LinkedIn-CEO Jeff Weiner, Microsoft-CEO Satya Nadella und LinkedIn-Mitgründer Reid Hoffman (v.l.)

Es war die Überraschung der Woche: Der US-Gigant Microsoft übernimmt das Karrierenetzwerk LinkedIn – für mehr als 26 Milliarden Dollar. Der Technologie-Konzern bietet dabei 196 US-Dollar pro Aktie für das börsennotierte Unternehmen. Damit liegt der Kaufpreis fast 50 Prozent über dem Wert der LinkedIn-Aktie vom Börsenschluss am Freitag.

Für LinkedIn ist das ein gigantischer Erfolg – zumal Microsoft-Chef Satya Nadella dem Netzwerk weitgehende Unabhängigkeit zugesichert hat. Der bisherige CEO Jeff Weiner darf an der Spitze bleiben. Gegenüber Recode sagt Nadella, LinkedIn werde anders als Skype nach der Übernahme behandelt, man wolle dem Unternehmen „Raum zum Atmen geben“ – und sich damit an anderen Übernahmen – beispielsweise der von Instagram durch Facebook – orientieren.

Doch Unabhängigkeit hin oder her: Der neue Besitzer wird bei LinkedIn einiges verändern und das Netzwerk mit seinen Produkten verknüpfen. Unter Microsoft soll LinkedIn nun zu einer noch größeren Plattform für Geschäftskontakte sowie geschäftliche Weiterbildungen ausgebaut werden, wie Nadella am Montag in einer Mitteilung an seine Mitarbeiter verkündete. Microsoft-Produkte wie die Bürosoftware Office 365 könnten außerdem mit LinkedIn verknüpft werden.

Auch Jeff Weiner bemühte sich in einem Brief an seine Mitarbeiter zu betonen, dass sich für sie „kaum etwas verändern“ werde. Gleichzeitig schreibt er, Microsoft und LinkedIn hätten nun eine gemeinsame Mission und listet Kooperationsmöglichkeiten auf.

Konsequenzen für Xing

Auch für das Hamburger Unternehmen Xing ist die Übernahme des sehr viel größeren Wettbewerbers bedeutsam. Schon häufig wurde über eine Übernahme von Xing durch LinkedIn spekuliert. Die dürfte jetzt unwahrscheinlich sein, auch wenn Xing mit einer Bewertung von rund einer Milliarde im Vergleich ein Schnäppchen wäre.

Immerhin konnte Xing zumindest kurzfristig von der Bekanntgabe der Übernahme durch Microsoft profitieren. Die Aktie stieg am Montagnachmittag von beinahe 160 Euro auf fast 190 Euro. Ganz oben konnte sie sich zwar nicht lange halten, die Aktie liegt aktuell aber immer noch deutlich über dem vorherigen Kurs.

Wieso steigt die Xing-Aktie?

Nun könnte man meinen, dass die Übernahme durch Microsoft LinkedIn so stark macht, dass Xing weniger Chancen im Wettkampf hat. Schließlich warb Microsoft-Chef Satya Nadella am Montag noch für die Übernahme mit den Worten: „Zusammen können wir das Wachstum beschleunigen.“ Ein Vorteil für LinkedIn: Das internationale Netzwerk wird für Mitarbeiter global agierender Firmen immer wichtiger.

Doch offenbar sehen auch die Xing-Aktionäre die Übernahme als Bestätigung dafür, dass Karrierenetzwerke ein großes Potential haben. Gerade im DACH-Raum schlägt sich Xing gegen LinkedIn immer noch sehr wacker. Anders als beispielsweise im Fall von StudiVZ und Facebook ließ sich Xing in den vergangenen Jahren nicht von dem Silicon-Valley-Giganten aus dem Rennen werfen.

Im ersten Quartal dieses Jahres konnte Xing den Umsatz um 21 Prozent auf 34,3 Millionen Euro erhöhen. Grund für das Wachstum sei die steigende Anzahl an Kunden, die Geld für ein Premium-Konto bezahlen würden, sagte Xing-Chef Thomas Vollmoeller im Mai. Es sind also rosige Zeiten für das Karrierenetzwerk, das vom Unternehmer Lars Hinrichs gegründet wurde und mittlerweile mehrheitlich dem Burda Verlag gehört.

Halten, kaufen oder verkaufen?

Die Analysten, die sich mit der Xing-Aktie beschäftigen, sind optimistisch. Die meisten von ihnen raten aktuell dazu, Xing-Aktien zu kaufen. Andere sehen es als sicherer an, die Aktie zu halten, raten aber von einem Kauf ab.

Alexander Braun vom Researchhaus Montega in Hamburg ist einer von ihnen: „Unter fundamentalen Gesichtspunkten gibt es unseres Erachtens keinen Grund, die Aktie zu kaufen. Zudem könnte der Wettbewerbsdruck durch LinkedIn in Zukunft zunehmen, falls diese die Bestrebungen, mit Hilfe von Microsoft Marktführer in der DACH-Region zu werden, intensivieren sollten.“ Auch er hält eine Übernahme durch LinkedIn beziehungsweise Microsoft nun für sehr unwahrscheinlich.

Ähnlich sieht es Sarah Simon, Analystin der Hamburger Privatbank Berenberg: „Xing zu kaufen, würde für Microsoft keinen großen Unterschied machen, dafür ist es zu klein.“ Trotzdem rät auch sie den Xing-Aktionären dazu, die Aktie zu halten. „Wir glauben, die Bewertung spiegelt die Wachstumschancen von Xing gut wider.“

Bild: Linkedin