„Startup-Held“ Gereon Frahling im Interview

Das Wort im Kontext – für eine Übersetzung braucht es mehr als eine Begriffsliste. Mit Linguee (www.linguee.de), einem Online-Dienst, der Übersetzungen im Internet sucht, bedienten Gereon Frahling und Leonard Fink 2009 eine Marktlücke.

Frahling erhielt 2002 sein Universitätsdiplom in Mathematik, 2006 seinen Doktor in Theoretischer Informatik und absolvierte 2007 ein Postdoktorat bei Google in New York, bevor er sich gemeinsam mit Leonard Fink für eineinhalb Jahre zurückzog, um an der Präsentation des Web-Wörterbuchs zu werkeln. Der Dienst aus Köln bearbeitet mittlerweile täglich über fünf Millionen Anfragen, das Startup beschäftigt 14 festangestellte Mitarbeiter.

Geschäftsführer Gereon Frahling ist unser „Startup-Held“ der Woche, mit Gründerszene spricht er unter anderem über die Verwandtschaft von Linguee und Google.

Wer bist Du und was machst Du?

Ich bin der Gründer und Geschäftsführer von Linguee. Von Hause aus bin ich Mathematiker und habe mich in meinem Leben viel mit der statistischen Auswertung von extrem großen Datenmengen beschäftigt, erst an der Uni und nach der Promotion dann bei Google. Ende 2007 habe ich Linguee gegründet. Wir betreiben damit eine für jedermann offene Suchmaschine für Übersetzungen. Wenn jemand ein Problem hat, eine bestimmte Wortgruppe zu übersetzen, so kann er bei Linguee schauen, ob schonmal ein Übersetzer irgendwo auf der Welt genau diese Phrase übersetzt hat und sich an der Übersetzung orientieren.

Wie bist Du auf die Idee zu Linguee gekommen?

Von 2007 bis 2008 war ich in der Forschungsabteilung von Google in New York tätig. Zu der Zeit musste ich natürlich sehr häufig Online-Wörterbücher benutzen. Mich hat damals gestört, dass man nie Übersetzungen im Zusammenhang angezeigt bekam und Zugriff auf nur sehr wenige Informationen hatte. Da wurde mir klar, wie wertvoll eine Suchmaschine wäre, in der alle Übersetzungen dieser Welt durchsucht werden könnten. Weil die Entwicklung einer Suchmaschine so gut zu meinen Kenntnissen passte, habe ich bei Google gekündigt und das gemeinsam mit einem Freund umgesetzt.

Sind zweisprachige Websites, bei welchen die Übersetzung oft von Nicht-Muttersprachlern durchgeführt wird, nicht eine zu unverlässliche Referenz?

Würde man aufhören, Google zu nutzen, weil manchmal Ergebnisse unzuverlässig sind? Natürlich nicht, da die Google-Ergebnisse die Suche meist viel präziser treffen als das gute alte Lexikon. Ebenso ist es mit Linguee: Man kann eben das gesamte Internet nach Übersetzungen durchsuchen, und damit 1.000 mal mehr Übersetzungen als mit herkömmlichen Wörterbüchern finden. Das heißt, ich finde mein Wort tatsächlich auch in meinem Zusammenhang, zum Beispiel „leitet die Abteilung“ statt „leitet Strom“. Wörterbuch-Ergebnisse für „leiten“ ohne Kontext bringen mich nicht weiter.

Erst kürzlich berichtete Linguee über das Erreichen des Break-Even. Wohin wollt Ihr die Gewinne investieren?

Wir werden die Ergebnisse in Zukunft viel übersichtlicher gestalten und auch viel Geld in den Ausbau unserer Redaktion stecken. Durch die Kombination von menschlichen Redakteuren und Algorithmen werden wir in Zukunft die Ergebnisse noch deutlich übersichtlicher gestalten können. Gleichzeitig launchen wir immer mehr Sprachen. Schon im Februar 2014 wird es Linguee voraussichtlich in über 200 Sprachkombinationen geben.

Welche Tipps gibst Du jungen Gründern nach Deinen eigenen Erfahrungen mit auf den Weg?

Wir sind sehr gut damit gefahren, den Lebensstandard herunterzufahren, uns 18 Monate zu vergraben und Linguee zu entwickeln. Dazu brauchten wir eine preiswerte Unterkunft, einen Computer und viel Pizza, mehr nicht. Erst mit dem ersten Launch 2009 haben wir dann Investoren mit an Board geholt, als der Vorteil von Linguee klar sichtbar war. Dies ist unkonventionell und hat viel Energie gekostet, aber dafür konnten wir uns später unsere Investoren aussuchen. Ich kann dies im Nachhinein jedem empfehlen, der im Softwarebereich wirklich an eine Idee glaubt.

Bild: Getty Images / cnythzl