Online-Marketing-Jahresrückblick-2014
Ein Beitrag von Katja von der Burg, Gründerin und Geschäftsführerin der Online-Marketing-Agentur Projecter.

2014 im persönlichen Online-Marketing-Rückblick

Natürlich war auch 2014 wieder ein spannendes Jahr im Online Marketing. Auch wenn wir uns gelegentlich dabei ertappen, von „Tradition“ und „alten Kanälen“ zu sprechen, ist der gesamte Bereich doch immer noch dynamisch genug, um uns problemlos jeden Tag aufs Neue zu überraschen. Das ist meistens gut so, hindert uns manchmal an der Arbeit und an einigen Stellen lassen die Neuigkeiten dann wiederum überraschend lange auf sich warten. Wir haben uns das Jahr deswegen mal systematisch vorgenommen und nach Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken gefahndet: Eine klassische SWOT-Analyse eben. Damit ist dann auch gleich klar, worauf wir 2015 achten sollten – falls nicht doch alles überraschend anders kommt!

Stärken

Online Marketing bietet mittlerweile eine große Bandbreite an Möglichkeiten, die für fast jedes Budget und Geschäftsmodell etwas Passendes bereithält. Gewissermaßen ist die gesamte Branche erwachsen geworden und mit ihr auch der E-Commerce. Börsengänge à la Zalando zeigen, dass auch in Deutschland Onlineshops in der Post-Startup-Phase angekommen sind und es um viel Geld geht. Wir glauben natürlich schon lange an die Ernsthaftigkeit der Themen, mit denen wir uns tagein, tagaus beschäftigen, aber die öffentliche Wahrnehmung der manchmal doch etwas Innovations-zurückhaltenden Deutschen hinkte hier lange Zeit hinterher.

Speziell auf die Kanäle bezogen hat sich im Bereich Social Media vor allem Facebook deutlich professionalisiert. Trotz aller Kinderkrankheiten bietet der Facebook Business Manager endlich ausgereiftere Möglichkeiten im Management von Anzeigenkampagnen. Eine Flasche Sekt geöffnet haben wir allerdings bei der Einführung der Monatsrechnung für Anzeigenkonten. Darauf haben wir so lange gewartet, dass dieser Fakt in keinem Jahresrückblick unerwähnt bleiben darf.

Affiliate Marketing hat endlich den Weg aus der Schmuddelecke geschafft und ist zu einem transparenteren Kanal geworden. Besser informierte Online Shops und größere Erfahrung führen zu einem differenzierten Umgang mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, so dass Affiliate Marketing jetzt mit guter Kalkulierbarkeit und Risikoarmut aufgrund des Provisionsmodells punkten kann. Last but not least arbeiten auch die Affiliates zunehmend professionell, da sich langfristig nur gute Qualität durchsetzen kann.

Der Trend zur Qualität setzt sich auch im Bereich SEO fort. Nachdem Panda, Penguin und Co fast alle alten SEO-Tricks unbrauchbar gemacht haben und Linknetzwerke weiterhin von Google abgestraft werden, heißt die Antwort immer wieder: Content Marketing! Hier gab es 2014 bereits einige sehr kreative und unterhaltsame Kampagnen zu bestaunen. Dass es auch ein Leben nach dem klassischen Linkaufbau gibt (oder geben muss), hat sich mittlerweile herumgesprochen, um die genaue Umsetzung herrscht noch einiges Rätselraten bei allen Beteiligten. Aber sicher ist: It’s the content, stupid!

Suchmaschinenmarketing mit Google Adwords könnte am ehesten mit Vokabeln wie „klassisch“ belegt werden. Das hat aber auch 2014 nichts an der Tatsache geändert, dass Google die zur Verfügung stehenden Mittel rasant weiter ausbaut. Die Flexibilität der Aussteuerung von Anzeigen nach Region, Gerät, Tageszeit et cetera hat ein noch nie dagewesenes Maß erreicht und ermöglicht die immer genauere Planung der Kampagnen zur Minimierung von Streuverlusten. Auch in Sachen Reichweite stehen sowohl mit der Google-Suche als auch mit dem Display-Netzwerk jedem Advertiser sehr schnell und unkompliziert ausgereifte Optionen zur Verfügung. Das ist alles nicht völlig neu, wurde aber 2014 konsequent weiter entwickelt.

Schwächen

Zu meckern gibt es natürlich auch immer etwas. Je mehr wir uns mit Accounts, Kunden, Themen, Kanälen und Netzwerken auseinandersetzen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, auch Probleme und Unzulänglichkeiten zu entdecken. Betrachten wir diese Sektion also optimistisch als To-Do-Liste für 2015. Oder als Wunschzettel?

Das Erwachsenwerden der ganzen Branche als Stärke führt direkt zu einer daraus resultierenden Schwäche, nämlich dem deutlich spürbaren Fachkräftemangel. Ob man sich mit anderen Agenturen oder Kunden unterhält – alle suchen mehr oder weniger verzweifelt nach gut qualifizierten Mitarbeitern im Online Marketing. Gerade Inhouse werden aus der Not geboren häufig Mitarbeiter ins kalte Wasser geworfen und praktizieren Learning by Doing. Das geht häufig irgendwie gut, kann aber nicht die langfristige Lösung sein.

Neben mehr Beachtung für das Thema an Universitäten und Fachhochschulen wünsche ich mir vor allem deutlich mehr formale Berufseinstiegsmöglichkeiten in die Branche wie zum Beispiel Traineeships mit Zeit und Anleitung zum Lernen. Und mehr kreative Geschäftsideen! Natürlich zeigt nicht zuletzt Zalando, dass es auch mit Nachmachen sehr erfolgreich geht. Aber für echte Innovationen wäre jetzt auch ein sehr guter Zeitpunkt, weil Startup-Finanzierung doch deutlich leichter zu bekommen ist als noch vor ein paar Jahren. Traut euch!

Apropos Innovation: Im Affiliate Marketing reden wir gefühlt seit vielen Jahren vom Customer Journey Tracking, welches das Last-Click-Modell ablösen soll. Wenn es richtig implementiert ist, kann es die Wege, die letztlich zu einem Kauf führen, wesentlich besser und fairer abbilden und somit auch die Vergütung der an der Reise beteiligten Touchpoints besser aufteilen.

Leider ist der technische Aufwand nach wie vor sehr hoch, so dass eher nur sehr große Onlineshops wie Otto solche Lösungen bislang erfolgreich einsetzen. Die Affiliate Netzwerke halten sich zurück und arbeiten nicht an entsprechenden Lösung, obwohl das eigentlich ihre Kernaufgabe als technischer Dienstleister wäre. Schade! Mittlerweile haben Themen wie Cross-Device und Mobile Tracking die Thematik weiter verkompliziert. Da gerade die mobilen Umsätze aber in Zukunft rasant weiter steigen werden, müssen entsprechende Lösungen gefunden werden. Diese würden auch wesentlich zur Attraktivität des Affiliate Marketings als Kanal beitragen.

Eine strukturelle Schwäche im Suchmaschinenmarketing ist wie gehabt das mangelnde Suchvolumen für viele neue Themen. Besonders Startups mit unbekannten Marken und neuartigen Produkten oder Dienstleistungen tun sich häufig sehr schwer, die Google-Suche gewinnbringend fürs Marketing zu nutzen: Was keiner kennt, danach wird auch nicht gesucht! Da hilft häufig nur ein Kanalwechsel und Reichweitenaufbau mit Social Media.

Für viele Themen würde sich hier zum Beispiel die Anzeigenschaltung bei Twitter anbieten. Während das in anderen europäischen Ländern bereits als Self-Service möglich ist, bremsen in Deutschland sehr hohe Mindestbudgets und der Weg über einen Ansprechpartner. Wir sind seit langem genervt und merken uns eine Flasche Sekt für 2015 vor! Oder besser zwei? Vielleicht bekommt Facebook ja nächstes Jahr endlich die Suche in den Griff, so dass das größte soziale Netzwerk der Welt nicht mehr wie ein schwarzes Loch für ältere Inhalte fungiert. Die ersten Schritte sind jedenfalls schon sichtbar, mit der kürzlich angekündigten Erweiterung der Suchfunktion – jedoch bisher nur für englische Seiten.

Bitte wenden – hier geht’s zu den letzten Punkten: Chancen und Risiken.

Bild: © panthermedia.net / alphaspirit

Online-Marketing-Jahresrückblick-2014

Chancen

Wie bereits oben erwähnt, ist es derzeit vergleichsweise einfach möglich, mit einer guten Geschäftsidee zügig eine Finanzierung zu finden. Die große Hoffnung ist daher, dass viele Gründer sich trauen und gerade auch mit technologie-getriebenen Ideen an den Markt gehen. Vielleicht auch im mobilen Bereich? Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass die Zukunft (beziehungsweise die Gegenwart) mobil ist, und gerade Google und Facebook werden auch nicht müde, das immer wieder zu betonen.

Das bietet unzählige Chancen für neue Geschäftsmodelle, Tools, technische Lösungen und Geräte. Manchmal kommt der Konsument am Ende bei dem Tempo nicht ganz mit, da die mentalen Hürden gerade beim mobilen Einkauf in Deutschland nicht zu unterschätzen sind. Aber das Thema bewegt sich und wird 2015 weiter an Fahrt aufnehmen.

Nachdem das Affiliate Marketing schon seit Jahren in schöner Regelmäßigkeit totgesagt wird, hat es sich trotzig als fruchtbarer Ort für Innovationen im Online Marketing neu erfunden. Wie in einem kleinen Dorf in Gallien tummelten sich hier ganz unbehelligt Modelle wie die Optimierung von Warenkorbabbrüchen oder E-Mail-Retargeting, bevor sie sich mutig in anderen Online-Marketing-Kanäle ausbreiten. Die Provisionsabrechnung verringert die Hürde für Merchants, solche Möglichkeiten einfach mal zu testen und erhöht die Innovationsgeschwindigkeit. Auch 2015 sehen wir Affiliate Marketing als Testlabor für viele E-Commerce-Ideen.

Passend dazu wird sich 2015 auch in Sachen Google Shopping viel tun. Angefangen von der vermuteten Möglichkeit, demnächst direkt in Google Shopping kaufen zu können über verbesserte Reporting-Möglichkeiten und tiefere Integration in Google Analytics und optimierte Möglichkeiten, Kampagnen zu strukturieren und zu steuern: Für Onlineshops definitiv ein ganz heißes Thema, das weit oben auf der Agenda stehen sollte.

Der momentane Aufschwung von Twitter zeigt an, in welche Richtung die Reise geht: Aktuelle, interaktive und für den Nutzer direkt relevante Inhalte werden in sozialen Netzwerken immer wichtiger. Auch Facebook funktioniert für Unternehmen immer weniger als reiner Marketing- und Werbekanal. Sie müssen sich anstrengen, mit ihren Zielgruppen zu kommunizieren und in einen Dialog zu treten. Dann hat Social Media großes und immer weiter wachsendes Potenzial für sehr erfolgreiche Kampagnen – die billig und schnell zu habenden Erfolgserlebnisse werden hingegen immer weniger.

Passend dazu wächst auch die Bedeutung allen voran von Facebook-Anzeigen, aber auch Advertising in anderen sozialen Netzwerken. Bei der explodierenden Menge an publizierten Inhalten müssen Filtermöglichkeiten geschaffen werden, um sicherzustellen, dass der Nutzer für ihn relevante Inhalte sieht. Das Wort „Zielgruppe“ kann man 2015 also gar nicht oft genug in den Mund nehmen.

Das gilt im Übrigen ganz genauso für die Suchmaschinenoptimierung. Durchgesetzt hat sich bereits die Erkenntnis, dass eine saubere OnPage-Optimierung zu den obligatorischen Hausaufgaben jeder Website gehört. Aber braucht man auch wirklich dieses Content Marketing? Jeder Website-Betreiber, der die Bedeutung von Content und die sich damit eröffnenden Möglichkeiten versteht, hat 2015 noch die Chance, sich von seiner Konkurrenz abzuheben, die mental noch nicht so weit ist. Das Thema ist nicht besonders leicht zugänglich und häufig auch recht teuer in der Umsetzung (immer gemessen am sonstigen Marketing-Budget), bietet aber im Gegenzug große Chancen für die eigene Profilierung. Auch die Agenturen sind gefragt, ihre Angebote in diesem Bereich auszubauen, transparenter zu machen und ebenfalls viel zu testen, um den Kanal weiterzuentwickeln.

Risiken

Was wird uns auch 2015 Kopfschmerzen bereiten und an der einen oder anderen Stelle zu extensivem Haareraufen führen? Allem voran sind hier die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland zu nennen. Aller paar Wochen wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben, weil irgendein Gericht mal wieder ein absurdes Urteil voller Unkenntnis der Materie geführt hat. Glücklicherweise werden solche Urteile meistens in der nächsten Instanz kassiert und alles beruhigt sich wieder, aber von Rechtssicherheit oder optimalen Bedingungen kann keine Rede sein. Gerade den Online-Händlern macht auch die anhaltende Abmahnwut in Deutschland zu schaffen.

Wenig hilfreich für eine innovationsfreundliche Markstimmung ist häufig die mediale Berichterstattung. Natürlich ist Datenschutz ein wichtiges Thema, sollte aber deswegen nicht zu massenhafter Hysterie ausarten. Beispiel Cookies: Diese sind nun einmal für das Geschäftsmodell vieler werbefinanzierter Websites absolute Geschäftsgrundlage, so dass sich gerade die Websites von Medien mittlerweile zur vorgeschalteten Warnhinweisen gezwungen sehen und Cookie-Blockierer von ihren kostenlosen Inhalten ausschließen.

Im Affiliate und bei Google Adwords geht es um die Klickpreise. Während bei Adwords bei vielen Themen die Klickpreise aufgrund der wachsenden Konkurrenz unaufhörlich steigen, wollen große Partnerseiten im Affiliate von diesem Kuchen etwas abhaben und stellen ihre CPO-Modelle auf Klickpreisvergütung um. Das führt unter anderem aufgrund der noch zusätzlich anfallenden Netzwerkvergütungen häufig dazu, dass diese Partnerseiten nicht mehr profitabel eingebunden werden können und untergräbt das klassische CPO-Modell im Affiliate Marketing.
Adwords-Accounts hingegen werden immer komplexer und müssen aufwändig betreut werden, um profitable Kampagnen auf die Beine zu stellen. Das ist eine große Herausforderung für Werbetreibende und gleichzeitig natürlich Chance für Agenturen.

Und nochmals ganz deutlich: It’s the content, stupid! Nachdem wir ihn weiter oben als große Stärke herausgestellt haben, kommt hier nun die Warnung vor den Risiken und Nebenwirkungen: Es droht ein Content Shock! Jeder Nutzer hat nur begrenzte Zeit und Aufmerksamkeit, um all diese Inhalte auch zu konsumieren – selbst wenn der Fernsehkonsum drastisch zurückgehen sollte… Content aus allen Rohren, sowohl im Content Marketing als auch in Social Media, kann also nach hinten losgehen, wenn aufgrund von Reizüberflutung irgendwann einfach abgeschaltet wird. Klasse statt Masse sollte hier die Lösung lauten… und das wie gesagt für die richtigen Zielgruppen!

Insgesamt ist 2014 in unserer Analyse doch recht gut weggekommen, da sich einiges in Bewegung gesetzt hat, was vorher lange stockte. Wir nehmen den Schwung mit ins Neue Jahr und hoffen, dass wir den angesprochenen kaltgestellten Sekt alsbald zum Einsatz bringen können und nicht bis zum nächsten Jahreswechsel warten müssen.

BILD: © PANTHERMEDIA.NET / ALPHASPIRIT