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Board_Members_solarisBank_Foto-MaxThrelfall_Space-hd Das Führungs-Trio Andreas Bittner, Marko Wenthin und Peter Grosskopf (von links).

Es ist eine Frage, die Marko Wenthin, Gründer der Solarisbank, immer wieder hört: „Wie viele Tech-Leute arbeiten eigentlich für die Solarisbank?“ Er lächelt. Von den etwa 70 Mitarbeitern seien es etwa die Hälfte, sagt Wenthin im Gespräch mit Gründerszene.

Die Frage zielt darauf ab, wie sich das Fintech-Startup mit Vollbanklizenz von den etablierten Banken abhebt – und wie viel Tech wirklich in dem Unternehmen steckt. Denn im März ist die Solarisbank mit einem ambitionierten Plan gestartet: Das Startup will sich als Banking-Partner von Fintechs, aber auch Marktplätzen und E-Commerce-Shops etablieren. Diese sind oft regulatorisch auf eine Bank angewiesen.

Über Schnittstellen – sogenannte APIs – könnten die Startups und andere Digitalunternehmen ihre neuen Angebote „schnell und unkompliziert“ bei der Bank anbinden, heißt es von dem Unternehmen, das das als seinen großen Vorteil sieht. Startups wie die Payment-App Cringle, das Banking-Angebot für Freelancer von Kontist, das Factoring-Startup Bezahlt.de von Sebastian Diemer greifen bereits auf die Dienste von der Solarisbank zurück. Größere Partner sind Scout oder der Gutscheinanbieter Fashioncheque.

Doch wie funktioniert die Zusammenarbeit überhaupt – und wie geht es weiter bei dem Bank-Startup, das aus dem Company Builder Finleap entstanden ist? Solarisbank-CEO Marko Wenthin im Gründerszene-Interview.

Marko, viele Fintechs digitalisieren einfach alte Vorgänge, bringen beispielsweise das Girokonto aufs Smartphone. Neue, datengetriebene Funktionen, die Finanzprodukte wirklich anders machen, gibt es wenig. Was kann die Solarisbank?

Unser Vorteil als neue Bank ist es, dass wir keine analogen Prozesse haben, die wir digitalisieren müssen. Jeder Schritt, den wir machen, wird hinterfragt. Wir überprüfen ständig den Status quo und überlegen, wie wir die vorhandenen Daten nutzen können. Wir sind noch lange nicht am Ende der technischen Möglichkeiten angekommen.

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Marko_Wenthin_solarisBank_Foto-MaxThrelfall-hd Marko Wenthin, Fintech-Chef mit Bank-Erfahrung, er war etwa für die Deutsche Bank tätig

Wie sieht es denn konkret bei euren Partnern aus?

Ein Beispiel ist die Kreditfinanzierung, die wir für AutoScout anbieten. Innerhalb von wenigen Minuten bekommst du damit einen Kredit. Dieses Angebot ist schon stark auf den Kontext des Nutzers zugeschnitten. Du wachst ja nicht morgens auf und sagst, ich möchte mir heute 5.000 Euro leihen. Sondern du suchst nach einem Auto und wenn es dir gefällt und dir 5.000 Euro vom Preis fehlen, müssen die – Zack! – da sein.

Wie geht es in Zukunft technisch weiter?

Es kommen immer mehr Produkte, bei denen das Banking in den Hintergrund rückt. Beispiel Mobilität. Ich sage, ich will von A nach B – und benutze dafür U-Bahn, Taxi und Bus. Es wird nicht mehr jeweils eine Extra-Zahlung geben, sondern mit einem Klick ist alles bezahlt. Bei vielen der neuen Dienste wie Uber geht es auch ums Bezahlen. Aber diese Pioniere kommen nicht aus dem Payment, sondern sie brauchen einen Partner, um das abzuwickeln – und können dann auf uns zurückgreifen. Wir werden das ein oder andere spannende Projekt demnächst vorstellen.

Welchen Vorteil bringt es den Digital-Unternehmen genau, mit euch zusammenzuarbeiten?

Der Plan ist, einen App-Store für Bank-Produkte aufzubauen. Jeder Kunde kann den Service anbinden, den er benötigt. Beispielsweise unsere Konten, ein ID-Now für die Identifikation oder einen anderen Dienst für das Scoring. Mit diesem Ansatz unterscheiden wir uns von den Wettbewerbern.

Ihr seid im Frühjahr gestartet. Was habt ihr seitdem erreicht?

Wir haben momentan drei Standbeine: Wir bieten die Kernfunktionen des Bankings mit Konten und Zahlungsabwicklung. Dort ist beispielsweise die Freelancer-App Kontist unser Partner. Für Autoscout vergeben wir Kredite, das Geld dafür kommt von dem Festgeld-Vermittler Savedo. Unser größter Fokus liegt allerdings auf dem sogenannten E-Geld-Modul. Dabei sind wir beispielsweise Partner für Marktplätze, Fintechs wie das P2P-Startup Cringle und Gutscheinanbieter, die ihre Zahlungen über uns abwickeln. Fashioncheque aus den Niederlanden ist ein Beispiel dafür. Diese Funktionen laufen so stabil, dass wir sie richtig skalieren können. Das ist der Bereich, in dem wir weiter stark wachsen werden. Uns geht es nicht unbedingt um die Anzahl der Partner, sondern um die Reichweite. Allein über Fashioncheque erreichen wir eine Million Verbraucher

Euer Pricing ist an die Größe der Partner angepasst. Wie funktioniert das genau?

Unser Grundsatz ist, dass wir keine hohe Setup-Gebühr verlangen, die dann das Geschäft praktisch abwürgt. Stattdessen gibt es jeden Monat eine kleine Kostenbeteiligung. Es kommt dann je nach Transaktionen und Volumen eine Gebühr hinzu. Das wichtigste ist, dass wir unsere Partner groß machen wollen. Wir glauben an die Unternehmen – wenn sie viel Umsatz machen, können wir auch nur grinsen.

Startups wie Kontist stehen noch ganz am Anfang. Es wird noch Jahre dauern bis sich das für euch auszahlt.

Ich glaube nicht, dass es sehr lange dauert. Aber natürlich ist das Teil unser Strategie, dass wir mit großen, mit mittleren und kleinen Partnern zusammenarbeiten. Wir wollen nicht nur die Startup-Bank sein. Denn bei jungen Unternehmen besteht die Möglichkeit, dass sie es am Ende nicht schaffen. Wir sind ja keine Altruisten. Wie jedes andere Unternehmen sind wir aufgefordert, Umsätze und irgendwann Gewinne zu machen. Aber dieser gesunde Mix, der ist super.

Wie viel Umsatz macht ihr in diesem Jahr?

Das kommunizieren wir momentan noch nicht. 2016 ist für uns auch gar nicht das entscheidende Jahr, wir werden sehen, wie sich das kommende Jahr entwickelt. Momentan haben wir das Luxusproblem, dass wir gar nicht allen Anfragen nachkommen können. Es tut extrem weh, zu guten Geschäften Nein zu sagen. Aber auch das müssen und mussten wir lernen. Wir arbeiten momentan noch die bestehenden Aufträge ab. Anstatt neue Produktgruppen in Deutschland einzuführen, wollen wir erstmal in Europa mit unseren bestehenden Produkten skalieren.

Wo seid ihr bislang aktiv?

Wir haben ein sogenanntes Passporting in den Niederlande, Österreich, Belgien, Großbritannien, Griechenland. Kurzfristig kommen Spanien, Italien und Frankreich dazu. Mit mehreren ausländischen Partnern stehen wir kurz vor der Unterschrift.

Ist ein europäischer Vertrieb nicht schwierig? Schließlich könnt ihr über die Grenzen von Deutschland hinaus nicht mehr so stark vom Finleap-Netzwerk profitieren.

Unabhängig von Finleap haben wir innerhalb der neun Monate die Marke Solarisbank aufgebaut. Wir sind nicht nur auf das Netzwerk von Finleap angewiesen. Finleap ist heute einer der Gesellschafter. Aus dem Company Builder heraus ist eine eigenständige Firma entstanden.

Danke für das Interview, Marko.

Auch die Politik interessiert sich für das Fintech: Finanzsekretär Jens Spahn im Gespräch mit Solarisbank-Vorstand Andreas Bittner.

Bild: Solarisbank/Max Threlfall