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Facebooks Tochterfirma Oculus hat in den USA mit dem Vorverkauf der Rift begonnen, der ersten Virtual-Reality-Brille für den PC. Um Punkt 17 Uhr öffnete der Online-Store und brach prompt unter dem Ansturm der potenziellen Käufer zusammen. Das Interesse an der Rift ist riesig, speziell PC-Gamer warten seit Jahren sehnsüchtig auf die einst per Kickstarter-Kampagne gestartete Oculus Rift.

Oculus gab am Mittwoch erstmals den Preis der Brille bekannt: Sie kostet in den USA 599 Dollar plus Versandkosten und Steuern. Das ist mehr als erwartet. Noch 2014 waren Analysten von etwa 400 Euro ausgegangen. Aber trotz des nun höheren Preises war die erste Charge der Brille schnell ausverkauft – wer nun bestellt, muss mindestens bis Mai auf die Lieferung warten. Ein europäischer Preis steht noch nicht fest.

Pünktlich zum Vorverkaufsstart hatte Oculus-Gründer Palmer Luckey am Dienstag noch eine gute Nachricht an die Kickstarter-Unterstützer geschickt, die bereits zum Start im Jahr 2012 an ihn geglaubt hatten und ihm die Gründung per Crowdfunding vorfinanzierten: Sie bekommen nun eine Brille geschenkt.

Beeindruckende Effekte

In ersten Tests begeistert die VR-Brille – insbesondere PC-Spiele bekommen eine völlig neue Dimension, denn der Spieler empfindet sich dank der Brille nun komplett in einer virtuellen Welt. Der Effekt ist atemberaubend: Nie zuvor konnte die Realität in virtuellen Welten völlig ausgeblendet werden.

Eine komplexe Optik mit zwei HD-Bildschirmen sorgt dafür, dass das Blickfeld des Spielers sehr weit und fast randlos ist. Die Brille verfolgt die Kopfposition des Spielers nahtlos und verzögerungsfrei mit einer Infrarot-Kamera und Beschleunigungssensoren. Dank der Technik kann sich der Nutzer in der virtuellen Welt komplett umsehen, selbst ein Blick über die Schulter bricht die Illusion nicht.

Die Welt konnte die Brille bereits ausführlich ausprobieren: Insbesondere Simulationen, in denen der Nutzer die Perspektive der Spielfigur einnimmt – also etwa Weltraumsimulationen oder First-Person-Shooter – liefern beeindruckende Effekte, die Illusion der VR-Welt gelingt fast perfekt. Wer die Oculus nun vorbestellt, bekommt die Weltraum-Simulation EVE-Valkyrie kostenlos mitgeliefert.

Im Test bekam das Spiel dank der VR-Brille eine völlig neue Dimension, da sich der Spieler im Cockpit des Raumjägers nach seinen Gegnern im Weltraum umdrehen und ihnen mit dem Blick folgen kann. Das Ergebnis ist ein ganz neues Situationsbewusstsein im All.

Doch Vorsicht: Nutzer mit empfindlichem Gleichgewichtssinn werden bei schnellen Simulationen wie EVE schnell seekrank, da die Bilder vor ihren Augen dem Empfinden ihres Innenohrs widersprechen. Es lohnt sich also, die Brille vor dem Kauf auszuprobieren.

Kaum ein PC ist leistungsfähig genug

Das könnte auch noch aus einem anderen Grund hilfreich sein: Der Haken der Brille ist ihr Leistungshunger. Bevor Spieler in völliger Begeisterung blind vorbestellen, sollten sie überprüfen, ob ihr Rechner überhaupt in der Lage ist, die VR-Welt darzustellen. Damit die Illusion funktioniert, muss die Grafikkarte 120 hoch aufgelöste HD-Bilder pro Sekunde im Wechsel an die beiden Bildschirme der Brille schicken – fällt die Bildrate darunter, bricht die Illusion.

Laut der Hightech-Analysten von Gartner haben nur ein Prozent aller PCs überhaupt die Grafikleistung, um derart schnelle Bildraten in HD zu rechnen. Diese Zahl jedoch dürfte zumindest in Spielerkreisen deutlich zu niedrig angesetzt sein: Die weltweit beliebteste PC-Spiele-Vertriebsplattform Steam prüft regelmäßig in einer automatischen Abfrage die Leistungsdaten der Rechner ihrer Nutzer ab.

2015 waren auf der Plattform 125 Millionen Spieler aktiv. Nach einer Analyse der Umfragedaten ergab sich, dass im Dezember knapp zehn Prozent der Steam-Kunden PCs haben, die leistungsfähig genug für VR waren. Die aktuell beliebteste Grafikkarte der Steam-Nutzer, die GTX970 von nVidia, wird von knapp fünf Prozent der Spieler genutzt– sie ist laut Auskunft von Oculus die Grafikkarte, die mindestens für VR nötig ist.

Besser vorher prüfen oder noch warten

Besser klappt die VR-Simulation mit einer GTX 980, GTX 980Ti oder gar der 1000-Euro-Karte Nvidia Titan, alternativ sind auch Karten des Konkurrenzherstellers ATI aus der R9-200-Serie leistungsfähig genug für VR. Entsprechende Grafikkarten kosten aktuell mindestens gut 300 Euro, zudem muss auch der Rest des Rechners entsprechend Power haben. Oculus hat am Mittwoch ein Tool veröffentlicht, mit dem PC-Spieler testen können, ob ihr Rechner leistungsfähig genug ist.

Eine aktuelle Intel 4-Kern-Cpu der Core i5-Serie und mindestens 8 Gigabyte Arbeitsspeicher stehen ebenfalls in der Anforderungsliste für VR. Damit dürfte die Gesamtinvestition für PC und Brille aktuell mindestens etwa 1600 Euro betragen – diese Summe dürfte für jugendliche Fans aktuell noch eine hohe Einstiegshürde darstellen. Die Preise dürften jedoch schnell fallen, wenn VR in den kommenden zwei Jahren Mainstream wird.

Dieser Artikel erschien zuerst in Die Welt.

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