wired prisma in umgekehrt
wired prisma in umgekehrt Manchmal sind die Proportionen noch etwas schräg, aber die Fake-Photos der KI sehen erstaunlich echt aus

Fotos in Kunstwerke verwandeln – das kennt man schon länger vom Photoshop-Malfilter oder spätestens seit dem Hype um die App Prisma. „Wer noch kein Foto gesehen hat, das durch einen Prisma-Filter gejagt wurde, war in der vergangenen Woche nicht im Internet unterwegs“, schrieben wir vor gut zwei Wochen. Falls doch: Prisma verleiht Fotografien die Anmutung von Gemälden.

Vier Neurowissenschaftler der Radboud University in den Niederlanden haben nun eine Software entwickelt, die genau das Gegenteil tut: Das künstliche neuronale Netzwerk verwandelt Zeichnungen und Gemälde in Fotos – oder zumindest etwas, das einem Foto sehr ähnlich sieht. Convolutional Sketch Inversion nennen Yağmur Güçlütürk, Umut Güçlü, Marcel van Gerven und Rob van Lier ihr Verfahren. Es soll im Oktober auf der European Conference on Computer Vision in Amsterdam vorgestellt werden.

Mögliche Anwendungsgebiete seien die Kriminalistik und die Kunst, sagten die Forscher gegenüber TechCrunch. Die Polizei könne mithilfe der KI etwa gezeichnete Phantombilder in fotoartigere Abbildungen umwandeln, die eine Gesichsterkennungssoftware dann auswerten könne – etwa um Verdächtige in Aufnahmen von Überwachungskameras zu finden. Genauso ist es laut den Neurowissenschaftlern möglich, gemalte Selbstporträts in Fotografien umzurechnen.

Sie seien von der Arbeit einer Gruppe Doktoranden aus Tübingen inspiriert worden, sagen die Forscher. Leon Gatys, Alexander Ecker und Matthias Bethge hatten dort im vergangenen Jahr einem neuronalen Netzwerk das Malen beigebracht, mithilfe von Fotografien (mehr dazu im WIRED Interview). „Das brachte uns dazu, über das umgekehrte Problem nachzudenken“, so Güçlütürk und Güçlü zu TechCrunch: „Wie würden die Kunstwerke von Vincent van Gogh als Fotos aussehen?“

Die Niederländer fütterten ihr neuronales Netzwerk (eine Spielart der Künstlichen Intelligenz, bei der die Neuronenstrukturen des Gehirns nachgebildet werden) zunächst mit Paaren aus Porträtfotos und darauf basierenden Zeichnungen. Eigenständig versuchte die KI, daraus jeweils ein neues Foto zu berechnen, und verglich dieses mit dem Ursprungsbild. War der Unterschied zu groß, passte die Software ihre Strategie an und versuchte es von neuem. Diese ständige Wiederholung ist essenziell für die Arbeit mit neuronalen Netzen.

Nach dem Training mit Fotos und Phantombildern ließen die Forscher die KI auf Selbstporträts von drei großen niederländischen Künstlern los: Rembrandt, van Gogh und M. C. Escher. Aus jeweils zwei Abbildern der Männer (Gemälde, Zeichnungen und ein Foto) sollte das neuronale Netz Fotografien errechnen – mithilfe dessen, was es in den unzähligen Trainingsrunden zuvor gelernt hatte. Und mit eher verschwommenen Ergebnissen. Güçlütürk und Güçlü denken nun über Vermarktungsmöglichkeiten für die Technologie nach.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Wired.de.

Bilder: Radboud University