nicht, dass noch viel zu holen sei.

Die Verhandlung wird in den kommenden Wochen weitergeführt. Das Anwaltsteam von Poolworks merkte an, dass bei der nächsten Sitzung auch die Gesellschafter von Poolworks kommen würden. Richter Schwarz sagte: „Das kann ich mir denken. Das könnte ja die Existenz betreffen.“

Weitere Informationen können an christina[at]gruenderszene.de geschickt werden. 

Bild: Gettyimages/Danita Delimont; Mitarbeit: Kim Richters