Kerstin-Schilling-Kontaktlinsenlounge-Startup-Helden
Kerstin-Schilling-Kontaktlinsenlounge-Startup-Helden Seriengründerin Kerstin Schilling (Jahrgang 1960)

„Startup-Heldin“ Kerstin Schilling im Interview

18.000 Mitglieder konnte Kerstin Schilling mit ihrer Kontaktlinsenlounge im ersten Jahr bereits überzeugen. Im Oktober 2013 hatte sie den Shoppingclub gegründet und arbeitet heute gemeinsam mit fünf Kollegen an dem Konzept, Clubmitgliedern besonders günstige Linsen anzubieten, auch im angeschlossenen Ladengeschäft in Leipzig.

Zuvor legte sie bereits eine steile Online-Karriere hin: Nach ihrem Studium und einer Lehrtätigkeit im Bereich Mathematik und Physik war Schilling von 1994 bis 2001 Leiterin der Marketing-Abteilung beim E-Commerce-Software-Anbieter Intershop, bevor sie die Marketing-Agentur Bestsidestory, den Fotoservice Pixaco, welcher an HP verkauft wurde, sowie das Bargeldbonusprogramm Andasa gründete.

Im Interview erzählt sie, warum sie sich dann mit der Kontaktlinsenlounge an das Konzept Shoppingclub traute und weshalb das Multichannel-Konzept des Startups eher zufällig entstand.

Du hast Physik und Mathematik studiert. Wie bist Du dann zur E-Commerce-Gründerin geworden?

Ich gehörte in den 1990ern zum Gründungsteam von Intershop. Das war die Zeit, als der E-Commerce in Deutschland laufen lernte. Dann ging alles wahnsinnig schnell. Ich hab für die Jungs um Stefan Schambach den Börsengang in Frankfurt und an der Nasdaq marketingseitig organisiert, später in San Francisco und New York gearbeitet.

Dann platzte die Dot.com-Blase. Eine schlechte Zeit für Aktionäre. Eine gute für Visionäre. Ich fühle mich bis heute unter letzteren wohler und bin damals zur Gründerin meiner ersten, bis heute existierenden Firma geworden. Im Laufe der Jahre ist dann einiges an Beteiligungen und Neugründungen dazugekommen, manches auch wieder verkauft worden. Wenn ich mich als Unternehmerin charakterisieren sollte, vergleiche ich das immer mit der Arbeit im Garten: Wer etwas ernten will, muss auch immer wieder neu aussähen.

Das Konzept Shoppingclub hat bisher bei vielen Startups nicht funktioniert. Warum hast Du Dich trotzdem an das Thema getraut?

Weil die Idee gut ist und weil es schließlich auch ein paar Beispiele dafür gibt, dass sie funktioniert. Und weil wir mit der Kontaktlinsenbranche einen Markt für uns entdeckt haben, auf dem noch Pioniergeist gefragt ist. Ich hab die Nachahmungstäter lieber weit hinter mir als zur Seite.

Wie wird man Mitglied im Club und was haben Nutzer davon?

Wer Kontaktlinsen regelmäßig trägt, braucht unabhängig davon, ob er Tages-, Monats- oder Jahreslinsen trägt, in regelmäßigen Rhythmen Nachschub. Wir gewähren unseren Kunden auf ihr Nutzungsverhalten zugeschnittene Gutscheine, mit denen sie zu günstigen Clubpreisen einkaufen können. Das ist für uns ein Moment der Kundenbindung. Die dadurch bei den Herstellern durchzusetzenden Einkaufsvorteile geben wir an unsere Kunden weiter. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und an keine Mindestumsätze oder Laufzeiten gebunden.

Bisher habt ihr nur ein Ladengeschäft in Leipzig. Sollen bald noch mehr Geschäfte dazukommen?

Das mit dem Ladengeschäft hat sich eher zufällig ergeben. Unser Geschäftssitz liegt in bester Leipziger City-Lage. Hier ist auch das Lager und der Versand. Und da haben wir uns gesagt, wo sich die Lieferanten und Logistiker jeden Tag die Klinke in die Hand geben, können auch die Kunden vorbeikommen. Und sie tun es immer häufiger. Studenten aus der Universität um die Ecke und viele Leute, die in der Stadt arbeiten, kommen vorbei und holen sich ihre zuvor online bestellte Ware selbst ab. Das geht schnell, spart uns Versandkosten und belohnt die Selbstabholer mit einem Extrarabatt.

An weitere Ladengeschäfte denken wir wegen der enormen Investitionskosten nicht, sind aber offen für Kooperationen mit Optikern, die sich für den Onlinehandel interessieren.

Welche Tipps möchtest Du anderen Gründern aus Deiner langjährigen Erfahrung mit auf den Weg geben?

Ganz wichtig, da spreche ich auch aus eigener Negativerfahrung heraus, ist es, sich die Partner, mit denen man ins Rennen geht, ganz genau anzugucken. Die tägliche Analyse des eigenen Tuns ist sehr wichtig. Denn was heute noch genau richtig war, kann sich morgen schon wieder zum Nachteil entwickeln. Aber gleichzeitig muss man durchhalten. Und auch, wenn man sich in einem harten Wettbewerb befindet, immer offen bleiben für die anderen.

Bild: Kerstin Schilling