insm studie gründer

Die „Formel“, mit der die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) ihre Mitteilung überschreibt, lässt eigentlich keinen Zweifel zu: „Mehr Bürokratie = weniger Unternehmensgründungen“, heißt es da. Vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat die Initiative untersuchen lassen, wie gründerfreundlich Deutschland im Jahr 2015 sei.

Das Ergebnis: Die Zahl der Unternehmensgründungen sei im vergangenen Jahrzehnt „regelrecht eingebrochen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.“ Und: „Eine klare Mitschuld für die auch im internationalen Vergleich geringe Zahl an Firmengründungen hierzulande trägt die Politik beziehungsweise die erneut wachsende Zahl bürokratischer und administrativer Belastungen.“

Klingt verheerend. Aber wie schlimm ist die Lage wirklich?

Der Gründerschwund

Die Zahl der Unternehmensgründungen ist laut IW auf einem geradezu historischen Tiefstand angelangt: 2014 gab es nur noch 310.000 Existenzgründungen – 40 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Der Trend scheint sich mit anderen Erhebungen zu decken: So fiel die Zahl der Beratungsgespräche für Existenzgründer bei den Industrie- und Handelskammern von fast 410.000 im Jahr 2004 auf knapp 230.000 im vergangenen Jahr. Und die Gründerquote, also der Anteil der Gründer an der erwerbsfähigen Bevölkerung, von 2,84 Prozent im Jahr 2003 auf 1,5 Prozent im Jahr 2012. Sie wird im Gründungsmonitor der KfW gemessen.

Allerdings: Seither steigt die Quote wieder – auf 1,8 Prozent im Jahr 2014. Besonders ermutigend: Der Anstieg ist vor allem im letzten Jahr einem kräftigen Wachstum bei den Vollerwerbsgründern zu verdanken.

Es lohnt sich, die Motive der Gründer aufzuschlüsseln. Traditionell werden Gründer entweder durch (drohende) Arbeitslosigkeit oder einen wirtschaftlichen Aufschwung motiviert. Leute, die mangels besserer Erwerbsalternative und ohne explizite Geschäftsidee gründen, werden Notgründer genannt – wer sich hingegen freiwillig und mit einer konkreten Idee an die Gründung macht, ist ein Chancengründer. Von der Finanzkrise 2008 bis zum Jahr 2011 hielten sich der Anteil von Not- und Chancengründer ungefähr die Waage. Seither dominiert das Chancenmotiv deutlich.

Das ist eine gute Nachricht: Denn die Chancengründer bringen „im Durchschnitt häufiger Marktneuheiten mit an den Start, beschäftigen häufiger Mitarbeiter und schaffen es, länger am Markt zu bestehen als Notgründer“, so die KfW.

Der Kapitalengpass

Als zentrales Hindernis macht die IW-Studie die Verfügbarkeit von Kapital aus. Deutschland liegt beim Thema Venture Capital weiter weit hinter den USA oder Israel, wo 2013 VC-Gelder in Höhe von 1,75 Promille (USA) oder 3,07 Promille (Israel) des Bruttoinlandsprodukt investiert wurden. Hierzulande lag der Wert im gleichen Zeitraum bei 0,26 Promille.

Die chronische Unterfinanzierung des deutschen Startup-Ökosystems ist bekannt. Aber auch hier gibt es Zeichen der Besserung: So haben sich laut dem European Tech Report VC-Investments in deutsche Startups von 2013 auf 2014 mehr als verdoppelt – auf beinahe 1,3 Milliarden US-Dollar. Allerdings: Damit liegt Deutschland selbst noch immer hinter Großbritannien, wo 1,6 Milliarden investiert wurden.

Die Bürokratiehürde

Die INSM kritisiert, dass Gründer in Deutschland „weiterhin deutlich größere administrative Hindernisse überwinden“ müssten als Gründer in anderen westlichen Staaten. Zitiert wird zum Beispiel eine Studie der Weltbank zur Frage, wie schnell ein Unternehmen gegründet werden kann. In Deutschland werden dafür durchschnittlich 15 Tage gebraucht, wobei 9 behördliche Anmeldungs- und Genehmigungsprozeduren zu durchlaufen sind. In den USA sind es nur fünf Tage und sechs Prozeduren, in Kanada reicht schon eine Onlineanmeldung.

Allerdings: Im Vergleich vor allem zu anderen europäischen Ländern steht Deutschland im Bezug auf die wahrgenommenen administrativen Gründungshemmnisse nicht schlecht dar. Mit Platz 13 liegt die Bundesrepublik in einem Ranking des Eurobarometers zwar hinter den USA und Großbritannien, aber vor Frankreich, Schweden oder Norwegen. Das Ranking aus dem Jahr 2012 wird in der IW-Studie abgebildet. Interessant ist eine weitere Zahl aus dem gleichen „Blitz-Eurobarometer“ zum Thema Entrepreneurship, bei dem junge Europäer zwischen 16 und 30 Jahren befragt wurden: In Deutschland hielten nur zwölf Prozent Befragten eine Unternehmensgründung für zu kompliziert – der EU-Durchschnitt lag bei 22 Prozent.

Das Fazit

Es bleiben auch in Deutschland eine Menge Baustellen – Rahmenbedingungen für Risikokapital, das Image von Gründern, wichtige netzpolitische Weichenstellungen oder die Verfügbarkeit von Entwicklern gehören zum Beispiel dazu. Aber so düster, wie die INSM Gründer-Deutschland gerade malt, ist die Lage nicht.

Bild: (c) Bildagentur PantherMedia – A28377599