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Oliver Samwers Arbeitspensum ist legendär. Einen Tag in der Woche verbringt der Rocket-Internet-CEO im Berliner Hauptquartier, den Rest der Zeit ist er auf Achse, fliegt durch die Welt, klappert Ventures ab und präsentiert vor Investoren. Die Sieben-Tage-Woche ist bei Samwer die Regel und der Rocket-Vordenker pflegt sein Image als hart arbeitender und unprätentiöser Untenehmer. Er tituliert sich gern als „Bob der Baumeister“, dem Äußerlichkeiten egal sind und für den allein Willen und Ergebnisse zählen. Aber kann es nicht auch einem Oliver Samwer mal zu viel werden?

Die Frage stellte am Dienstagabend Marco Rodzynek, Macher der Noah-Konferenz, auf der Samwer Stammgast ist und die in diesem Jahr erstmals nach Berlin gekommen ist. Also, Oli, keine Angst davor, irgendwann ausgebrannt zu sein?

„Nein“, antwortet Samwer. „Ich denke, diese Burnout-Sache ist nichts für mich.“ Wenn er seinen Laptop aufklappe, sehe er zwar „hundert Probleme, nicht Herausforderungen, die man abarbeiten muss, das ändert sich nicht“. Aber: „Ich liebe, was ich tue.“

Wie schon bei der letzten Ausgabe der Noah-Konferenz im Herbst kokettiert Samwer mit seinem Baumeister-Image. Er betont, dass es bei der Party nach dem Börsengang nur Burgers und Hotdogs gegeben habe, für „vielleicht 1,20 Euro pro Person“. Sparsamkeit ist ihm wichtig. „Wir sagen unsern Leuten immer: So lange ihr Verluste macht, könnte ihr keine großen Partys veranstalten.“ Die Rocket-Investoren hören das bestimmt gern.

Für Samwer ist das Prinzip Arbeit, Arbeit, Arbeit aber auch ein Weg, mit heftig werdender Kritik und der wachsenden Aufmerksamkeit umzugehen. Er ist nun Vorstandsvorsitzender eines börsennotierten Konzerns – da geht man „die ganze Zeit durch Höhen und Tiefen“, so Samwer. „Der Aktienpreis geht hoch und runter“, dann gebe es Analysten, die Presse, „man bekommt immer mehr davon“. Seine Antwort: „Kopf runter und weitermachen!“

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Tatsächlich schauen die Analysten im Vorfeld der Rocket-Hauptversammlung am 23. Juni genau hin. Was sie zuletzt zu sehen bekamen, dürfte ihnen nicht uneingeschränkt gefallen haben. Einige Ventures aus der jüngsten Generation scheinen zu schwächeln – beim Wohnungsvermittler Nestpick gab es eine Entlassungswelle, im Fintech-Bereich entstand statt einer abgestimmten Strategie plötzlich ein Konkurrenzverhältnis von Zencap und Lendico.

Schon lange kritisieren Beobachter, das Unternehmensgeflecht sei schwer zu durchschauen, es sei kaum feststellbar, wie gut es den einzelnen Ventures wirklich gehe; auch das von Rocket gewählte Börsensegment Entry Standard hat nur geringe Transparenzpflichten.

Auf diese Kritik hat Rocket kürzlich reagiert: Einmal im Quartal will das Unternehmen nun eine Aufstellung der letzten Bewertung seiner Portfoliounternehmen veröffentlichen (übrigens gewohnt schnickschnackfrei in einer Excel-Tabelle).

Nicht immer entstehen die besten Startups in der eigenen Firmenfabrik – diese Erkenntnis setzt sich dabei auch bei Rocket durch. Samwer macht auf der Bühne klar, dass Rocket seine Rolle als Company Builder in Zukunft freier interpretieren will und mehr zukaufen und investieren werde. Dabei seien alle Größenordnungen denkbar – von 100.000 bis 500 Millionen Euro. Das Geld dafür könnte eine weitere Milliardenspritze von Investoren liefern, über die in Berlin fleißig spekuliert, von Samwer aber auf Nachfrage aus dem Publikum nicht kommentiert wird.

Minuten nach seinem Auftritt ist er dann schon wieder auf der Terrasse des Tempodroms zu sehen: im intensiven Gespräch mit dem nächsten Geschäftspartner. Vielleicht wird es einem Oliver Samwer wirklich nie zuviel.

Update, 11. Juni: Den Auftritt von Oliver Samwer gibt es nun in ganzer Länge auf dem NOAH-YouTube-Kanal.

Bild: Gründerszene / Christina Kyriasoglou