Screenshot Workeer

David Jacob und Philipp Kühn haben sich ein brisantes Thema ausgesucht: Für ihre Bachelor-Arbeit haben sie eine Online-Jobbörse für Flüchtlinge erstellt. „Auf die Idee gekommen sind wir, weil wir beide politisch interessiert sind“, erzählt Kühn gegenüber Gründerszene. Und dann führte eins zum anderen.

Ihre Plattform Workeer soll Jobsuchende Geflüchtete und Arbeitgeber zusammenbringen, vor einigen Tagen haben die beiden Kommunikationsdesign-Studenten eine Vorab-Version online gestellt. „Ein gelungener Einstieg von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist für die gesamte Gesellschaft ein Erfolg“, schreiben die Macher von Workeer auf der Seite. Der Name leitet sich aus den englischen Wörtern worker und refugee ab und gesprochen hört es sich an wie work here, wie Jacob auf Twitter mitteilte.

Flüchtlinge können sich auf der Seite registrieren und Informationen zu ihrem Werdegang sowie dem gewünschten Job eintragen. Die eingetragenen Infos werden zu einer Bewerbung aufbereitet und in ansprechender Weise auf der Seite präsentiert. Oft sind auch Fotos der Bewerber sowie ein kurzes persönliches Statement zu sehen.

„Es haben sich mittlerweile hunderte Bewerber aus ganz Deutschland registriert“, sagt Kühn. 46 von ihnen sind schon freigeschaltet und auf der Homepage zu finden. Die meisten von ihnen sprechen gleich mehrere Sprachen, einige geben jahrelange Berufserfahrung und Studienabschlüsse als Qualifikationen an. Mit ihrem Projekt wollen Jacob und Kühn den Fachkräftemangel in Deutschland bekämpfen und gleichzeitig Flüchtlingen den Einstieg in den hiesigen Arbeitsmarkt erleichtern.

Zurzeit haben sich 63 interessierte Arbeitgeber registriert, 64 Jobangebote sind auf der Seite aufgeführt. Die Zahlen steigen schnell. Auch Startups sind dabei: Der Kochzutaten-Lieferdienst Marley Spoon sucht für 8,50 Euro pro Stunde einen Lagerarbeiter in Berlin. Und die Online-Lernplattform Babbel bietet für 1.600 Euro pro Monat eine Position als Trainee Data Analyst.

Bisher gebe es kein Prüfverfahren für potentielle Arbeitgeber oder Jobanzeigen, erzählte Jacob gegenüber der taz. Am Anfang seien auch unbezahlte Stellenangebote eingestellt worden, doch das hätten die beiden nun unterbunden. So eine Ausbeutung wolle er nicht, zitiert der Bericht Jacob weiter.

Wie sieht es aber mit der Rechtslage aus? Dürfen Flüchtlinge überhaupt arbeiten? Kühn lässt sich nicht verunsichern: „Workeer soll eine Möglichkeit bieten, einen ersten Kontakt zwischen Flüchtling und Arbeitgeber herzustellen.“ Dann muss sich jede Firma individuell darum kümmern, ob und unter welchen Umständen der Bewerber hierzulande arbeiten darf. Das bedeutet eine Menge bürokratischer Aufwand, den Kühn auch nicht verschweigt. Bald, so hofft er, können Jacob und er zumindest ein FAQ für Arbeitgeber auf die Seite stellen, das dabei helfen soll, derartige Schritte für potentielle Arbeitgeber zu erklären.

Die meisten Inserate erwarten wenigstens ein Basiswissen der deutschen Sprache. Und auch die Seite ist erst einmal auf Deutsch. Für Geflüchtete, die wenig oder gar kein Deutsch sprechen, ist das eine Herausforderung. Die beiden Studenten wollen die Seite aber noch in andere Sprachen übersetzen, erzählt Kühn. Denn Mehrsprachigkeit sei ein wichtiger Punkt. Und Werbung für die Seite hätten sie bereits in einigen Berliner Flüchtlingsheimen gemacht.

Mittlerweile seien schon viele Hilfsangebote per Mail und Telefon bei ihnen eingegangen. Die Unterstützung reiche von Rechtsbeistand bis hin zu Social Media oder E-Mails beantworten. „Insgesamt gibt es nur wenig negatives Feedback, die Reaktionen sind eher positiv“, so der 25-Jährige. Aber: Auf Twitter gibt es einige Anfeidungen gegen die jungen Männer. Die nehmen sie aber offenbar mit Humor – denn die miesesten Tweets werden kurzerhand retweetet.

Philipp Kühn und David Jacob bei ihrer Bachelor-Präsentation am Montag

Was als Abschlussprojekt für ihr Kommunikationdesign-Studium an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin gestartet ist, hat schnell riesige Wellen geschlagen. Für beide Studenten gab es übrigens die Note: sehr gut. Wie es jetzt mit dem Projekt weitergeht, müssten sie sich noch genau überlegen, so Kühn. Denn mit dieser Aufmerksamkeit habe keiner von ihnen gerechnet. Er glaubt: „Da kommt noch eine Menge auf uns zu.“

Bild: Screenshot Workeer