[title]Square als Wegbereiter für europäische Klone[/title]Square, iZettle, Payleven, Streetpay, Paypal here, Groupon, SumUp, Secupay, PayIntele, Dwolla – die Liste von Mobile-Payment-Anbietern jedweder Geschmacksrichtung ließe sich noch eine Weile fortsetzen. Und doch: Im Wesentlichen handelt es sich bei vielen lediglich um Klone des Kreditkarten-Scanners Square. Um den Zahlungsmarkt wirklich zu revolutionieren, wird es zukünftig aber mutigere Ansätze brauchen.

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Square als Wegbereiter für europäische Klone

In den vergangenen Monaten sind sie wie Pilze aus dem Boden geschossen: Mobile-Payment-Anbieter, die sich den weiterhin anhaltenden Trend zum Onlinegeschäft zunutze machen wollen – und immer mehr auch in die mobile Domäne vorstoßen. In aller Munde ist Mobile Payment spätestens seit den ersten Erfolgen des US-Startups Square (www.squareup.com) von Twitter-Gründer Jack Dorsey. Benannt nach dem quadratischen Kartenlesegerät, das als Aufsatz für Smartphones das Herzstück der Plattform fungiert, ermöglicht Square den einfachen und ortsunabhängigen Geldtransfer – und öffnet damit vielen kleineren Händlern, Bars oder Cafés das bargeldlose Bezahlen.

Das Ganze passiert durch den sogenannten Swipe: Die Kreditkarte wird durch das Lesegerät gezogen. Square bietet den Händlern in Form der Square-Register-iPad-App neben dem reinen Zahlungsangebot einen detaillierten Überblick über die Umsätze – aufgegliedert nach Tageszeit, Wochentag sowie Verkäufer. Unlängst wurde zudem das ebenfalls enthaltene Lagerbestand-Management um Kategorien erweitert.

Von Paypal bis Groupon – große Konkurrenz im Markt

Wie erfolgreich das Startup damit ist – und wie stark der Mobile-Payment-Markt wächst –, lässt sich an den gerade erst veröffentlichten Zahlen verdeutlichen: Das monatliche Volumen auf der Plattform hat sich von 90 Millionen US-Dollar im Mai 2011 auf 416 Millionen US-Dollar im April des laufenden Jahres erhöht. Allein in den letzten Monaten sei man um 25 Prozent gewachsen. Das jährlich über die Plattform laufende Volumen liege derzeit bei sechs Milliarden US-Dollar, die Akzeptanzstellen beziehungsweise die Zahl der akzeptierenden Nutzer hätten sich in den vergangenen zwei Monaten auf zwei Millionen verdoppelt.

Square, das noch auf der Suche nach weiteren 250 Millionen an neuen Mitteln ist, strebt dem Vernehmen nach gegenüber den Kapitalgebern eine Bewertung von vier Milliarden US-Dollar an – selbst mit realistischeren drei Milliarden US-Dollar wäre das Unternehmen bereits ein echtes Schwergewicht.

Das Modell des Kartenlesers am Smartphone hat bereits eine Ganze Reihe an Nachahmern auf den Plan gerufen. Auch wenn etwa bei Paypal here (www.paypal.com) statt eines weißen Quadrats ein blaues Dreieck zum Einsatz kommt, braucht es keine überirdischen Fähigkeiten zu erkennen, dass es sich im Wesentlichen um einen Square-Nachbau handelt. Wettbewerb kommt auch aus anderen Richtungen: Die Schnäppchenschleuder Groupon soll ebenfalls die Lancierung eines Kartenlesegerätes planen, über das Händler zu günstigen Konditionen Zahlungen ihrer Kunden entgegennehmen können.

Mobile-Payment-Anbieter & Co. im Überblick

Vollständig abgrenzen lässt sich der Mobile-Payment-Markt nicht, da etwa mit einer Implementierung von NFC-Chips (near field communication) etwa auf Maestro-Karten auch die traditionellen Bezahlsysteme in dem Segment bald mitmischen könnten. Hier dennoch eine knappe Übersicht der Anbieter beziehungsweise ihres Mobile-Payment-Models:

iZettle: Vorsprung in Europa nutzen

Dass das Thema Mobile Payment auch diesseits des Atlantiks immer wichtiger wird, macht auch das Investoreninteresse an den Anbietern deutlich. Stattliche 25 Millionen Euro an frischem Kapital hat der schwedische Square-Konkurrent iZettle (www.izettle.com) gerade einholen können. Mit dem Geld soll die Expansion in die größten europäischen Kartenmärkte vorangetrieben werden. Hier kann das Unternehmen nicht zuletzt deshalb Potenzial sehen, weil das US-Vorbild Square diese bislang weitestgehend ignoriert hat. Sollte Square schließlich eine Internationalisierung planen, könnte das Dorsey-Startup mit entsprechender Kapitalisierung iZettle bald einholen.

In Europa hat iZettle derzeit noch das Heft in der Hand. Der kostenlose Cardreader für das iPhone ist bereits in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland kostenlos bestell- und einsetzbar. Rund 50.000 Anwender machten nach Angaben des Unternehmens bisher von dieser Möglichkeit Gebrauch. Damit gibt sich iZettle nicht zufrieden. So laufe derzeit bereits ein Test mit 3.000 Anwendern in Großbritannien, gerade erst hat das Unternehmen zudem eine Entwicklerschnittstelle angekündigt. Das US-Pendant Square verfügt derzeit nicht über eine solche.

Haben Banken und Kreditkartenanbieter bisher beim Thema allein durch Abwesenheit geglänzt, fördert ein Blick auf die Investoren der beiden Platzhirsche Interessantes zu Tage: Während sich der schwedische Bankkonzern SEB und Mastercard mittlerweile am europäischen Anbieter beteiligt haben, hatte der Kartenanbieter Visa bereits im vergangenen Jahr Square seine Aufmerksamkeit in Form von Kapital zukommen lassen. Steht hier also ein intensiver internationaler Wettbewerb bevor? Man darf in jedem Fall auf die Entwicklung in den kommenden Monaten gespannt sein, derzeit zumindest zeigen sich beide Plattformen noch Kartenanbieter-neutral.

Für Letztere wäre ein generelles Marktwachstum sicherlich schon deshalb erfreulich, weil sie an den Transaktionsumsätzen prozentual beteiligt sind – und sich hier schon in der Vergangenheit nicht auf einen Preiskampf eingelassen haben. Eine Lösung, die ohne die beiden Gesellschaften als Mittler funktionieren kann, wäre insbesondere für die Zahlungsempfänger attraktiv.

Deutschland, der (noch) unbearbeitete Markt

Nach Deutschland hat es bisher noch keiner der großen Mobile-Payment-Anbieter geschafft. Derweil arbeiten hierzulande eine ganze Reihe von Startups emsig an Projekten, die sich zumeist am US-Vorbild Square orientieren. Payleven (www.payleven.de), das zunächst unter dem Namen Zenpay ins Interesse des geneigten Beobachters gelangt war, sticht hier schon dadurch hervor, dass es sich um ein Projekt aus dem Hause Rocket Internet (www.rocket-internet.de), also der umtriebigen Samwer-Brüder handelt. Dem Vernehmen nach soll es sich dabei – typisch für die Startup-Schmiede – um einen direkten Square-Klon handeln. Derzeit befindet sich das Projekt allerdings in der Entstehung, ein offizieller Marktstart ist noch nicht absehbar. (Update: Angeblich soll Payleven sich einen zweistelligen Millionenbetrag gesichert haben.)

Unter dem Namen Streetpay (www.streetpay.com) steht der britische Anbieter Masterpayment hierzulande in den Startlöchern. Derzeit befindet sich die Plattform bereits in der offenen Beta. Das Unternehmen sieht großes Potenzial für den hiesigen Markt: Auf mindestens fünf Millionen Kleingewerbetreibende, die keine Kreditkartenzahlungen akzeptieren können, hat man es abgesehen. Für den Kartenleser verlangt Streetpay eine Schutzgebühr von 15 Euro, die mit den Transkationsgebühren verrechnet wird. Für den Transaktionsservice fällt für den Händler eine Gebühr von 2,75 Prozent der gezahlten Einkaufssumme an. Jeder Transaktionsvorgang wird zudem mit 0,25 Euro berechnet.

SumUp: Mit irischer Lizenz kurz vor dem Start?

Wie auch die Rocket-Tochter Payleven in Berlin beheimatet, steht mit SumUp (www.sumup.de) ein weiterer Mobile-Payment-Anbieter in den Startlöchern, derzeit läuft eine geschlossene Betaphase. Dem Selbstverständnis des Jungunternehmens zufolge, das sich auf „mobile Payments“ fokussieren will, dürfte es sich um einen weiteren Square-Klon handeln: Dem Vernehmen nach wird ebenfalls ein Smartphone-Dongle notwendig sein – wie beim US-Vorbild soll dann von Straßenverkäufern über Flohmarkthändler bis zu kleinen Ladenbesitzern jeder Zahlungen per Plastikkarten abwickeln können.

Wie auch bei den anderen Mobile-Payment-Anbietern steht bei SumUp die Frage nach der notwendigen Lizenz der Aufsichtsbehörden im Vordergrund. Das junge Unternehmen hat sich – dank EU möglich – mit einer irischen Lizenz versorgt. Offenbar ist das Genehmigungsverfahren dort weniger aufwändig als es hierzulande die mitunter träge Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verlangt. Was bei den Berlinern noch fehlt, ist die Finanzierung – zwar sucht das Team, dem auch Moneybookers-Gründer Daniel Klein sowie Stefan Jeschonnek und Marc-Alexander Christ angehören, angeblich bei VCs nach Kapital in zweistelliger Millionenhöhe. Konkrete Erfolge wurden aber noch nicht vermeldet.

Ben Milnes Dwolla will ohne Karten auskommen

Beim Gros der derzeitigen (mobilen) Payment-Modelle ergibt sich trotz aller Innovation ein finanzieller Flaschenhals: Die als Mittler auftretenden Kartenfirmen wollen an jedem Bezahlvorgang mitverdienen und fordern zum Teil heftige Gebühren ein. Dwolla (www.dwolla.com) versucht hier einen anderen Ansatz: Bei dem Modell des US-amerikanischen Anbieters fließt das Geld direkt von der Bank des Senders zu der des Empfängers. Voraussetzung dafür ist neben der Mitgliedschaft bei der Payment-Plattform die Freigabe automatischer Abbuchungen vom persönlichen Bankkonto.

Weil Dwolla statt der bei Kartenzahlungen üblichen prozentualen Beteiligung am Umsatz lediglich einen Pauschalbetrag von einem Viertel US-Dollar verlangt und Zahlungen unter zehn US-Dollar kostenfrei sind, sinken die Gebühren je nach Zahlungsbetrag mitunter erheblich – Paypal und Kreditkartenunternehmen verlangen demgegenüber rund 30 US-Cent plus einen Anteil von 1,9 Prozent bis 2,9 Prozent an der Transaktionssumme.

Nach eigenen Angaben wechseln über Dwolla derzeit zwischen 30 und 50 Millionen US-Dollar monatlich den Besitzer. Gefördert wird der Kundenzuspruch neben einem Schwerpunkt auf dem Wachstumsmarkt mobiler Zahlungen nicht zuletzt durch eine enge Verknüpfung mit sozialen Netzwerken und die dadurch erreichte Viralität. Auch die finanzielle Unterstützung durch Ashton Kutchers A-Grade, die vor wenigen Wochen bekannt gegeben wurde, dürfte der Bekanntheit kaum geschadet haben. Und für den geplanten internationalen Ausbau sollten nun die notwendigen Mittel bereit stehen.

Payintele: mit QR-Codes und ohne Hardware-Dongle

Demgegenüber basiert Payintele, das sich derzeit noch in den USA in der Entwicklung befindet, auf QR-Codes: Der Käufer scannt den Code des Anbieters und die Transaktion wird in die Wege geleitet. Anders als bei Square soll auf diese Weise das zusätzliche Dongle entfallen. Die Mobile-Payment-Plattform werde für Zahlungen auf Facebook sowie zwischen Einzelpersonen (peer-to-peer) verfügbar sein und auch die Möglichkeit bieten, Geld zu „teilen“ – das Ende also des Taschengelds für Kinder.

Zwar steckt Payintele derzeit selbst noch in den Kinderschuhen, es besteht bislang nur eine erste „Freunde und Familie“-Finanzierung. Ob das Konzept also jemals in der Breite verfügbar sein wird, ist noch offen. Allerdings hat das Unternehmen bereits vom Staat New York eine Lizenz für den Geldtransfer erhalten, womit zumindest der Marktstart in den USA nicht in weiter Ferne liegen dürfte. Bis dahin muss das Unternehmen noch an einigen Schwachstellen arbeiten. Dem Vernehmen nach gibt es derzeit noch Probleme mit dem verlässlichen Scannen der QR-Codes.

Group Payments: Bezahlen wird sozial

Einen etwas anderen Markt haben sich Friendfund (www.friendfund.com), Leetchi, Pockets United (www.pocketsunited.com), BuddyBeers (www.buddybeers.com) oder Bonayou (www.bonayou.com) auserkoren: das Bezahlen in der Gruppe. Zwar verfolgen nicht alle der genannten Startups identische Konzepte – diese reichen von virtuellen Geldpools bis hin zu Prepaid-Mastercards. Allerdings haben sie neben dem Gruppenfokus den Geldtransfer als Ziel. Oft gewählter Ansatzpunkt ist das Gruppengeschenk: Leetchi, das gerade dieser Tage den offiziellen Deutschland-Start bekanntgeben will, und Bonayou sind bekannte Beispiele für diesen Ansatz.

Eher den Business-Bereich bearbeiten will demgegenüber das US-Unternehmen Wepay, während sich Iou aus der Schweiz selbst als perfektes Tool für Gruppenurlaube versteht. Auch der Platzhirsch PayPal hatte in seiner Mobile-App das Thema unter dem Motto “Betrag teilen” aufgenommen und sich damit wieder zu den eigenen Wurzeln bewegt. Dann wurde diese Funktion aber wieder deaktiviert.

Auch Nischenbereiche bereits entdeckt

Plattformen wie Orderbird (www.orderbird.com) und vormals als Orderpass firmierende Ordify (www.ordify.net) verstehen sich demgegenüber als Gastronomie-Kassensysteme. Sie treten weniger mit Square & Co in Konkurrenz, als dass sie sie komplementieren. Gleichwohl wären auch hier – bei entsprechendem Markterfolg – weitergehende Schritte denkbar, die es zumindest auf einen kleinen Teil des Marktes für mobile Zahlungen abgesehen haben. Gegenüber den Generalisten dürfte es sich hier allerdings um reine Nischenmärkte handeln, da nicht nur die modernen Payment-Anbieter in dieses Segment eindringen könnten, sondern auch die bekannten Bezahlsysteme wie Maestro oder V-Pay und – vergleichsweise unbedeutend – die Geldkarte aufwarten.

Insbesondere um Kreative im Web zu unterstützen hat sich Flattr (www.flattr.com) aufgestellt: Über die Plattform können kleine Beträge etwa als Spenden direkt an Künstler übermittelt werden. Leider lässt sich an dem wie iZettle in Schweden beheimateten Startup auch recht deutlich aufzeigen, wie umkämpft der Geldtransfer-Markt derzeit ist: Apple hat alle Applikationen, die über die Mikrozahlungs-Plattform Geldtransfers ermöglichten, aus dem eigenen Store verbannt. Der iPhone-Hersteller lässt Geldtransfers nur über die eigene Infrastruktur zu – und kassiert für deren Betrieb 30 Prozent der Umsätze.

Auf Vielseitigkeit und Kosteneffizienz kommt es an

Auch wie sich ergänzende Dienstleistungen im Payment-Geschäft umsetzen lassen, macht vielen anderen der Anbieter Square derzeit vor: Gerade erst wurde ein Treueprogramm samt virtueller Rabatt-Karte innerhalb der Smartphone-App angekündigt. Auf deren Basis können Händler Vergünstigungen gewähren oder kostenlose „Goodies“ anbieten. Auf der Käuferseite erlaubt die Square-App die lokale Suche nach Geschäften, die die Bezahlung mit Square akzeptieren.

So vielversprechend Square & Co allerdings sein mögen, letztendlich stellen die Plattformen nicht viel mehr als mobile Kartenterminals dar. Um den Zahlungsmarkt wirklich zu revolutionieren, wird es aber mutigere Ansätze brauchen – Dwolla ist hier sicherlich ein vielversprechender Anfang. Solange die Kartenfirmen ein Teil der Gleichung sind, werden die Gebühren insbesondere bei kleineren Zahlungen auf absehbare Zeit sonst die digitale Zahlung unattraktiv machen.