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Maria Luciano* fragt sich, wo ihre 4.000 Euro geblieben sind. Vor sieben Wochen zahlte sie nach eigener Aussage eine Kaution an Nestpick von Rocket Internet. Das Startup bringt auf seiner Webseite Mieter und Vermieter zusammen. Lucianos Geld sollte Nestpick eigentlich an den Vermieter einer Wohnung überweisen, die Luciano über die Plattform gebucht hatte. Doch das Geld sei nie angekommen, berichtet die Kundin.

Mittlerweile habe sie dem Startup zwei Mahnungen geschickt, sagt Luciano gegenüber Gründerszene. Nun bereite sie weitere rechtliche Schritte vor: „Es gibt keine andere Option.“ Von dem Unternehmen selbst erhalte sie auf ihre zahlreichen Anfragen keine Rückmeldung, sagt sie. Lediglich nach der zweiten Mahnung sei eine kurze Mail von einer Mitarbeiterin gekommen, die helfen wollte. Das sei vor drei Wochen gewesen, danach sei nichts mehr geschehen.

Luciano ist mit diesem Problem nicht allein. Ein Blick auf die Facebook-Seite des Startups offenbart das Ausmaß der Probleme. Zahlreiche enttäuschte Kunden geben in den Kommentaren an, ihre Kautionen seien nie bei den Vermietern angekommen. Auf die ersten Einträge im Mai reagierte Nestpick noch, aktuellere Kommentare werden ignoriert.

Auch Vermieter, die über Nestpick Wohnungen anbieten, nehmen nun von dem Startup Abstand. Einer sagt gegenüber Gründerszene, dass er seit knapp einem Monat auf drei Kautionen warte – jede in Höhe von etwa 1.000 bis 1.500 Euro. Wenn er jetzt neue Buchungsanfragen über die Plattform erhalte, versuche er, die Mieter außerhalb von Nestpick zu kontaktieren. Das gelinge nicht immer, doch das nehme er in Kauf – auf die Plattform wolle er sich nicht mehr verlassen. „Schade, denn über Nestpick gibt es viele Anfragen“, sagt er.

„Schöne, einfache und verlässliche Miet-Erfahrung“

Steckt das Startup in Geldproblemen? Oder herrscht operatives Chaos? Warum Nestpick nicht zahlt, ist unklar: Interims-CEO Fabio Tran meldete sich auf Anfrage von Gründerszene bisher nicht. Von einem Nestpick-Mitarbeiter hieß es in einer kurzen Nachricht an Gründerszene lediglich, man entschuldige sich für Verzögerungen und verbessere das Bezahlungssystem ständig.

Rocket Internet kommentiert die Probleme bei Nestpick auf Nachfrage nicht. Bei Rockets zweitem Wohnungsstartup im Portfolio – Wimdu – gab es zuletzt ebenfalls schlechte Nachrichten. Der mit 90 Millionen US-Dollar finanzierte Airbnb-Klon restrukturiert sich und hat dabei nach eigenen Angaben auch Personal eingespart.

Auch in Nestpick floss einst viel Geld. Investoren wie Rocket, Mangrove und Target Global beteiligten sich mit insgesamt 13 Millionen US-Dollar an der Firma. Doch in den vergangenen Monaten ist es um den Wohnungsvermittler ruhig geworden. Im Mai kündigte Nestpick in seinem bisher letzten Facebook-Post an, man wolle „ernsthafte Fortschritte“ dabei machen, eine „schöne, einfache und verlässliche Miet-Erfahrung“ zu kreieren. Dafür habe man die Büros wechseln und große Veränderungen am Team vornehmen müssen, was vorerst zu einem langsameren Kundenservice führe.

Es herrscht bereits seit langem Chaos

Der neue Interims-Geschäftsführer Fabio Tran soll das Startup eigentlich seit etwa drei Monaten zurück auf den richtigen Weg bringen. Bereits vor Trans Einsatz ging es bei Nestpick chaotisch zu: Ende Mai schieden der Gründer Fabian Dudek und COO Patricia Moubarak unrühmlich aus dem Geschäft aus. Bei Nestpick hatte es massive Einschnitte und Probleme gegeben: Zahlreiche Mitarbeiter mussten das Startup verlassen, das Angebot wurde von 35 Märkten auf zwei gekürzt.

Heute funktioniert die Webseite nur bedingt. Einige Links führen ins Leere, das Impressum ist veraltet. Das mussten auch der Vermieter, der Gründerszene kontaktierte, und Maria Luciano merken: Sie suchten vor Ort nach einem Ansprechpartner und fanden nur leere Büroräume in Berlin-Mitte vor.

Per Telefon sei das Unternehmen nicht erreichbar, sagen beide. Nur ein Anrufbeantworter melde sich. Luciano sagt frustriert: „Das Einzige, was sich verändert hat, ist, dass es in der Warteschleife jetzt Musik gibt. Nach fünf Minuten kommt eine Stimme, die bittet, dass man seine Telefonnummer hinterlässt. Das habe ich mehrfach getan, aber nichts ist passiert.“

Auf seiner Webseite empfiehlt Nestpick, Kunden sollten sich mit ihren Anliegen an das „Happiness Team“ wenden. Dabei wünschen sich diese Kunden sicherlich nur noch das, womit Nestpick bei Facebook wirbt: „No Bullshit“.

Kontakt zur Autorin: christina[at]gruenderszene.de.

Bild: Gettyimages/JOHN MACDOUGALL , *Name geändert