Das Startup Resi mit seiner Chatbot-App

Eine neue Form, Nachrichten zu erzählen, verspricht die App Resi von Gründer Martin Hoffmann. Seit Donnerstag ist sie öffentlich im App Store zugänglich und will User via Chat über aktuelle News informieren. Die Innovation: Hinter solchen sogenannten Chatbots stecken künstliche Intelligenzen, die sich mit Lesern ohne menschliche Hilfe unterhalten sollen.

Schon Anfang des Jahres galten Chatbots als der heißeste Tech Trend. Bisher scheinen sie sich aber erst noch warm zu laufen. Der große Erfolg der News-Chatbots blieb bisher aus. Dafür gibt es zwei Gründe.

Zum einen sind Nutzer bisher nicht daran gewöhnt, Nachrichten im Chat erzählt zu bekommen. Dass es bereits jetzt künstliche Intelligenzen gibt, die mehr oder weniger gut Neuigkeiten über Facebook Messenger erzählen können, wissen nicht viele. Auf Facebooks Oberfläche sind sie zudem sehr gut versteckt.

Das wahrscheinlich größte Problem ist jedoch die künstliche Intelligenz selbst. Obwohl bei den digitalen Flaggschiffen Google, Apple und Facebook intensiv entwickelt wird, gibt es bisher keine überzeugenden Chatbots, die die menschliche Sprache größtenteils fehlerfrei interpretieren können. Denn die ist verflixt komplex – wie ich leider selbst lernen musste:

Für eine meiner Webseiten habe ich versucht, eine künstliche Intelligenz zu basteln, die einfache Nachfragen von Lesern über den Facebook Messenger beantworten kann: Will der Leser die neuesten Updates wissen, soll der Bot einen Link mit einer Inhaltsangabe schicken. Hintergründe zum Autor gibt es auf Nachfrage mit Foto. Am wichtigsten sind jedoch Schlüsselwörter, sodass der Bot für den Leser die Webseite nach Begriffen durchsucht und ihm themenverwandte Artikel aufzählt. Online-Shops oder Dienstleister-Startups könnten mit ähnlichen Chatbots viel schneller und billiger Anfragen ihrer Kunden bedienen. Schon heute gibt es Programme für solche Intelligenzen. Bei meiner habe ich Chatfuel und Manychat genutzt, die innerhalb der letzten Monate stark weiterentwickelt wurden.

Damit die künstliche Intelligenz mit Menschen chatten kann, habe ich ihr nächtelang Antworten beigebracht und erwartbare Dialoge vorbereitet. Mein Bot lernte tausende Reizwörter, auf die er entsprechende Antworten geben soll. Benutzt ein Leser die Wörter „neu“ und „Artikel“ in einem Satz, schlägt mein Bot ihm den neuesten Bericht vor. Das Problem: Die menschliche Sprache ist für eindeutige Kommunikation leider völlig ungeeignet. Sie ist subtil, doppeldeutig und ironisch. So kritisierte vor Kurzem ein Leser, eine Information im Artikel sei gar nicht neu – woraufhin mein Bot fröhlich eben diesen aktuellen Artikel zum Lesen vorschlug. „Neu“ und „Artikel“ – die beiden Begriffe kannte er ja. Für den User irritierend. Für mich schwierig zu verbessern, denn für Verneinungen gibt es im Deutschen mehr als ein Dutzend Möglichkeiten.

Wirklich frustrierend wird es aber, wenn Leser Tippfehler in ihren Fragen haben, Dann ist eh alles vorbei. Meine künstliche Intelligenz ist ein Grammatik-Nazi. Hochdeutsch, perfekte Orthografie Stand 2016, bitte! Es gibt einfach zu viele Arten, ein Wort falsch zu schreiben, um einem Bot alle einzeln beizubringen.

Hinzu kommt: Menschen machen sich gerne über künstliche Intelligenzen lustig. Meine ist als Experte für technische Entwicklung im Journalismus programmiert. Sie kennt Augmented Reality und Visual Storytelling. Doch Leser fragen lieber nach der nächsten Pizza-Bude. Bei solchen Fällen rollt mein Chatbot via nur noch genervt mit den Augen und gibt ironische Antworten wie: „Pizzen gibt es hier nur in der Geschmacksrichtung Virtual Reality.“

Wohl deswegen haben die Macher der Resi-App auch gar nicht erst versucht, ihre künstlichen Intelligenz auf manuell geschriebene Fragen ihrer Leser antworten zu lassen. Die Kommunikation mit dem Leser erfolgt über vorgegebene Antwort-Buttons, die eine News zudem immer nur linear auf eine Art und Weise erzählen. Hat der Leser Nachfragen zu einem Thema, wird er selber googeln müssen.

Das Prinzip von Resi folgt damit dem Vorbild der Quartz-App, die als Avantgarde im Conversational Journalism gilt. Wie gut das im Detail gelingt, haben wir vor Kurzem bereits aufgeschrieben. Beide erzählen im Chat-Stil und mit vielen Emojis – allerdings in einer eigenen App. News-Chat-Leser müssen also erst einmal von einem Download überzeugt werden und auch dann die App stets neu starten. Revolutionär wäre hingegen ein News-Bot, der bereits in bestehenden Messengern funktioniert und nicht auf Downloads angewiesen ist. Käme er auch mit individuellen Nachfragen der Leser zurecht, hätte er theoretisch von Anfang an Milliarden an potenziellen, aktiven Nutzern.

Bisher schaffen die meisten dieser Intelligenzen aber kaum mehr als die Buchung von Flugtickets und die Wettervorhersage via Chat. Ach, und bei der Fragen nach der nächsten Pizzabude ist dieser Bot ein guter Ansprechpartner.

Foto: Georg Räth