Florian Schneider Nerdalize
Florian Schneider Nerdalize Florian Schneider arbeitet an der kostenlosen Server-Heizung

Eigentlich keine schöne Sache, wenn der Computer zu heiß wird. Normalerweise. Denn wenn es nach Florian Schneider, dem Gründer des Startups Nerdalize, geht, könnten wir bald auf Heizungen verzichten und nur noch mit Rechnern heizen. Und zwar kostenlos. Die Kosten tragen etwa Universitäten. Sie betreiben über den Computer in der eigenen Wohnung beispielsweise Genom-Forschung.

Nerdalize bietet seine ungewöhnliche Heizung aber vorerst nur in den Niederlanden an. Denn für sie wird ein leistungsstarker Breitbandanschluss benötigt, bevorzugt Glasfaser. Und hier hinkt Deutschland seinem Nachbarn noch deutlich hinterher. Ein ähnliches Produkt für Deutschland bietet das Startup Cloud & Heat, ehemals AoTerra.

Schneider ist Deutscher und gründete Nerdalize 2013 in den Niederlanden, gemeinsam mit Boaz Leupe und Mathijs de Meijer. Das Startup schloss 2013 eine Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Symbid ab. Weitere Investoren gaben daraufhin Geld. Seit Ende 2014 ist Eneco, einer der größten Energielieferanten in den Niederlanden, als Investor an Bord. Vor seiner Startup-Zeit war Florian Schneider unter anderem Teil des Organisationskommitees für die Olympischen Spiele in London.

Im Interview mit Gründerszene erzählt er von seinem Plan, Nerdalize in die Haushalte zu bringen.

Herr Schneider, wie kamen Sie dazu, aus einem PC eine Heizung zu bauen?

Die ursprüngliche Idee stammt von meinen beiden Mitgründern. Wir haben die vage Idee dann Stück für Stück zum Konzept mit Geschäftsmodell ausgearbeitet – hauptsächlich abends mit einer Flasche Wein oder an den Wochenenden. Mit jedem genommenen Schritt sind wir weiter in Richtung Firmengründung gerutscht, ohne, dass es der ursprüngliche Plan gewesen wäre. Wir haben uns dann entschieden, nicht nach Jobs zu suchen, sondern Investoren für unser Konzept zu finden.

Ist Ihr Rechner ein vollwertiger Ersatz zu einer klassischen Heizung?

Im Moment ist es vor allem ein Zusatz zur bestehenden Heizung. Allerdings mit dem Unterschied das Heizen mit Nerdalize gratis ist. Das heißt, Bewohner können etwa 300 Euro im Jahr sparen.

Wie effizient ist Ihr Gerät?

Bei Servern und Computern ist es so, dass alle Energie, die von den Chips oder anderen Recheneinheiten gebraucht wird, in Wärme umgesetzt wird – mit einer Effizienz von mehr als 99,9 Prozent. Gleichzeitig muss nicht wie in einem Rechenzentrum aktiv gekühlt werden, was im Vergleich etwa 40 bis 50 Prozent des Energieverbrauchs einspart.

Aber was passiert in den Monaten, wo nicht geheizt wird?

In den Sommermonaten können wir sehr effizient die Hitze der Server nach außen ableiten und so dafür sorgen, dass unsere Kunden wie gewohnt Rechenleistung abrufen können, das Wohnzimmer aber nicht geheizt wird.

Video: So funktioniert die Nerdalize-Heizung

Welche Haushalte kommen für ihr System überhaupt in Frage?

Im Moment läuft unser Pilot mit dem Energielieferanten Eneco in den Niederlanden. Dabei handelt es sich vor allem um Einfamilienhäuser. Wichtig ist, dass diese Häuser die Möglichkeit haben, Internet über Glasfaser zu beziehen. Dieses Jahr installieren wir weitere Systeme in den Niederlanden in ausgewählten Haushalten und darauf folgt dann die breitere Verfügbarkeit, zunächst in den Niederlanden.

Wofür können die aufgestellten Rechner verwendet werden?

Einer unserer Kunden ist das Leiden University Medical Center. Dieses nutzt die Rechenleistung für Protein Folding in der Genom-Forschung. Ein anderer Kunde nutzt die Rechenleistung, um die Effizienz von Solar Panels je nach Dach, Haus, Gegend und Stadt zu berechnen. Wieder andere berechnen zum Beispiel den Fluss von Gewässern oder erstellen Videos.

Der Hausbewohner selbst kann den Rechner also nicht für sich nutzen?

Nein, das ist nicht möglich.

Die Heizleistung und der Strom sind kostenlos. Aber wer zahlt für die Datenübertragung?

Das zahlen die Kunden, die bei uns Rechenleistung abnehmen, also etwa die Unis. Außerdem haben wir Absprachen mit Internetanbietern, die die Kosten regeln. Auf den Nutzer der so erzeugten Wärme kommen also keine zusätzlichen Kosten zu.

Rechner werden immer energieeffizienter. Wird nicht auch die Abwärme dadurch geringer und damit Ihr Geschäftsmodell hinfällig?

Was man seit langer Zeit im Markt sieht, ist, dass Computer immer effizienter werden. Aber auch die Frage nach mehr und vor allem günstigerer Rechenkraft wird weiterhin steigen. Das führt dazu, dass sobald Chips effizienter werden und dadurch auch weniger Hitze pro Fläche produziert wird, direkt mehr Chips auf dieselbe Oberfläche verbaut werden. Das heißt, dass wir in der Zukunft mit demselben Energieverbrauch noch mehr Rechenleistung abrufen können.

Bild: Nerdalize