Jahresrückblick Finanzierung 2013

Neue Venture-Capital-Fonds und Initiativen

Auf der Seite der Beteiligungsgesellschaften konnte man 2013 drei wesentliche Trends beobachten.

Zum Einen die weit über den nationalen Markt hinausreichende Reichweite der deutschen Investoren. Bestes Beispiel ist hierfür die aggressive Wachstumsstrategie von Rocket Internet, mit Holding-Unternehmen in Emerging-Markets wie Asien, Afrika und Südamerika. Der deutsche Company Builder hat mehrere Investments in verschiedenen E-Commerce-Märkten getätigt und wurde dabei stets von bekannten Kapitalgebern wie Kinnevik, J.P.Morgan oder Summit Partner unterstützt.

Für die Zalando-Kopien Lamoda, Zalora und Lazada gab es 2013 zusammen über 700 Millionen US-Dollar Wachstumskapital. Rockets Vorzeigekind Zalando konnte dieses Jahr gleich mehrere erfolgreiche Finanzierungsrunden für sich verbuchen. Die bedeutendste kam von dem langjährigen Partner Kinnevik, der weitere Anteile für etwa 100 Millionen US-Dollar kaufte. Damit liegt die Unternehmensbewertung von Zalando mittlerweile bei fast drei Milliarden US-Dollar und ist somit sicherlich in der nahen Zukunft auch der heißeste IPO-Kandidatder deutschen Internetwirtschaft.

Doch nicht nur an Rocket Internet lässt sich eine stärkere internationale Ausrichtung beobachten. Auch Tengelmann Ventures begibt sich 2013 mit seinen Investments in E-Commerce- und Social-Commerce-Unternehmen auf US-amerikanisches Terrain. Der zweite zu beobachtende Trend ist auch das umgekehrt zunehmende Interesse ausländischer Investoren am deutschen Markt.

Neben Partech Ventures wollen auch Iris Kapital gemeinsam mit Capnamic Ventures sowie die Venture-Capital-Abteilung von SAP verstärkt in Deutschland investieren. Der Einstieg von Sequoia Capital bei 6Wunderkinder ist hierfür das bekannteste Beispiel. Der legendäre Investor aus dem Silicon Valley, der auch schon Apple, Google und Facebook finanzierte, gab im November bekannt, 19 Millionen US-Dollar in das Berliner Startup zu stecken. Um den dritten Trend, die Zunahme an verfügbarem Kapital auf VC-Seite aufzuzeigen, seien hier zusammenfassend die abgeschlossenen Fundingrunden und Partnerschaften der VC-Szene angeführt.

Partech International eröffnet Office in Berlin und will 160 Millionen Euro investieren

Berlin hat seit Anfang 2013 mit Partech Ventures – einer der wenigen transatlantischen Venture-Capital-Gesellschaften – einen neuen bedeutenden Kapitalgeber in der Stadt. Passend dazu wurden im Laufe des Jahres auch gleich zwei neue Fondsmit insgesamt 215 Millionen US-Dollar geschlossen. Mit den ersten Investments in deutsche Seed-Unternehmen ist damit im Jahr 2014 zu rechnen.

Strategische Partnerschaft von Iris Kapital und Capnamic Ventures

Iris Capital, einer der führenden pan-europäischen VCs mit Investoren wie Orange und Publicis, und Capnamic Ventures starteten im März eine strategische Partnerschaft, um gemeinsam Early-Stage-Investments in Deutschland zu tätigen. Neben Orange und Publicis als bekannte Geldgeber steht auf der Seite von Capnamic Ventures das gesamte Beteiligungsportfolio von DuMont Ventures dahinter.

SAP Ventures mit 1,05-Milliarden-US-Dollar-Fonds

Bereits im Mai dieses Jahres hat SAP den sogenannten HANA Real Time Fund auf 405 Millionen US-Dollar aufgestockt. Ende September wurde dann außerdem ein komplett neuer Fonds für Wachstumsinvestitionen aufgelegt. Dieser „SAP Ventures Fund II“ ist 650 Millionen US-Dollar schwer. Interessant dabei ist, dass SAP für den zweiten Fonds erstmals selbst die Venture-Capital-Federführung ausüben will. Für den HANA Fonds wurden bis jetzt hauptsächlich Gelder in andere VC-Gesellschaften mit Technologie-Fokus gesteckt. Die 650 Millionen US-Dollar des Venture Fund II dagegen werden jetzt erstmals selbst betreut, um in Mid- und Later-Stage-Startups im IT-Bereich zu investieren.

Earlybird mit neuem Fonds über 200 Millionen US-Dollar für Consumer Internet und Enterprise Technologies

Das Berliner VC-Haus hat 2013 mehrere Kapitalbeschaffungsrunden abgeschlossen. Zuletzt Mitte Juliin Höhe von etwa 200 Millionen US-Dollar. Mit dem neuen Fonds wächst das verwaltete Beteiligungskapital auf 650 Millionen Euro, die Earlybird in den kommenden Jahren investieren muss. Geplant sind etwa zehn Investitionen pro Jahr, vornehmlich in deutsche Startups, die im Bereich Consumer Internet oder Enterprise Technologies tätig sind.

40 Millionen Euro Fundraising für Early-Stage-Unternehmen durch Point Nine Capital abgeschlossen

„The Angel VC“, wie Point Nine sich selbst bezeichnet, sammelte bereits Anfang dieses Jahres 40 Millionen Euro für einen neuen Fondsein. Mit dem neuen Geld möchte Point Nine „die besten und ambitioniertesten Unternehmen in Bereichen wie SaaS, E-Commerce, Marktplätzen und Mobile unterstützen. […] Startups aus Berlin spielen dabei eine wichtige Rolle, wir investieren aber in ganz Deutschland und auch in anderen Ländern“, so die Geschäftsführer Pawel Chudzinski und Christoph Janz.

Axel Springer stellt Project A Ventures 30 Millionen Euro Investitionssumme zur Verfügung

Mitte Oktober ist Axel Springer bei Project A Ventures eingestiegen. Mit Axel Springer kamen 30 Millionen Euro neues Eigenkapital, zu den bereits bei Gründung durch die Otto Group bereitgestellten 50 Millionen.

Top-Finanzierungsrunden im Jahr 2013

Neben den großen Finanzierungsrunden von Zalando und dem Einstieg von Sequoia bei 6Wunderkinder haben vor allem die folgenden Startups in Ihrer jeweiligen Unternehmensphase (Seed, Growth, Later) große Finanzierungsrunden sicherstellen können.

Zunächst konnte im Bereich Seed Capital das Unternehmen Blinkist eine hohe sechsstellige Summen für Ihre Idee einsammeln. Das Konzept, die wesentlichen Aussagen eines Sachbuches ihren Kunden innerhalb von 15 Minuten näherbringen zu können, erschien unter anderem der IBB Beteiligungsgesellschaft so gut, dass sie Blinkist in der noch sehr jungen Phase förderte.

SumUp, das deutsche Startup für mobile Payment-Lösungen, erhielt von American Express und Groupon eine zweistellige Millionenfinanzierung. Das Geld soll genutzt werden, um Marktanteile zu gewinnen und gegenüber den Konkurrenten Square und Payleven aufzuholen.

Auctionata, das Online-Auktionshaus, konnte mit einer beachtlichen 13,2-Millionen-Euro-Finanzierungsrunde auf sich aufmerksam machen. Das Geld kommt vom internationalen Fonds Kite Ventures und dem Moskauer Bright Capital.

Auch die Fußball-App iLiga konnte mit zehn Millionen Euro von Earlybird Ventures eine ähnlich große Series-A-Wachstumsfinanzierung sicherstellen.

Schließlich gab es im Later-Stage-Bereich mit der Series-C-Runde von ResearchGate und Series-D-Runde von DeliveryHero zwei bedeutende Finanzierungen. ResearchGate, die PublishingPlattform/Social Network für Akademiker, bekam Mitte des Jahres mit über 35 Millionen US-Dollar bekannte Unterstützung von Investoren wie Bill Gates, Benchmark Capital und dem Founders Fund.

Delivery Hero bekam Mitte des Jahres von einem durch Phenomen Ventures geführtes Konsortium 30 Millionen US-Dollar. Das Geld wird auch hier maßgeblich für das Unternehmenswachstum genutzt und floss sicherlich auch, nachdem Delivery Hero für 2013 einen Break-Even in Aussicht gestellt hatte.

Neben den genannten Finanzierungsrunden machten dieses Jahr auch die Heilemann-Brüder wieder auf sich aufmerksam. Nachdem sie letztes Jahr DailyDeal für über 100 Millionen an Google verkauften, entschieden sie sich zu Beginn diesen Jahres es wieder zurückzukaufen.

Zu guter Letzt gab es 2013 mit der Finanzierungsrunde von Kreditech, dem Big-Data-Scoring-Unternehmen aus Hamburg, ein Novum. Die sonst in der Szene übliche reine Eigenkapital-Finanzierung wurde bei Kreditech mit bis zu fünf Millionen Euro Fremdkapital des Investors Kreos Capital angereichert.

Bild: 176957 (Bernhard Schläppi) / PantherMedia

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Jahresrückblick Finanzierung 2013

2013 – Jahr der Corporate-Accelerator-Programme?

Im Laufe des Jahres 2013 konnte man immer wieder dem Gedanken verfallen, dass die Accelator- und Inkubator-Programme ungebrochen aus dem Boden sprießen. Neben den großen Medienhäusern haben nun auch Branchen wie Versicherung und Telekommunikation ihre eigenen Programme. Auch Microsoft ist seit November mit einem ambitionierten Accelerator in Berlin am Start. Die vier wesentlichen Entwicklungen hier nochmal nachgezeichnet.

Inkubator-Kooperation von ProSiebenSat.1 und Epic Companies

Zu Beginn des Jahres gab es mit Epic Companies schon die zweite Neuerung bei ProSiebenSat.1. Nachdem der firmeneigene Accelerator bereits gegründet war, wurde dann Anfang Februar auch der eigene Inkubator Epic Companiesins Leben gerufen. Ziele des Inkubators sollen eine substanzielle Anschubfinanzierung, Medialeistungen in Form von TV-Werbung und versierte Gründungsexpertise für Startups in Berlin/Deutschland sein. Diese vier Ziele sollen mit mindestens fünf erfolgversprechenden Startups pro Jahr realisiert werden.

Plug and Play Tech Center von Axel Springer startet

Der Accelerator-Trend wurde bereits Ende Februar fortgesetzt. Nach ProSiebenSat.1 folgte mit Axel Springer nun ein zweites Medienhaus mit eigenem Accelerator. Plug and Playrichtet sich an europäische Gründer und unterstützt bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle. Klassische Förderung für die Seed-Phase also.

Microsoft startet seinen Startup Accelerator in der Hauptstadt

Microsoft eröffnete im November an der prestigeträchtigen Adresse Unter den Linden sein neues Hauptstadtbüro. Unter dessen Dach befindet sich auch der deutsche Ableger des Microsoft Venture Accelerators. Berlin sei mittlerweile „ein Hotspot für Startups“, so Rahul Sood, Global General Manager von Microsoft Startups. Laut Sood werde Microsoft helfen, das Berliner Ökosystem weiterzuentwickeln und kündigte an: „Einmal entwickelt, wird das Berliner Programm der Top-Accelerator in Europa sein“. Auch an dieser grundoptimistischen Aussage von Seiten Microsoft sieht man, welch große Erwartungen man mittlerweile auch international in die deutsche Startup-Szene hat.

Versicherungskonzern Allianz mit eigenem „Allianz Digital Accelerator“

Zu guter Letzt gab es in diesem Jahr auch in München Zuwachs in Sachen Startup Accelerator. Der Versicherungskonzern Allianz startete am 17. Juli den Digital Accelerator, mit der Idee, „neue Geschäftsmodelle für die Allianz aufzubauen, deren Umsetzung und Implementierung innerhalb der Allianz voranzutreiben und dadurch für Allianzkunden Mehrwert zu schaffen“. Wie man sieht, einer der ersten Acceleratoren, der ganz bewusst kommuniziert, Startups und deren Ideen gezielt für das Innovationsmanagement des eigenen Unternehmens nutzen zu wollen.

Das Jahr 2013 ist damit auch und vor allem ein Jahr der Corporate-Accelerator-Programme. Neben den großen Medienhäusern stammen die neuen Programme aus Industrien wie Finanzwirtschaft und Telekommunikation, also alles Branchen, die sich in den letzten Jahren mit Innovationen schwer getan haben. Was diese Programme für die Startup-Szene und jeden Gründer persönlich zu leisten im Stande sind, wird erstmals im Laufe des nächsten Jahren zu bewerten sein.

Crowdfunding-Boom in Deutschland und erster IPO

Nachdem für den US-amerikanischen Markt ein Markt von über vier Milliarden US-Dollar pro Jahr für Crowdfunding vorhergesagt wird und dieser bereits jetzt über zwei Milliarden US-Dollar ausmacht, ist natürlich der Blick auf den deutschen Markt ebenso interessant. 2013 war in Deutschland geprägt von den Bestrebungen der seit 2012 bestehenden Crowdfundingplattformen, ihre Bekanntheit zu erhöhen.

Von der bisherigen Beteiligungsform der stillen Gesellschaft wechselte man bei Seedmatch zu einem partiarischen Nachrangdarlehen, um so zum einen eine einfachere Anschlussfinanzierung zu ermöglichen und zudem die Exit-Beteiligung für Investoren zu verbessern. Damit wurden Finanzierungssummen von mehr als einer Million Euro möglich.

Neben dieser Neuerung hat auch Bergfürst für Schlagzeilen mit der ersten „gecrowdfundeten“ Emissionauf Ihrer Plattform für Schlagzeilen gesorgt. Urbanara, der Onlineshop für hochwertige Heimtextilien, konnte mit seiner Kampagne in sieben Wochen drei Millionen Euro von etwa 1.000 privaten Anlegern einsammeln. Seit dem 11. November kann man die Anteile auf der Bergfürst-Plattform handeln. Der Ausgabepreis lag nach Ende der Zeichnungsphase bei zehn Euro, und steht derzeit bei knapp elf Euro. Mit dem Urbanara-IPO konnte seit Zusammenbruch des neuen Marktes eines der ersten Jungunternehmen wieder erfolgreich „öffentliches Kapital“ einsammeln.

Ausblick auf 2014

Die Rückschau auf 2013 lässt einige Vermutungen für die Entwicklung der Startup-Szene im Jahr 2014 zu. Wie insgesamt die letzten Jahre gezeigt haben, wächst die Startup-Szene, sowohl an der Anzahl neuer Unternehmen, als auch an der Anzahl und Höhe der Finanzierungsrunden kontinuierlich. Vor allem das zunehmende Interesse an der Startup-Kultur in der deutschen Öffentlichkeit kann ein wichtiger Punkt für die weiter positive Entwicklung sein.

Auch die von McKinsey in diesem Jahr veröffentliche Studie „Berlin gründet – Fünf Initiativen für die Startup Metropole Europas“ bestätigt diesen Trend, und unterstreicht die große Rolle, die Berlin spielt. Bereits heute hat sich die Stadt zum Top-Standort für Unternehmensgründungen in Deutschland entwickelt. Laut der Studie kommen auf eine Betriebsgründung in München über 2,8 Gründungen in Berlin.

Darüber hinaus wird der Trend auch durch den verstärkten Zuzug neuer Unternehmen aus dem In- und Ausland bestätigt. Berlin zählt hier zu den Top-fünf-Prozent der Regionen Europas. McKinsey prognostiziert, dass bis 2020, bei geschickter Nutzung Berlins Potenziale, bis zu 100.000 neue Arbeitsplätze in Startups entstehen können.

Auch die Hamburger Startup-Community lässt neben Berlin positiv in die Zukunft blicken. Neben den bereits erwähnten derzeit sehr erfolgreichen Unternehmen wie Kreditech lassen auch die etablierten „Startups“ Bigpoint und Xing regelmäßig von sich hören. Für letzteres verstärkt sich das Gerücht, 2014 eventuell mit dem US-amerikanischen Pendant LinkedIn zusammenzugehen.

Verbindungen in die USA gibt es nicht nur mit Xing in Hamburg, sondern auch mit dem Reeperbahnfestival. Ähnlich dem SXSW in Amerika gab es dort dieses Jahr einen Bereich Startups. StartUps@Reeperbahn ist ein gemeinschaftliches Projekt des Reeperbahn Festivals und des Branchennetzwerks Hamburg@Work mit der Unterstützung von Xing, Ey, Microsoft Ventures und Music Works. Damit steigt – wie in der Hauptstadt – die Begeisterung und Aufmerksamkeit, was junges Unternehmertum angeht, auch in der Hansestadt kontinuierlich.

Zusammenfassend wird 2014 interessant zu beobachten sein, ob das aufgebaute Momentum weiterhin in größeren Finanzierungsrunden, mehr Venture-Capital-Beteiligung aus dem Ausland und verstärkten Initiativen aus Regierung und „Old-Economy“ münden wird. Sicher wird 2014 auch aus Recruting-Sicht für junge Unternehmen attraktiver. Der Arbeitsmarkt wird zunehmend durch gut ausgebildete junge Menschen der Generation Y geprägt. Die Präferenz für selbstbestimmtes Arbeiten in kleinen Teams, gemeinsam mit dem Wunsch lieber „etwas zu bewegen“ statt Konzernkariere mit großem Gehalt zu machen, lässt kleine junge Unternehmen zunehmend attraktiver werden.

Alles in allem sind die Grundsteine gelegt, dass 2014 genauso spannend und mindestens so erfolgreich wie 2013 für Gründer, Investoren und andere Beteiligte der Startup-Szene wird.

Bild: 176957 (Bernhard Schläppi) / PantherMedia