Kirondo team europe manager magazin
Kirondo team europe manager magazin Das Kirondo-Team zu Beginn – mit Gründer Julius Bertram (vorne links) und dem heutigen CEO Christopher Deckert (dritter von rechts)

„Teuflische Engel“ bei Team Europe?

Dass es zwischen Julius Bertram, dem Gründer und ersten Geschäftsführer des Kinderkleider-Marktplatzes Kirondo, und Hauptinvestor Team Europe nicht ganz harmonisch auseinanderging, war schon länger zu vermuten. In einer „Nacht- und Nebelaktion“ sei Bertram vor die Tür gesetzt worden, berichtete Deutsche Startups Anfang September – er habe „die große Strategie, die Vision des Unternehmens nicht mit Leben füllen“ können.

Bertram hatte den Kirondo-Vorgänger Njunju mit seiner Lebensgefährtin Sarah Seeliger Ende 2012 gegründet. Gemeinsam mit dem Company Builder Team Europe entwickelte ab Frühjahr 2013 ein fünfköpfiges Gründerteam daraus Kirondo, einen Re-Commerce-Anbieter für Kinderkleider. Im Spätsommer verließ Bertram das Startup, später zog sich Team Europe aus dem Investorenkreis zurück. So weit, so unbestritten.

Nun aber liefert das Manager Magazin in seiner aktuellen Ausgabe eine neue Interpretation der Vorgänge bei Kirondo und Team Europe. Der Zwist dient dabei als exemplarisches Beispiel für ein größeres Problem, das das Magazin entdeckt haben will. Die These: Läuft es bei einem Startup nicht rund, können vorher nette Investoren schnell ungemütlich und bisweilen brutal werden. Gründer sind austauschbar, wenn sie den finanziellen Interessen der Investoren im Weg stehen. „Teuflische Engel“ ist der Report betitelt, der sich um „die dunkle Seite der ach so heilen Startup-Welt“ dreht.

Viele Vorwürfe, aber nur wenige Belege

Das Magazin schreibt, der Investor habe Kirondo gleich an mehreren Stellen übers Ohr gehauen: So hätten die Kirondo-Gründer schon im ersten Vertrag mit Team Europe, der von April 2013 datiert, „mehr als die Hälfte der Anteile“ an dem Startup an den Company Builder abgeben müssen. Außerdem sei ein „dicker Batzen“ direkt an Team Europe zurückgeflossen – „für Büroräume und sonstige Infrastruktur“.

Allerdings gilt es als durchaus branchenüblich, die von einem Inkubator zur Verfügung gestellten Ressourcen dem jeweiligen Startup in Rechnung zu stellen – für die meisten Startup-Fabriken ist das sogar unverzichtbarer Teil ihres Geschäftsmodells. Aber mussten die Gründer schon zu Beginn in die Minderheit gehen? Das Handelsregister gibt dazu keine vollständig belastbaren Antworten: In der ersten Gesellschafterliste von April 2013 hält die Team Europe Trust GmbH die große Mehrheit der Anteile – gut möglich, dass das treuhänderisch für die Gründer geschah. Im zweiten Auszug von Juni 2013 gehören UGs der Hauptgründer Julius Bertram und Sarah Seeliger 30 Prozent der Anteile, die Mehrheit liegt wiederum bei Team Europe Trust.

Von Julius Bertram selbst sind dazu keine Details zu erfahren. „Leider stehe ich für Fragen nicht zur Verfügung“, mailt Bertram, der in der Zwischenzeit mit dem Kinderbücher-Aboversand Librileo schon ein neues Startup auf die Beine gestellt hat. Im Interview mit Gründerszene gab er im November allerdings preis, dass er „tatsächlich bei der Unterzeichnung der anfänglichen Verträge unvorsichtig“ gewesen sei. „Mir sind einige ‚Rookie-Fehler‘ unterlaufen. Diese sind mir dann, als es wichtig war, auf die Füße gefallen.“ Es gibt viele Vorwürfe, die in dieser Angelegenheit in den Raum gestellt werden. Aber nur wenige lassen sich wasserfest belegen.

Von der anderen Seite, von Team Europe, gibt es nicht mehr als ein dürres Statement: „Ja, es gab leider einen Konflikt in einer frühen Phase. Dieser konnte gelöst werden, und das bestehende Team arbeitet nunmehr mit vollem Einsatz an der Umsetzung von Kirondos Vision.“

Seit September 2013 leiten Christopher Deckert und Michael Rüffer das Startup, 2014 kam Hendrik Schlereth als dritter Geschäftsführer hinzu. Gegenüber Gründerszene bestätigte Deckert im Februar: „Tatsächlich gab es in den ersten Tagen von Kirondo Konflikte im Team.“

Rauswurf oder freiwilliger Abgang?

Worum aber drehte sich die Auseinandersetzung? Das Manager Magazin schreibt: Weil die Geschäftsentwicklung hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei und sich in den Bereichen Marketing sowie Logistik die Probleme häuften, „mussten Schuldige her“. Der Geschäftsführer habe als Sündenbock herhalten müssen: „Bertram musste gehen.“ Er sei „irgendwann einfach lästig geworden“.

Julius Bertram spricht in diesem Zusammenhang im Gründerszene-Interview von November von „Kommunikationsproblemen, in deren Folge ich meinen Platz als Geschäftsführer geräumt habe“.

Wer sich im Umfeld des Startups umhört, der erfährt, dass die Probleme schwerwiegend gewesen sein sollen und dass der Geschäftsführer in den wichtigsten Aufgabenbereichen nicht die Erwartungen erfüllt haben soll. Außerdem soll sich innerhalb des fünfköpfigen Gründerteams eine Gruppendynamik entwickelt haben, die weder Geschäftsführer noch Investor hätten entschärfen können.

Dass ein Investor dann die Reißleine zieht und personelle Erneuerung anordnet, scheint nicht völlig überraschend – oder gar perfide – zu sein. So handeln Geldgeber, die ihr Geld nicht verlieren wollen. Aber natürlich ist dies auch eine Frage der Interpretation.

Was allerdings nicht interpretationsoffen, weil entsprechend belegt, ist: Julius Bertram ist zum 31. August 2013 als Geschäftsführer vom Beirat seines Unternehmens abberufen worden – das kann man dem entsprechenden Dokument in der Handelsregister-Akte entnehmen, unter das die Gremiumsmitglieder – die Team-Europe-Partner Lukasz Gadowski und Kolja Hebenstreit sowie Steuerberaterin und Honorarprofessorin Liv Kirsten Jacobsen – ihre Unterschrift setzten.

Genauso steht fest: Team Europe hat sich inzwischen aus dem Investorenkreis von Kirondo verabschiedet.

Und Julius Bertram baut sein neues Startup „komplett privatfinanziert“ auf – ganz bewusst ohne Finanzierung von außen.

Bild: Kirondo