kleiner perkins ellen pao sexism
kleiner perkins ellen pao sexism Das San Francisco Civic Center Courthouse: Hier fiel gestern das Urteil im Sexismus-Prozess

Nach 72 Stunden Beratung entschied sich die Jury: Ellen Pao hat Unrecht. Damit hat die frühere Junior-Partnerin der Venture-Capital-Firma Kleiner Perkins Caufield & Byers gegen ihren früheren Arbeitgeber verloren – und das auf ganzer Linie. 16 Millionen US-Dollar Entschädigung hatte Pao gefordert, denn diese Summe sei ihr entgangen, da der VC statt ihr nur Männer befördert habe. Die San Jose Mercury News hatte gar Schadensersatz von über 100 Millionen Dollar für möglich gehalten.

Die zwölf Geschworenen aber beschlossen, keiner von Paos Forderungen stattzugeben. Der legendäre VC Kleiner Perkins, der sein Milliarden-Vermögen mit frühen Investments in Google und Amazon verdiente, feierte das Urteil. Es zeige, dass Paos Anschuldigungen jeder rechtlichen Grundlage entbehrten, so der VC gegenüber dem San Francisco Chronicle. USA Today kommentierte fassungslos: „Die Jury hat einen Fehler gemacht.“

Pao, mittlerweile Interimschefin bei Reddit, bedankte sich nach dem Urteil vor dem Gericht in San Francisco für die Unterstützung und sagte: „Es war den Kampf wert.

Der Prozess: Millionen und Sex

Vorausgegangen war ein monatelanger Prozess, bei dem es um Sex, Millionengelder und die männlich geprägte Führungskultur im Silicon Valley ging. Pao hatte Kleiner Perkins im Mai 2012 angezeigt. Sie gab an, ein verheirateter Kollege hätte sie zu einer Affäre gezwungen und sich gerächt, als sie diese beendete. Pao sagte aus, sie sei deswegen bei Kleiner diskriminiert und schlecht bewertet worden, was sie eine Beförderung, viel Geld und letztlich ihren Job gekostet habe. Pao begründete ihre Klage damit, dass sie für andere Frauen eine bessere Firmenkultur schaffen wolle.

Um Sexismus bei Kleiner Perkins zu belegen, sammelten Paos Anwälte vermeintliche Statements der VC-Führungsriege aus dem Arbeitsalltag. Ein Top-Manager soll zu Pao gesagt haben, Frauen könnten nie erfolgreich sein, „weil Frauen ruhig sind“. Ein anderer soll gerechtfertigt haben, warum Kolleginnen nicht zu Geschäftsessen eingeladen worden seien: „Sie killen die Stimmung.“ Pao berichtete weiter, sie habe sich Gespräche der Partner und Kunden über sexuelle Präferenzen und Pornodarstellerinnen anhören müssen. Kleiners Managing Partner Ted Schlein bestritt das. Er argumentierte, Pao habe es bei Kleiner nicht weit gebracht, da großangelegtes, thematisches Denken nicht Teil ihres „genetischen Erbguts“ sei. Diese Aussage legte Alan Exelrod, einer von Paos Anwälten, als Moment der Enthüllung aus und sagte im Gerichtssaal: „Wir haben gehört, was Mister Schlein wirklich denkt.“

Exelrod betonte, dass Ellen Pao mehr Umsatz für Kleiner generiert habe als jeder ihrer männlichen Kollegen, die 2012 befördert worden seien. Als Beispiel für ihren guten Instinkt nannte er, dass Pao bereits 2008 in Twitter investieren wollte. Senior Partner Matt Murphy soll den Vorschlag mit der Begründung abgelehnt haben, das würde kein Geschäft werden. Exelrod sagte in seinem abschließenden Plädoyer: „Das ist die wahre Ironie hier, denn das Urteil wird der Welt als erstes via Twitter verkündet werden.“

Kleiner Perkins skizzierte Pao als streitsüchtig

Kleiners Anwälte widersprachen sämtlichen Anschuldigungen: Die Affäre mit dem Kollegen sei einstimmig gewesen; bei Kleiner habe Pao keinen Erfolg gehabt, weil sie kein Team-Player sei und es ihr an Führungsqualitäten mangele. Kleiners Anwältin Lynne Hermle konzentrierte sich während des Prozesses vor allem auf den Charakter der Klägerin. Pao, so die Anwältin, sei streitsüchtig und unfähig, Kritik anzunehmen. Offenbar sei die Harvard-Absolventin wegen ihrer akademischen Karriere erfolgsverwöhnt und deswegen auf Probleme bei Kleiner Perkins gestoßen. Hermle sagte weiter, Pao sei mit beinahe jedem Kollegen aneinandergeraten, mit dem sie zusammengearbeitet habe.

Als Pao dann immer mehr negatives Feedback in ihrer Leistungsbewertung entdeckt habe, habe sie eine Kündigung vorhergesehen, argumentierte Hermle. Die habe sie zu Geld machen wollen. Und: „[Paos] Beschwerden im Januar 2012 zielten nie darauf ab, anderen Frauen zu helfen.“

US-Medien pro Pao

Im Vorfeld des Urteils ergriffen bereits einige US-amerikanische Medien Partei für Pao. Re/code schrieb, Pao trage eine Bürde, da sie ihren Namen und ihren Ruf in diesen Prozess gebracht habe und damit eine der wenigen Frauen der VC-Szene sei, die öffentlich den „billionaire kingmakers“ der Startup-Welt gegenüber stehe. Fortune kommentierte, die Unterlagen hätten Kleiner Perkins als schlecht organisierte Firma voller Egos entlarvt. Zudem habe der Prozess gezeigt, wie verzerrt die Demografie der VC-Branche sei: „Obwohl Venture Capitalists Innovation verfechten, finden sich in ihren Reihen wenige Frauen, als wären sie ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert.“

Diskriminierungsklagen nun auch gegen Facebook und Twitter

Solcher Kritik müssen sich die Tech-Firmen des Silicon Valley immer wieder stellen. Unabhängig von seinem Ausgang hat der Prozess den Blick auf das Frauenbild der Szene gelenkt. Paos Vorgehen scheint nun andere Frauen zum Handeln bewegt zu haben.

Vor wenigen Tagen hat eine frühere Twitter-Angestellte gegen den Tech-Giganten Klage erhoben: Das „geheime“ interne Beförderungssystem bevorteile Männer, so der Vorwurf. Eine frühere Facebook-Mitarbeiterin klagte ebenfalls vor kurzem gegen ihren Ex-Arbeitgeber: Sie sei diskriminiert und klein gemacht worden.

Auch Snapchat sorgte für Empörung. Vergangenen Sommer wurden vulgäre Mails von CEO Evan Spiegel geleaked: Darin schrieb er unter anderem, er wolle betrunkene Studentinnen zu sexuellen Handlungen überzeugen. Die Nachrichten stammten aus Spiegels Verbindungszeiten am College. Der Snapchat-Chef entschuldigte sich ausdrücklich; er sei ein Idiot gewesen und diese Mails würden in keiner Weise zeigen, wie er heute über Frauen denke.

Snapchats Reputation hat der Vorfall nicht geschadet. Nur drei Monate nach dem Leak fuhr die Messaging-App in einer neuen Finanzierungsrunde 20 Millionen US-Dollar ein. Der Investor: Kleiner Perkins Caufield & Byers.

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