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Am Montagmorgen um 10.05 Uhr werden in London zwei Männer die Bühne der Startup-Konferenz TechCrunch Disrupt betreten, die für den gebeutelten Autobauer Volkswagen in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen werden: Ole Harms, Leiter des Geschäftsbereichs New Business & Mobility Services, und Shahar Waiser, Gründer des israelischen Uber-Konkurrenten Gett, in den VW im Sommer 300 Millionen Dollar investiert hat. Ihr Thema laut Konferenz-Agenda: „The Future of Transportation“.

Nach Informationen von NGIN Mobility und Gründerszene werden sie die Bühne aber vor allem auch nutzen, um eine große Neuigkeit zu verkünden: VW ergänzt sein Portfolio (neben Volkswagen gehören dazu Audi, Seat, Porsche oder MAN) um eine 13. Marke. Moia soll das neue Label heißen, wie aus Konzernkreisen zu hören ist. Unter der Dachmarke werden alle neuen Mobilitätsdienste zusammengefasst: von Carsharing über die Vermittlung von Fahrdiensten bis hin zu autonom fahrenden Shuttle-Flotten.

Moia wird seinen Hauptsitz in Berlin haben und von Ole Harms geleitet werden. Der ehemalige Unternehmensberater ist bei VW schon seit 2014 als Executive Director für das Geschäftsfeld New Business & Mobility Services verantwortlich.

Die neue Marke, so heißt es, soll zunächst nur in Deutschland starten – die baldige Internationalisierung sei aber fest angedacht. Bis 2025 will VW Moia zum Marktführer bei städtischen Mobilitätsdienstleistungen in Europa machen. Bei VW rechnet man offenbar damit, in den nächsten Jahren dreistellige Millionenumsätze mit der neuen Plattform zu generieren.

Update vom 06.12.2016: Volkswagen hat gegenüber Gründerszene bestätigt, dass der Ridehailing-Dienst Gett in der ersten Jahreshälfte 2017 in Deutschland starten soll. Für weitere Partnerschaften mit Mobilitäts-Startups werde Volkswagen seiner Tochter Moia in den nächsten Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag als Investmentsumme bereit stellen. Welche Partnerschaften Moia bisher neben Gett pflegt, wollte das Unternehmen nicht bekannt geben. Man befinde sich aber in Gesprächen mit potenziellen Partnern und verfolge eine „klare Buy-and-Build-Strategie“, so ein Unternehmenssprecher von Volkswagen.

Auf Nachfrage wollte ein Volkswagen-Sprecher am Freitag den Namen Moia nicht bestätigen. Richtig sei aber, dass die neue Marke am Montag offiziell präsentiert werden würde. Bis dahin versucht Volkswagen, den Launch noch so gut es geht geheimzuhalten. Spuren sind dennoch im Netz zu finden. So lassen sich die Domains Moia.de und Moia.io auf den Heilbronner Internetdienst Indeca zurückverfolgen, der seit über 20 Jahren für VW Domains und Marken im Web registriert. Und: Eine Suche im deutschen Patent- und Markenregister zeigt, dass Volkswagen die Wortmarke Moia bereits Ende September 2016 angemeldet hat.

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Dass VW in Berlin ein eigenständiges Unternehmen zur Bündelung verschiedener Mobilitätsdienstleistungen aufbaut, hatte der künftige Moia-CEO Harms bereits im Sommer angekündigt. Die Hauptstadt sei wegen der Nähe zur Startup-Szene ideal als „Test- und Erlebnisumfeld für Mobilitätskonzepte im urbanen Raum“ geeignet, so Harms. Nun gehe es darum, „skalierbare Lösungen zügig auf den Markt zu bringen“.

In den vergangenen Jahren hatten Mobilitätsdienste bei VW eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Erst in Folge des Abgasskandal 2015 leitete der neue Konzernchef Matthias Müller einen Strategiewechsel ein, mit dem VW vom reinen Autobauer zum Mobilitätsdiensleister werden sollte. „Künftig wird längst nicht mehr jeder ein eigenes Auto besitzen“, gestand Müller im Oktober ein. „Aber jeder kann auf die eine oder andere Art Kunde von Volkswagen sein.“

Erster Baustein der neuen Strategie war Mitte dieses Jahres der Einstieg beim israelischen Ridehailing-Startup Gett. Über die App lassen sich Taxis zum Festpreis buchen. Außerdem agiert das Startup innerhalb von Städten als Logistikdienstleister für Unternehmen. Das 2010 von Shahar Waiser und Roi More in Tel Aviv gegründete Startup ist vor allem in London und New York beliebt. Insgesamt beschäftigt Gett an vier Standorten etwa 700 Mitarbeiter. Bisher ist der Dienst in Deutschland nicht verfügbar.

Als Grund führte Waiser im Juni gegenüber Gründerszene an, dass Gett von Stadt zu Stadt plane und global mit Bedacht expandieren wolle. „Das ist nicht immer so einfach, da überall andere behördliche Regulierungen herrschen“, so Waiser. „Uns ist wichtig, dass nur lizensierte Taxis bei Gett aufgenommen werden.“

Nach Informationen von NGIN Mobility und Gründerszene will VW den Dienst nun auch auf dem deutschen Mark etablieren. Mit welchen konkreten Angeboten und an welchen Standorten das passieren soll, ist aber noch nicht bekannt.

Mitarbeit: Alex Hofmann, Niklas Wirminghaus; Bild: Getty Images / JOHN MACDOUGALL / Staff; Der Artikel erschien zuerst am 02.12.2016 und wurde um weitere Informationen ergänzt.