Büro- oder Gewerbefläche in Berlin gesucht – wie finde ich den richtigen Standort für mein Startup?

Die Entscheidung ist gefallen und ein neues Unternehmen in Berlin gegründet. Spätestens jetzt stellt sich die Frage des richtigen Standorts. In welchem Berliner Bezirk soll das Büro oder die Produktionsstätte eröffnet werden? Dabei gibt es eine Vielzahl an Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Denn ist erst einmal eine Entscheidung getroffen, bindet sich das Unternehmen für einen längeren Zeitraum. Mit Unterzeichnung des Gewerbemietvertrages für eine Büro- oder Gewerbefläche, geht das Unternehmen einen Vertrag ein, den es zu erfüllen gilt. Eine vorzeitige Entlassung aus dem Vertrag ist meist nicht möglich oder muss am Ende teuer erkauft werden. Umso mehr gilt auch hier: „drum prüfe, wer sich ewig bindet“.

„Standortentscheidung nicht aus dem Bauch heraus treffen“

Sebastian Blecke, Geschäftsführer der Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (GSG Berlin), einer der führenden Anbieter von Büro- und Gewerbeflächen in Berlin und u.a. auch Hauptsponsor des Businessplan Wettbewerbs Berlin-Brandenburg, hat bereits viele Startups in der Standortfrage begleitet. Er rät Startup-Teams „diese Entscheidung nicht aus dem Bauch heraus zu treffen, sondern analytisch an die Fragestellung heranzugehen. Die Erfahrung zeigt, dass viele junge Unternehmen ihre Entscheidung nach einem halben Jahr bereits in Frage stellen, wenn nicht gar bereuen.“ Nicht selten ist die Nähe des Geschäftsführers/der Geschäftsführerin zur Arbeitsstätte das ausschlaggebende Argument für die Standortwahl. Andere wichtige Faktoren werden dabei häufig sträflich vernachlässigt.

Kriterien für die Standortwahl

Der Geschäftszweck sollte den Ausgangspunkt bei der Festlegung des Standorts bilden. Daraus resultieren unterschiedliche Anforderungen an den Standort. Ein produzierendes Unternehmen hat sicherlich andere Bedürfnisse als ein Dienstleistungsunternehmen oder ein Einzelhändler. Hierbei hilft es, sich dem möglichen Standort aus verschiedenen Perspektiven zu nähern.

1. Ein oft zitiertes Bonmot in der Immobilienbranche ist „Lage, Lage, Lage“. Was aber bedeutet das konkret? Zunächst muss sich das Unternehmen über die Makrolage Gedanken machen. Muss es in der Stadt im Innenstadtbereich sein oder kann es auch etwas außerhalb sein? Ist die Flughafennähe wichtig, weil der Geschäftszweck viel Reisetätigkeit verlangt und man so die Wege verkürzt? Dementsprechend kann das Unternehmen in einem ersten Schritt seinen Suchradius eingrenzen. Bei der Suche in Berlin kann man ein Maklerunternehmen beauftragen oder selbst Büro- und Gewerbeflächen in den gängigen Online-Immobilienportalen recherchieren.

2. Benötige ich die unmittelbare Nähe zum Kunden? Als Einzelhändler ist man auf den direkten Kontakt zum Kunden angewiesen. Dann muss das Unternehmen zentralere Berliner Lagen in Betracht ziehen. Für einen Online-Versandhandel ist dies unter Umständen nicht unbedingt notwendig und er kann auch in sog. B-Lagen ausweichen. Die Preisunterschiede bezogen auf die Nettokaltmieten pro Quadratmeter sind hier mitunter erheblich und können gerade in den Anfängen eines Startup-Unternehmens die Liquidität schonen. Oft sind die Eigentümer in B-Lagen auch eher bereit, bei möglichen Ausbaukosten mit mietfreien Zeiten oder anderen Vergünstigungen entgegen zukommen. Wer in Berlin mit seiner Standortwahl in die östlichen Bezirke wie Pankow, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Co. ausweicht, zahlt unterm Strich weniger oder kann sich im Umkehrschluss größere Räumlichkeiten leisten.

3. Wie sieht es mit dem Wettbewerb aus? Ist es egal, ob es ein ähnlich ausgerichtetes Unternehmen in direkter Nachbarschaft gibt, oder nicht?

4. Welche Unternehmen gibt es bereits vor Ort? Ergeben sich mögliche Belästigungen von Nachbarn (z. B. Geruch, Lärm)? Aber auch die Frage nach Kooperationspartnern und Dienstleistern stellt sich hier. Ist das Unternehmen auf ein aktives Netzwerk angewiesen, um sich regelmäßig auszutauschen?

5. Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist das Thema Mitarbeiter. Gibt es ausreichend und gut ausgebildetes (Fach-)Personal an meinem Standort? Ist der Standort gut für die Mitarbeiter zu erreichen? Stehen ausreichend Parkmöglichkeiten für Mitarbeiter, aber auch für Kunden, zur Verfügung? Arbeitet das Unternehmen z.B. im Schichtbetrieb, ist es wichtig zu prüfen, ob ggfs. die Anbindung an den Berliner ÖPNV auch in Abend- und Nachtzeiten ausreichend ist.

6. Das Thema „Internetanbindung“ rückt bei der Entscheidung für oder gegen einen Standort immer stärker in den Vordergrund. Christian Kröger, Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Hofnetz & IT Services GmbH, ein Glasfasernetzbetreiber und IT Services-Anbieter im Immobilienbereich, berichtet, „dass Unternehmen insbesondere hohe Bandbreiten, Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit des Internets nachfragen. Vermehrt setzen Unternehmen der verschiedensten Branchen zum einen auf Cloud basierte Dienste wie Google Docs, Strato Hidrive, Amazon Webspace, zum anderen auch auf verwandte Dienste wie VoIP Telefonie. Der Kunde erwartet entsprechend kompetente und unabhängige Beratung sowie schnelle Reaktions- und Entstörzeiten.“

7. Wie ist die Geschäftsentwicklung geplant? Nicht wenige Startups wissen bereits zu Beginn, dass sie sich in absehbarer Zeit vergrößern müssen. Insofern ist bereits im Vorfeld mit dem Vermieter abzustimmen, inwiefern am gleichen Standort Flächenreserven zur Verfügung stehen. Denn ein Umzug verursacht neue Kosten. Sebastian Blecke hierzu: „Die Entwicklung bei unseren Gewerbeflächen im Berliner Innenstadtbereich zeigt, dass Erweiterungsflächen sehr stark nachgefragt, aber kaum mehr verfügbar sind. Bei mehr als 40 Standorten können wir aber, anders als Einzelanbieter, Alternativflächen wie in unseren econoparks Berlin anbieten und hier auch mögliche Erweiterungsflächen reservieren. Diese Flexibilität schätzen unsere Kunden sehr.“

8. Wie repräsentativ muss der Standort, das Gebäude sein? Bei einem Bürogebäude mit zentralem Empfang und repräsentativem Entrée zahlt jeder Mieter auch seinen Anteil an diesen Gemeinschaftsflächen. Kann und möchte man sich diesen Luxus leisten oder doch besser darauf verzichten und das Geld lieber anderweitig investieren?

9. Zu guter Letzt gibt es eine Vielzahl an gesetzlichen Regelungen, wie die Arbeitsstättenverordnung, Gewerbeordnung, Emissionsschutzgrenzwerte, Baunutzungsverordnung u.v.m., die vor Vertragsunterzeichnung geprüft werden sollten. Kann das Unternehmen also die gewünschte Tätigkeit dem Geschäftszweck entsprechend in der jeweiligen Fläche – auch vor dem Hintergrund der o.g. Regelungen – durchführen? Auskünfte hierzu erteilen u.a. die zuständige Berufsgenossenschaft, das Gewerbeaufsichtsamt oder auch das Bauamt. Liegt bereits eine Baugenehmigung vor? Wenn ja, entspricht diese auch meiner geplanten Nutzung? Wenn nicht, sollten Sie bei den jeweiligen Ämtern vor Vertragsunterzeichnung nachfragen.

Anforderungen erfüllt?

Kommt ein Standort in die engere Auswahl, muss geprüft werden, ob die Fläche so genutzt werden kann, wie sie das Unternehmen für seine Geschäftsabläufe benötigt.

1. Muss es zwingend das Erdgeschoss oder kann es auch ein Obergeschoss sein? Auch hier gibt es mitunter erhebliche Preisunterschiede.

2. Kann ein Produktionsunternehmen seine Maschinen optimal aufstellen, mögliche Produktionsstrecken darstellen? Gibt es Deckentraglastbegrenzungen? Verfügt die Immobilie über Lasten- und/oder Personenaufzüge? Wie gut können die Produktionsabläufe, auch vor dem Hintergrund von An- und Ablieferung, dargestellt werden?

3. Bei Büroflächen spielen Belichtung und natürliche Belüftung oft eine große Rolle, damit sich Mitarbeiter und Kunden wohlfühlen. Aber auch die Entscheidung Großraumbüro versus kleinteiliger Bürostruktur gilt es zu treffen. Können also die vorgegebenen Grundrisse entsprechend der Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden?

Hat man sich schließlich für einen Standort in Berlin entschieden, ist der nächste wichtige Schritt die Verhandlung des Gewerbemietvertrags. Aber Achtung: Anders als im Wohnmietrecht ist hier alles zwischen den Vertragsparteien frei verhandelbar. Hier liegt der Teufel bekanntermaßen im Detail. Weiterführende Informationen, insbesondere auch zum Thema „Gewerbemietvertrag und seine Tücken“ finden Sie hier.