Indecorate-Gründer Juliane Röthig

Ihr BWL-Studium an den Universitäten in St. Gallen und Rotterdam zog Juliane Röthig noch ganz brav durch. Dabei galt ihre Leidenschaft nicht Excel-Tabellen, Diagrammen oder Gleichungen – die gebürtige Dresdnerin interessierte sich viel mehr für Architektur, Möbel und Einrichtung. Nach ihrem Masterabschluss im Jahr 2012 ging Röthig zuerst als Business Development Manager zum Rocket-Venture Westwing, anschließend wurde sie COO bei dem Wein-Startup Sommelier Privé. Parallel träumte sie von einem eigenen Unternehmen.

Im August 2014, wenige Monate nach Röthigs Start bei Sommelier Privé, musste das Unternehmen sein Aus verkünden. Für die 26-Jährige war der Zeitpunkt gekommen, um ein neues Projekt zu starten – im Bereich Innendesign. Herausgekommen ist Indecorate, ein Netzwerk für Einrichtungsberater, die Röthig an Kunden weitervermittelt. Zusätzlich gibt es ein Partnernetzwerk mit Möbel- und Dekohändlern wie Connox, Urbanara oder Juniqe, bei dem Kunden mit Rabatt einkaufen können.

Im Februar ging die Seite von Indecorate live – selbst programmiert von Röthig, um Geld zu sparen. Eine Test-Beratungsstunde ihres Services kostet 40 Euro, daneben bietet Indecorate zwei Leistungspakete an: Ein „One Room Makeover“ ab vier Stunden für 250 Euro oder ein „Full Project Makeover“ ab zehn Stunden für 600 Euro.

Bisher ist die Gründerin mit ihrem Wachstum zufrieden: Mehr als 200 Stunden Beratung hat sie in den Monaten seit dem Start vermittelt und so im ersten Geschäftsjahr einen Umsatz im fünfstelligen Bereich erzielt.

Wir haben Juliane Röthig zum Interview getroffen, um mehr über ihr Modell zu erfahren.

Juliane, teure Uhren oder Autos sind als Statussymbol bei der Generation Y unbeliebt, heißt es. Die eigene Wohnung mit den passenden Möbeln scheint dafür immer wichtiger zu werden. Startups, die sich im Bereich Möbel und Einrichtung positioniert haben, sind sehr erfolgreich. Woher kommt diese Entwicklung?

Ich habe dafür zwei Erklärungen. Zum einen haben wir viel einfacher Zugang zu visuellen Inspirationen durch beispielsweise Instagram oder Pinterest und Mainstream-Anbieter wie IKEA. Zum anderen ist unsere Gesellschaft immer schneller geworden, das Leben hektischer. Da sehnt man sich umso mehr nach einem gemütlichen Rückzugsort, an dem es genauso schön ist, wie wir es uns wünschen.

Wie genau bist Du auf die Idee für Indecorate gekommen? Schließlich hast Du BWL und nicht Innenarchitektur studiert.

Architektur und Einrichtung sind mein Hobby und ich wollte schon immer in dem Bereich tätig sein. Parallel zu meinen Jobs bei Westwing und Sommelier Privé habe ich erste Erfahrungen als Interior-Designerin auf Bauprojekten in Südafrika gesammelt. Als Sommelier Privé dann schließen musste, habe ich entschlossen, mein eigenes Einrichtungsstartup zu machen.

Gibt es ein Vorbild für Indecorate?

Das Konzept von Homepolish aus den USA hat mich begeistert. Das funktioniert so, dass die Beratung persönlich und nicht nur online mit einem Fragebogen durchgeführt wird. Das habe ich auch für Indecorate übernommen. Mir ist es wichtig, dass unsere Innendesigner die Kunden persönlich kennenlernen und die Räume vor Ort sehen, so können wir die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden am besten verstehen.

Einen Einrichtungsberater zu beschäftigten, klingt erst mal nach Luxus. Wer sind Deine Kunden?

Ich möchte den Service gerne für mehr Menschen erschwinglich machen, weshalb unsere erste Beratungsstunde zum Ausprobieren und Kennenlernen sehr günstig ist. Die meisten unserer Kunden sind 30 Jahre alt oder älter. Erstaunlicherweise sind fast die Hälfte der Kunden Männer. Unseren Kunden ist eine schöne Wohnung wichtig, aber sie haben keine Zeit, um sich um ihre Einrichtung zu kümmern – oder sie trauen es sich nicht zu. Aber natürlich haben die meisten ein etwas höheres Einkommen oder ein Budget angespart, dass sie in die Einrichtung investieren möchten.

Angenommen ich habe 1.000 Euro gespart und will davon ein Zimmer neu einrichten. Reicht das? Schließlich muss ich für den Service für ein Zimmer ja schon 250 Euro zahlen.

Ja, das ist natürlich möglich. Unsere Berater werden Dir dann Möbel in Deinem Budgetrahmen vorschlagen und zum Beispiel empfehlen, vorhandene Möbel neu zu lackieren, Ikea-Möbel mit einigen Tricks aufzuwerten oder Dir bei der Suche nach günstigen Vintage-Schnäppchen helfen.

Ein von Indecorate eingerichtetes Zimmer

Dein Netzwerk besteht mittlerweile aus 17 Innendesignern in fünf Städten. Wie hast Du die gefunden?

Ich bin sehr stolz auf das Team, alle Designer sind sehr gut in dem was sie tun und haben ein tolles Stilempfinden. Einige habe ich über persönliche Kontakte kennengelernt, andere habe ich über Plattformen wie Houzz oder Homify und verschiedene Jobportale gefunden. Ganz wichtig ist mir der persönliche Kontakt, ausgewählt wird erst nach umfassendem Interview und Screening.

Wie genau verdienst Du mit Indecorate Geld?

Ich habe verschiedene Einnahmequellen. Ich bekomme einen Anteil des Honorars für die Vermittlung. Außerdem verdiene ich über Affiliate-Vereinbarungen, zum Beispiel, wenn Kunden etwas über unser Partnernetzwerk kaufen. Unser Partnernetzwerk sind bekannte Anbieter, bei denen unsere Kunden Rabatte bekommen, wenn sie dort Möbel oder auch Blumen kaufen.

Und wie verhinderst Du, dass die Berater sich mit den Kunden absprechen und Dich als Vermittlerin umgehen?

Die Kunden und Berater bekommen nur Rabatte von unseren Partnern, wenn sie nach der Erstberatung in dem Netzwerk bleiben – das ist der Mehrwert für sie. Außerdem nehme ich den Beratern viele administrative Aufgaben ab. Schlussendlich ist es aber auch eine Vertrauenssache, weil ich in einem sehr engen Kontakt mit den Interior-Designern stehe.

Bisher hast Du kein festes Team und keine Investoren für Indecorate. Willst Du das ändern?

Mir ist die Freiheit extrem wichtig, deswegen arbeite ich gerne alleine. Mir ist klar, dass ich ein Team brauche, wenn ich Investoren von meinem Konzept überzeugen will. Es haben mich schon ein paar Investoren angeschrieben, aber bisher habe ich das nicht weiter verfolgt. Es läuft gerade auch so sehr gut und ich freue mich, dass wir vielleicht langsamer, aber stetig und mit gleichbleibender Qualität wachsen.

Danke für das Gespräch, Juliane.

Juliane Röthig sagt, dass auch schon kleine Details – wie beispielsweise bunte Kissen – die Einrichtung aufwerten.

Bilder: Indecorate