Oliver Samwer auf der ersten Rocket-Hauptversammlung im vergangenen Jahr

Die vergangenen Wochen hätten für Oliver Samwer besser laufen können. Erst musste der Chef von Rocket Internet den Wert seiner Global Fashion Group massiv nach unten korrigieren, der Aktienkurs brach daraufhin ein, und es gibt auch noch Ärger im Aufsichtsrat. Samwer verteidigt sich nun in einem ausführlichen Interview. Die Unstimmigkeiten im Aufsichtsrat und den Rückzug der Vertreter des schwedischen Investors Kinnevik erklärt er folgendermaßen: Das Gremium führe ständig Gespräche über die Strategie. „Aus diesen Diskussionen auf einen Konflikt zu schließen, ist völlig unangemessen. Die Veränderungen im Aufsichtsrat geschehen nicht aus Gegnerschaft, sondern aus der Überzeugung“, sagte Samwer im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. „Jetzt stehen wir vor neuen Herausforderungen, und wir verändern die Mannschaftsaufstellung entsprechend.“

Immer noch fühlt sich der Rocket-Chef mit seinem Modell einer Unternehmensschmiede missverstanden. Die Analysten hätten nicht begriffen, dass Internetfirmen an die Börse gehen, wenn sie noch Verluste machen. So sei es ja bei Zalando auch gewesen. „Das ist eine neue Kultur, an die wir uns erst noch gewöhnen müssen“. Stattdessen würden die Börsenbeobachter nur „große Fabriken, dicke Gewinne“ an der Börse sehen.

Und so gibt sich Samwer bezüglich der Global Fashion Group – trotz geschrumpfter Bewertung – betont zuversichtlich. „Ich bin mir ganz sicher: Wir sitzen hier in zwei Jahren, und dann sehen wir eine Firma, die in einigen Ländern schon das lokale Zalando geworden ist und in anderen Ländern noch im Aufbau ist“, sagt Samwer. Der abgeschmierte Aktienkurs sei nur eine „neue Welle, die gegen das Boot schlägt“. Schon die starken Kursschwankungen würden zeigen, das irgendwas nicht stimmen könne. „Ich kann Ihnen eines sagen: Unsere Firma verändert sich in vier Monaten nicht um 50 Prozent“, so Samwer.

Eine Strategie wolle der Rocket-Chef deswegen nicht ändern, sondern höchstens besser kommunizieren – allerdings auch nur das große Ganze. Auf die Frage, was er gegen schlechte Nachrichten tue, antwortet Samwer: „Ich bin da drüber hinweg. Die kurzfristige Optimierung des Börsenkurses und der Kommunikation ist für mich kein Thema mehr.“ Auf längere Sicht wolle er die Strategie besser erklären. „In fünf oder zehn Jahren müssen wir besser verstanden werden“, sagte er. Das klingt nach Resignation.

Die Kommunikation sieht Samwer auch als großen Nachteil des Börsengangs: „Wenn man nebenbei noch arbeiten muss, dann wird’s schwierig. Bei anderen explodiert nicht jeden Tag irgendein Geschäft.“ Trotzdem sei der Börsengang notwendig gewesen, um sich dauerhaft Kapital für neue Firmen zu sichern, sagt Samwer.

Bedenken habe er manchmal schon, gibt Oliver Samwer zu. „Die Zweifel kommen oft morgens unter der Dusche. ‘Mann, klappt das auch alles?‘, denke ich mir dann“, sagt Samwer. Sein Rezept dagegen: „Ich dusche immer so lange, bis die Zweifel weg sind.“ Zumindest den Humor hat der Rocket-Chef noch nicht verloren.

Bild: Gründerszene