Kleiderkreisel Accel 5 Millionen

Kleiderkreisel: Fünf Millionen Euro von Accel

Flohmärkte, Secondhandläden, Ebay – wer seine alten Klamotten verkaufen oder sich günstig etwas Gebrauchtes kaufen möchte, hatte schon immer unterschiedliche Möglichkeiten dazu. Bereits seit einer Weile gibt es die auch im Internet. Eine der größeren Plattformen ist Kleiderkreisel: Hier kann man seine eigenen Sachen verschenken, tauschen oder verkaufen.

Beim bereits im Jahr 2009 gestarteten Jungunternehmen soll derweil der Community-Gedanke im Vordergrund stehen. Nutzer präsentieren ihre Sachen selbst und tauschen sich aus. Auch offline ist Kleiderkreisel aktiv: In wenigen Tagen wird in München eine große Klamottentauschbörse veranstaltet. Den Wagniskapitalgeber Accel Partners scheint das Gründerteam um den Letten Justas Janauskas sowie die Deutschen Susanne Richter, Sophie Utikal und Martin Huber von dem Konzept überzeugt zu haben: 6,5 Millionen US-Dollar, umgerechnet rund fünf Millionen Euro, lässt dieser zusammen mit den Kleininvestoren Schmidt Projekt-Service und Alexis de Belloy nun springen, wie Angaben im britischen Unternehmensregister zu entnehmen ist – hinter der deutschen Kleiderkreisel GmbH steht die in London ansässige Friendly Fashion Limited.

Boomendes Second-Hand-Segment…

Das Second-Hand-Segment („Pre-loved“, wie es die Anbieter gerne bewerben), boomt derzeit. Seit vergangenem Jahr im Second-Hand-Segment aktiv sind Anbieter wie Mädchenflohmarkt, VintageHub oder Preloved.ch. Auch der britische Versender Asos hat längst einen entsprechenden Marktplatz aufgebaut. Auf Kinderkleidung spezialisiert ist zudem vor Kurzem erst Kirondo gestartet – mit Mamikreisel ist das Kleiderkreisel-Team seit letztem Herbst aber auch in diesem Bereich bereits aktiv.

Während sich viele der Anbieter nicht explizit auf Marken festlegen, haben sich andere ganz gezielt im High-End-Segment aufgestellt. Vor wenigen Wochen erst hatten Holtzbrinck, Capnamic und OP Ventures einen unbenannten, womöglich ebenfalls siebenstelligen Betrag in das Münchener Startup Glamloop investiert. Von der ehemaligen Rocket/Groupon-Frau Alexandra Podeanu und Kiana Mardi, zuvor bei Zalando tätig, gestartet, will das im Sommer seinen An- und Verkaufdienst für High-End-Fashion starten. Mit Rebelle, einem Online-Marktplatz für hochwertige Designermode im Second Hand Bereich, will sich auch der Hamburger Inkubator Hanse Ventures in direkter Konkurrenz zu Glamloop einen Platz im Second-Hand-Segment sichern.

..mit vielen Wettbewerbern

Als „Deutschlands erster Premium Shopping Club für second Hand Designer-Fashion“ bewirbt sich derweil Vite EnVogue. Zum Mutterunternehmen, der Reverse-Retail GmbH, gehört auch Buddy & Selly, ebenfalls eine An- und Verkaufplattform für „Second Hand Marken- und Designermode“, bei welcher der Verkauf vorrangig über eBay abgewickelt wird.

Die Konkurrenz für das vergleichsweise etablierte Kleiderkreisel wächst also allein zahlenmäßig in beachtlichem Tempo. Die aktuelle Finanzierungsrunde dürfte dem aus ursprünglich aus Litauen stammenden Jungunternehmen also hinsichtlich einer Steigerung der Markenbekanntheit sicherlich dienen. Auch im Bereich Customer Care soll dem Vernehmen nach ausgebaut werden. Bislang ist Kleiderkreisel ohne viel externes Geld ausgekommen. Angesichts des Wettbewerbsumfelds scheint die Finanzierungsrunde nun zum richtigen Zeitpunkt gekommen zu sein.

Im Gespräch mit Gründerszene verrät Sophie Utikal wie Kleiderkreisel entstand, wie es sich bislang finanziert hat und was das Team mit dem neuen Geld vor hat. 

Wie kam Euch die Idee zu Kleiderkreisel?

Im Jahr 2008 sind Susanne und ich als Studentinnen in den Semesterferien durch Osteuropa gereist – per Couchsurfing. Dabei sind wir auch auf der Couch von Justas Janauskas in Vilnius, Litauen, gelandet, der uns von seiner gerade gegründeten Plattform www.manodrabuziai.lt, der litauischen Schwester von kleiderkreisel.de, erzählte. Wir waren sofort von dem Konzept begeistert. Ungefähr ein halbes Jahr später klingelte unser Telefon in München und Justas fragte uns, ob wir das Konzept in Deutschland umsetzen möchten.

Zusammen mit unserem neuen Mitstreiter Martin haben wir die Seite während des Studiums gestartet und mussten uns Learning by doing das wichtigste Know-how eines Unternehmers aneignen – vom Marketing bis zur Buchhaltung. Denn wir drei kommen aus vollkommen fremden Fachrichtungen.

Und was genau ist Kleiderkreisel für Euch – ein Marktplatz, ein soziales Tausch-Netzwerk oder beides?

Kleiderkreisel ist für uns mehr als nur ein Marktplatz. Es ist eine Community, in welcher der Gedanke der Collaborative Consumption in allen seinen Facetten gelebt wird.

War das von Beginn an so geplant?

Kleiderkreisel hat sich so, wie die Seite heute besteht, gemeinsam mit der Community entwickelt.

Wie viele Mitglieder hat Kleiderkreisel derzeit? Und wie viele Artikel sind online zu finden?

Aktuell haben wir über 920.000 Mitglieder und 5,3 Millionen Artikel online, die einen neuen Besitzer suchen.

Immer mehr Wettbewerber tummeln sich in dem Segment. Was kann Kleiderkreisel anders beziehungsweise besser machen als die Konkurrenz?

Ich glaube, der Unterschied zu den Mitbewerbern ist, dass wir organisch gemeinsam mit der Community gewachsen sind. Wir sind kein aufgesetztes Marketing-Konstrukt, sondern eine Grundidee, die sich zusammen mit den Usern weiterentwickelt hat. Außerdem sind alle Elemente von Kleiderkreisel interaktiv, jeder soll sich frei nach dem Prinzip der Collaborative Consumption austauschen.

Das fängt bei Tausch-Aktionen an, bei der nicht nur bloß „Haben will“-Häkchen gesetzt werden, sondern die beiden Partner ihren Tausch per freier Nachricht regeln – und sich dabei kennen lernern. Und endet bei Bausteinen wie dem komplett user-generierten Blog, den moderierten, intensiv genutzten Foren und lokalen Tauschpartys, die von der Community mit unserer Hilfe umgesetzt werden. Dadurch sind wir nicht nur ein sozialer Marktplatz, sondern ein Lebensgefühl.

Lohnt sich das Unternehmen eigentlich finanziell? Womit verdient ihr Euer Geld?

Wir sind rein werbefinanziert, damit möglichst viele bei unserer Bewegung mitmachen können. Durch die hohen Zugriffszahlen funktioniert das Modell sehr gut und wir können von der Seite leben.

Was habt Ihr mit dem frischen Kapital vor?

Unsere Vision ist es, Second-Hand zur ersten Wahl zu machen und eine effektive, nachhaltige Bewegung gegen Verschwendung und die sich immer schneller drehende Konsumspirale zu schaffen. Wir wollen mit dem Kapital unsere Seite, den mobilen Auftritt und die Community sowie unsere frisch gelaunchten Tochter-Plattformen weiter ausbauen. Wir haben eine eigene Plattform für Österreich und mit Mamikreisel ein Portal speziell für den bedarfsintensiven Mütter- und Kinderartikel gestartet.

Ist Shareconomy ein Phänomen, dass sich längerfristig halten wird?

Lange war Shareconomy – mit wenigen, etablierten Ausnahmen – ein Early-Adopter-Phänomen und Medien–Hype. Erst in den letzten zwei Jahren ist es wirklich in der Gesellschaft angekommen. Durch die sich immer schneller weiterentwickelnden Netz-Strukturen sind wir unserer Meinung nach erst am Anfang eines gesellschaftlichen Wandels weit über Shareconomy hinaus, bei dem nicht der Besitzstand, sondern der Nutzen bestimmend sein wird.

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