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Ebay Abbruchjäger tricksen bei eBay mit Schadensersatzforderungen.

Sogenannte „Abbruchjäger“, professionelle Schnäppchenjäger, machen eBay-Verkäufern aktuell das Leben schwer: Die Jäger suchen gezielt nach Auktionen mit formalen Fehlern oder ohne Gebot und bieten dann in möglichst vielen Auktionen Minimalbeträge von einem Euro. Wenn der eBay-Verkäufer dann die jeweilige Auktion mangels Geboten oder aufgrund von Fehlern abbricht, klagen die Minimalbieter auf Schadenersatz und verlangen die Differenz zwischen Marktwert des Auktionsgegenstandes und ihrem Minimalgebot.

„Abbruchjäger sind Bieter auf eBay, deren alleiniges Ziel es ist, Profit aus vorzeitig beendeten Online-Auktionen zu schlagen“, erklärt der Kölner Anwalt Christian Solmecke. „In der Vergangenheit haben wir hier insbesondere einen florierenden Markt für Abbruchjäger im Bereich Pkw und Motorräder feststellen können.“

Gegen die Klagen ist zunächst rechtlich wenig einzuwenden, denn eine Online-Auktion darf nicht einfach abgebrochen werden, nur weil der vom Verkäufer angepeilte Verkaufspreis nicht erreicht wurde. Eine entsprechende Entscheidung fällte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits 2014.

Minimalangebot nur für eine Chance auf Schadensersatz

Wenn aber der Käufer sein Minimalgebot von Anfang an nur mit der Absicht abgegeben hat, später auf Schadenersatz klagen zu können, ist die Rechtslage eventuell anders: Ein Angebot, das ohne echte Kaufabsicht abgegeben wird, ist für spätere Klagen nicht relevant. Doch wie genau sollen Gerichte im Klagefall zwischen einem Abbruchjäger und einem ehrlich enttäuschten Bieter unterscheiden?

Der Bundesgerichtshof nahm sich nun gleich zweier eBay-Fälle an, in denen Bieter auf Schadenersatz geklagt hatten: Im ersten Fall hatte der Verkäufer einen gebrauchten VW Golf im Wert von 16.500 Euro auf der Handelsplattform angeboten – als dann ein Schnäppchenjäger 1,50 Euro bot und die Auktion ansonsten ohne Bieter blieb, trieb der Verkäufer den Preis einfach selbst in die Höhe: Er eröffnete einen zweiten eBay-Account, bot damit so lange immer wieder auf die eigene Auktion, bis das Maximalgebot des Schnäppchenjägers von 17.000 Euro erreicht war.

Die Manipulation jedoch kommt den Verkäufer nun teuer zu stehen: Die Karlsruher Richter erklärten die Eigengebote des Verkäufers allesamt für nichtig und sprachen dem Bieter den Golf zu seinem ursprünglichen Einstiegsgebot von 1,50 Euro zu. Da das Fahrzeug mittlerweile anderweitig verkauft wurde, bekommt der Bieter nun Schadenersatz von 16.498,50 Euro zugesprochen.

Schnäppchenjäger verklagte schon öfter Verkäufer

Dass der Schnäppchenjäger zuvor bereits des Öfteren Verkäufer verklagt hatte, macht sein Gebot nicht ungültig – schließlich hatte er in echter Kaufabsicht weiter mitgeboten, als der Verkäufer den Preis hochtrieb. Anders sehen die BGH-Richter einen zweiten Fall, in dem ebenfalls ein Bieter geklagt hatte.

Ein eBay-Verkäufer hatte auf der Plattform sein gebrauchtes Motorrad zum Kauf angeboten, der Kläger hatte einen Euro geboten. Der Verkäufer hatte sich jedoch in der Beschreibung der Ware geirrt, stoppte die Auktion und stellte das Motorrad erneut ein. Der Kläger klagte daraufhin auf die Differenz zwischen dem Marktwert des Motorrades von 4900 Euro und seinem Gebot von einem Euro.

Zweifel an der Seriösität des Käufers

In der Vorinstanz hatte das Landgericht Görlitz bereits gegen die Klage des Bieters entschieden. Die Richter meldeten Zweifel an der Seriosität des Käufers an: Der Bieter hatte bereits in einem anderen Fall Schadenersatz erstreiten wollen.

Der BGH kam in dem Fall zu dem Ergebnis, dass die Berufungsklage des Bieters aufgrund eines Rechtsfehlers abzuweisen ist. Die BGH-Richter nahmen in einem Nebensatz ihrer Urteilsbegründung jedoch auch zur Sache Stellung: Sie stellten in einem sogenannten Orbiter-dictum-Spruch fest, dass die Vorinstanzen angesichts der vorliegenden Indizien ohne Rechtsfehler geurteilt haben, gaben also den Richtern aus Görlitz auch in der Sache recht: Sein Gebot berechtigte den Abbruchjäger nicht dazu, den Wert des Motorrads abzüglich eines Euro als Schadenersatz zu bekommen.

Immer neue eBay-Fälle tauchen auf

„Das bedeutet, dass der Bundesgerichtshof Verträge, die Abbruchjäger schließen, als rechtsmissbräuchlich einstuft“, erklärt Anwalt Solmecke. Aktuell würden sich zwei- bis dreimal pro Woche Mandanten mit neuen eBay-Fällen bei ihm melden, bei denen der Verdacht auf Abbruchjäger-Treiben vorliegt. „In der Praxis bleibt das Problem, dass Abbruchjäger häufig durch verschiedene E-Mail-Accounts ihre Identität verschleiern und über mehrere Ebay-Accounts auf die Produkte bieten.“

Die beiden so unterschiedlichen BGH-Entscheidungen zeigen jedoch, wie schwierig die Unterscheidung in der Praxis ist. Im Zweifelsfalle muss der Verkäufer nachweisen, dass er Opfer eines Abbruchjägers geworden ist – und er sollte auf keinen Fall versuchen, selbst die Auktion zu manipulieren.

„Ich hatte mir erhofft, dass der BGH erklärt, wann genau aus seiner Sicht ein Gebot von einem Abbruchjäger kommt“, kommentiert Solmecke. „Leider erklärt der BGH die Grenzen zwischen normalen Schnäppchenjägern und Abbruchjägern nicht.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.

Bild: Ebay Presse