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Nach Angaben von LiveEdu streamen rund 13.000 Nutzer über die Plattform.

Ein US-Entwickler programmiert ein Computerspiel, ein Schwede baut eine App für Angler. Bis die letzte Codezeile geschrieben ist, würde davon eigentlich niemand etwas erfahren. Eigentlich. Denn das deutsch-amerikanische Startup LiveEdu will nach dem Gaming auch das Coding zum interessanten Ereignis machen. Ähnlich wie beim Gaming-Streamportal Twitch können Programmierer hier ihre Code-Arbeit live senden. Weltweit schauen ihnen Nutzer dabei über die Schulter. 

Die Videos sollen den Zuschauern dabei helfen, bestehende Fähigkeiten auszubauen, wie es auf der Webseite von LiveEdu heißt. Für Laien hingegen seien die Videos überwiegend ungeeignet: „Bei uns lernst du nicht, wie Programmieren funktioniert“, erklärt LiveEdu-Gründer Michael J. Garbade. „Unser Fokus liegt auf praktischen Projekten, für die man die Basics schon beherrschen muss.“ 

Seit dem Start von LiveEdu im Jahr 2015 ist der Schwerpunkt Programmierung in mehrere Unterkategorien eingeteilt worden, darunter Design, Game Development und Virtual Reality. Unternehmensangaben zufolge gibt es rund 13.000 Streamer und über 250.000 Videos auf der Seite.

Wieso nutzen diese Menschen gerade LiveEdu – und nicht einfach Youtube? „Bei uns kannst du live dabei zusehen, wie Dinge Schritt für Schritt programmiert werden und den gesamten Arbeitsprozess verfolgen. Wenn ich ein Video zum Beispiel für Youtube mache, kann ich im Nachhinein viele Sachen herausschneiden. Wir wollen zeigen, dass selbst kleine Schritte manchmal Wochen dauern können“, so Garbade. Auch auf Youtube sind allerdings Live-Streams möglich, die einige Entwickler auch zur Übertragung von Coding-Einheiten nutzen.

Reddit-Guru bringt erste Streamer

Seine Wurzeln hat LiveEdu in Berlin. 2015 schaffte es das Startup, damals noch unter dem Namen LiveCoding, in den berühmten Y Combinator. „Kurz nach dem Start haben wir unsere Idee auf Reddit vorgestellt. Einer der Obergurus der Seite fand unser Projekt dann spannend und hat uns zu den ersten Registrierungen verholfen, indem er uns auf die Front Page bei Reddit gesetzt hat“, so Garbade. Daraufhin bewarb sich das Team für den Y Combinator, „kurz vor der Deadline“, wie Garbade erklärt – mit Erfolg.

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Tom Wendel alias bobstriker aus München im LiveEdu-Stream.

Rückblickend habe die Teilnahme LiveEdu zwar Zugang zu viel Expertise und wichtigen Persönlichkeiten verschafft, erklärt Garbade. So habe man sich ein Netzwerk aufbauen können. „Wir haben für uns aber die Erkenntnis mitgenommen, dass man ein Unternehmen auch gut von Berlin aus aufbauen kann.“ Denn durch die steigende Zahl der pro Batch aufgenommenen Firmen leide die Einzelbetreuung, findet der Gründer.

Finanziell zehrt LiveEdu jedoch noch vom Investment, das es im Rahmen der Y-Combinator-Beteiligung erhalten hat. Eine kleine Summe gab es außerdem 2015 von European Pioneers. Seit Kurzem verdient das Startup auch über ein Abo-Modell Geld: Für knapp 15 Dollar pro Monat können sich Nutzer Zugang zu Premium-Inhalten verschaffen und Dateien downloaden. Derzeit besteht das LiveEdu-Team aus sechs Leuten, die in San Francisco und Berlin arbeiten. Mitgründer Jamie Green schied kurz nach dem Start aus dem Unternehmen aus.

Derzeit streamen laut Garbade zwar Mitarbeiter von Unternehmen wie SAP oder Google über die Plattform, allerdings außerhalb ihrer Jobs. Und bei diesen Freizeit-Bastlern soll es auch bleiben, wenn es nach dem Gründer geht. Der Ideenaustausch stehe im Vordergrund: „Bisher hast du alleine zuhause gesessen, ohne dass jemand von deinem Projekt erfahren hat. Vielleicht gibt es aber in Australien jemanden, der dir bei einem Problem helfen kann oder sogar mitarbeiten möchte“, sagt er. „Diese Leute wollen wir zusammenbringen.“

Diese Startups aus dem Y Combinator gehen gerade ab

Bild: Getty Images/Hero Images; Bild im Text: Screenshot LiveEdu