Blogfoster
Blogfoster Blogfoster-Gründer Simon Staib (links) und Jan Homann

„Trotz Instagram oder Twitter werden noch immer viele lange Texte geschrieben“

Das Blogfoster-Büro in Berlin Friedrichshain ist ein Startup-Quartier, wie es im Buche steht. Hinein gelangt man über eine stählerne Außentreppe aus Gitterrost, drinnen warten hohe Decken, Holzboden und das gesamte Team in einem Raum. In diesem Büro ist es eng geworden. Im April passte die Belegschaft noch an wenige Tische, heute ist das Team zehnköpfig.

Rund 600.000 aktive Blogs gibt es in Deutschland, sagen Schätzungen. Das Ziel von Blogfoster: den Machern dieser Seiten dabei zu helfen, ihre Produkte zu versilbern. Mithilfe einer webbasierten Lösung sollen Blogger ohne Programmierkenntnisse Werbung in ihren Blog einbinden können. Statistiken sollen veranschaulichen, wie gut eine Kampagne läuft. Vom Werbekunden wird der Blogger nicht nur für jeden Klick vergütet, der den Leser auf die Seite des Werbers führt. Geld gibt es zum Beispiel auch, wenn Leser im Blog empfohlene Produkte über Affiliate-Links anklicken und kaufen. All das ist keine Wissenschaft, aber gut verpackt und für Laien verständlich.

Im Oktober 2013 schaffte es Blogfoster in den Axel Springer „Plug and Play“-Accelerator, der sich über seinen Follow-up-Fonds jüngst auch an einer Seed-Finanzierung beteiligte: Ende August floss ein sechsstelliger Betrag in das Startup. Die IBB Beteiligungsgesellschaft und ein privater Business Angel investierten ebenfalls.

Wie Blogfoster den Autoren das Agenturen-Pingpong ersparen will, darüber sprechen Gründer Jan Homann und Simon Staib im Interview.

Jan und Simon, vor welchem Problem stehen Blogger, die ihre Seite monetarisieren wollen? Tools wie AdSense oder Blogads bringen doch schon Werbung auf Blogs.

Jan: Es gibt zwei Hauptschwierigkeiten: Einerseits die technische Implementierung. Andererseits muss man, wenn man sich als Blogger ordentlich vermarkten will, mit etlichen verschiedenen Anbietern sprechen. Man braucht eine Werbeagentur und vielleicht eine PR-Agentur für Content- und Brand-Werbung, für Produktkampagnen kann man auch mit Direktkunden zusammenarbeiten oder mit Affiliate-Anbietern, wie Zanox, für Affiliate-Werbemittel. Das muss man alles unter einen Hut bringen: mit allen Partnern jeweils ein technischen Setup machen, die Kampagnen verhandeln und am Ende alles abrechnen und reporten.

Das ist für alle Beteiligten ein extrem hoher Aufwand. Dabei sind die Werbetreibenden überhaupt nicht darauf ausgelegt, mit 2.000 kleinen Bloggern zu sprechen. Die meisten Blogger wiederum kommen nicht so einfach an Partner wie beispielsweise Puma heran. Wenn wir bei Blogfoster aber 200 dieser Blogger aggregieren und bündeln, die Qualität sicherstellen und sie Puma anbieten, dann ist beiden Seiten geholfen.

Simon: Es gibt viele Lösungen wie AdSense, die automatisiert Anzeigen in deinen Blog spielen. Aber das ist gerade das, was Blogger nicht wollen. Die allermeisten Blogger nehmen sich täglich drei bis vier Stunden Zeit ihre Blogartikel zu erstellen und schauen genau, das alles sitzt. Sie wollen also keine Banner, über die sie keine Kontrolle haben. Da sind wir herkömmlichen Anzeigentools voraus.

Wie garantiert ihr dem Blogger die versprochene Hoheit über seine Werbeeinblendungen?

Simon: Im Prinzip ist unser Blogfoster-Store ein Onlineshop für Werbemittel. Wenn ein Blogger sich anmeldet, schauen wir uns den Blog an und entscheiden anhand von Kriterien, welche Kampagnen passen. Das machen wir bislang noch zu 80 Prozent händisch, langfristig soll das aber automatisiert laufen. Wenn wir etwa Werbekunden aus dem Bereich Fashion haben, dann schalten wir die Werbung nur für Fashion-Blogs frei.

Das heißt nicht, dass diese Kampagne automatisch auf einem Fashion-Blog läuft, sondern dass der Blogger sie in seinem Blogfoster-Store angeboten bekommt. Von uns erhält der Blogger eine Benachrichtigung, dass Kampagne X ab sofort für ihn verfügbar ist. Die kann er dann auf seine Seite ziehen und sehen, wie gut das Banner geklickt wird – und wie er es optimieren kann. Wir wollen die Blogger nicht mit Analysen erschlagen, geben aber Empfehlungen, welche Anzeigen sie lieber herausnehmen sollten und welche gut laufen.

Jan: Wir wollen die Abläufe für Blogger so komfortabel wie möglich machen. Beispiel Food-Blogs: An einem Tag geht es um Steaks, am anderen um Süßwaren. Dann geht man abends kurz in den Store, sucht sich zwei, drei neue Kampagnen aus, die zum Inhalt passen. Man kann das live wechseln und hat keine Wartezeiten.

Und auf Werbekunden-Seite?

Jan: Die Werbepartner nennen uns ihr Kampagnenziel und ihre Zielgruppe. Daraus leiten wir ab, welches Blogwerbeprodukt zum jeweiligen Kunden passt und ob Branding, Abverkauf- oder Content das Ziel ist. Wir legen zusammen eine bestimmte Blogqualität fest, die zu dem Abrechnungsmodell und der Marke passt. Dann filtert unsere Technologie vor, sodass nur die Blogger, die in diese Kriterien passen, die Werbung im Shop sehen können.

Fällt unter diese Kriterien eigentlich auch eine Mindestzahl an Lesern?

Simon: Nicht unbedingt. Oft sind gerade auf kleinen Blogs die Conversions spannender, weil die Beziehung zwischen Verfasser und Leser persönlicher ist als auf großen Websites. Mit Vermarktern oder Agenturen landen die werbetreibenden Unternehmen immer nur auf den großen Leuchtturm-Blogs. Wir ermöglichen unseren Werbepartnern darüber hinaus den Longtail abzudecken, der von der Qualität genauso gut, in der Abwicklung aber aufwändiger ist. So können die Werbepartner Zielgruppen erreichen, die sie bisher gar nicht auf dem Radar hatten.

Aus welchen Bereichen kommen die Blogger, die Eure Software nutzen?

Simon: Es sind viele Fashion-Blogs, aber genauso viele Travel- und noch viel mehr Tech-Blogs. Dann gibt es Bereiche, die im Kommen sind. Mom-Blogs sind in den letzten Jahren zum Beispiel stark gewachsen. Dort schreiben Mütter über ihre Schwangerschaft oder über Kindererziehung. Außerdem wären da noch Musik-, Lifestyle-Blogs und Sportblogs. Blogs gibt es in jedem Metier. Wir stolpern jeden Tag über neue.

Jan: Fashion ist immer ein sehr prominentes Thema. Jeder sagt: „Fashion ist am größten“. Das stimmt aber nicht. Andere Segmente sind einfach weniger populär.

Gibt es denn so etwas wie Trends beim Blogging?

Simon: An der Content-Form hat sich eigentlich nicht viel geändert. Trotz Microblogging-Diensten wie Instagram oder Twitter werden noch immer viele lange Texte geschrieben. Der Blog ist weiterhin der zentrale Kanal, auf dem alle Inhalte zusammen fließen.

Offiziell gestartet seid Ihr noch nicht. Bislang können sich Blogger nur testweise anmelden und auf Euren Dienst zugreifen. Im August hieß es, Ihr wolltet noch in diesem Jahr in den Markt einsteigen. Könnt Ihr diesen Zeitplan einhalten?

Jan: Auf Werbekunden-Seite sind unsere Produkte fertig, sodass wir schon jetzt alles liefern können, was wir versprechen. Als Blogger findet man momentan noch eine Beta vor. Schritt für Schritt und themenbasiert lassen wir Blogger in die Plattform. Bis Ende des Jahres sollen dann zumindest die Banner für alle Bereiche verfügbar sein.

Noch vor Blogfoster habt Ihr die Blog-Agentur Stilanzeigen gegründet. Wieso sollen Eure Banner stilvoller sein als andere?

Jan: Die Stilanzeige hat das Sonderformat 130 mal 100 Pixel – bei 70 Zeichen Text. Damit ist sie zurückhaltender als vergleichbare Formate aus dem internationalen Anzeigenstandard. Mit der Stilanzeige erreichen wir sehr viele Blogs, die ansonsten nicht bereit wären, Bannerwerbung zu schalten. Viele von ihnen wollen ihre Leser nicht mit zu viel Werbung belasten. Den Vertrieb machen Handelsvertreter für uns – über unsere Software läuft die Abwicklung komplett automatisiert. Mit Stilanzeigen beschäftigen wir uns noch maximal ein bis zwei Stunden pro Woche. Ansonsten sind wir zu hundert Prozent auf Blogfoster fokussiert.

Heißt das, Ihr wollt mit Stilanzeigen weitermachen?

Simon: Ja. Bei der Stilanzeige messen wir zwei- bis viermal höhere Klickraten als bei vergleichbaren Werbeformaten und eine deutlich höhere Conversion-Rate. Das liegt daran, dass wir bei der Stilanzeige stark auf die Gestaltung der Banner achten. Die werden vom Leser nicht als Werbung wahrgenommen, sondern vielmehr als Empfehlung des Bloggers. Auch für die Werbekunden wollen wir das Modell also beibehalten. Aber: Wer sich für die Stilanzeige entscheidet, muss alle anderen Formate heraus nehmen. Das ist nichts für Blogger, die bereit sind, größere Banner einzustellen – und für diese bieten wir nun Blogfoster an.

Jan und Simon, danke für das Gespräch.

Bild: Blogfoster; Hinweis: Axel Springer ist Gesellschafter der Business Insider Deutschland GmbH, dem Medienhaus von Gründerszene. Weitere Informationen zu Business Insider findet ihr hier: www.businessinsider.de/informationen/impressum.