Parodie Accounts Twitter

Virale Inhalte klauen und bei Twitter teilen

Kann man mit banalen, lustigen Tweets Geld verdienen? Offenbar schon, wie die Inhaber von Parodie-Accounts in den USA zeigen. Unter Namen wie „Tweet Like A Girl“, „Common White Girl“, „Fat Amy“ und „Sex Facts Of Life“ posten sie größtenteils geklauten Content und erreichen damit ein Millionenpublikum – vor allem junge Mädchen im Teenager-Alter. Mit Werbe-Tweets nehmen die Account-Betreiber eigenen Angaben zufolge zum Teil jährlich sechsstellige US-Dollar-Beträge ein. Um ihre Einnahmen zu potenzieren, haben die Macher – größtenteils männliche Mittzwanziger – ein eigenes Werbesystem entwickelt.

Der 21-jährige Kommunikationsstudent Cameron Asa aus Tennessee erreicht mit seinem Twitter-Account „Tweet Like A Girl“ 1,2 Millionen Follower. Nach Einrichten des Accounts im Jahr 2012 versuchte sich Asa anfangs daran, aus seiner Sicht klischeehafte Frauenaussagen zu parodieren. So postete er beispielsweise den Satz „Oh mein Gott, ich bin so fett!“ – und setzte darunter ein Foto eines Stocks. Innerhalb von fünf Tagen gewann der damals 19-Jährige auf diese Weise 100.000 Follower, wie Buzzfeed kürzlich berichtete.

Heute postet er Tweets zu den unterschiedlichsten Themen, versucht aber weiterhin, eine eher „weibliche Perspektive“ einzunehmen und so für sein größtenteils weibliches Publikum zu sprechen. So gratulierte er über den Account vor Kurzem Leonardo DiCaprio zum 40. Geburtstag – mit einem Foto des Schauspielers und der Anmerkung „Ich hoffe, dass dein Tag so wunderschön wie dein Gesicht ist“. Resultat: 11.000 Likes und 17.000 Favorisierungen.

Solche Ergebnisse sind keine Seltenheit, sondern eher der Durchschnitt. Der Student gibt Beauty-Tipps und postet Tierbabys, Food-Content und andere Bilder und Videos mit viralem Potenzial. Der Content stammt zum Teil aus anderen Sozialen Netzwerken wie Facebook, Tumblr und Vine – natürlich von anderen Nutzern.

Paid Tweets zwischen 500 und 1.000 US-Dollar

Asa ist bemüht, seinen Account möglichst relevant und thematisch „verknüpfbar“ zu machen und das scheint zu funktionieren. Wie er gegenüber Buzzfeed erklärte, erhält er von seinen Werbekunden für einen simplen Retweet einige Hundert US-Dollar, für einen Tweet über eine App zwischen 500 und 1.000 US-Dollar. Vor Kurzem habe er angeblich mit einem einzigen Tweet 20.000 App-Downloads ausgelöst.

Für die Zukunft kann sich der 21-Jährige gut vorstellen, mit der Filmbranche zusammenarbeiten – das könnte sich lohnen. Dem Screenshot einer Twitter-Analytics-Anzeige zufolge, die Asa Buzzfeed zur Verfügung stellte, konnte er im vergangenen Juli mit dem Tweet eines Filmtrailers 4,5 Millionen Impressions einsammeln.

Parodie-Netzwerk potenziert Werbeeinnahmen

Einige der großen Parodie-Accounts haben sich mittlerweile zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Der größte Account in diesem Bereich, der sich an Frauen richtet und auch von einer Frau geführt wird, ist „Common White Girl“. Mit fünf Millionen Followern hat der Quatsch-Account mehr Fans bei Twitter als Pharrell Williams (4,8 Millionen Follower). Um ihre Werbeeinnahmen zu erhöhen, verfolgen Accounts wie „Common White Girl“ und „Tweet Like A Girl“ häufig einen Drei-Retweets-Deal mit einem der anderen großen Parodie-Accounts wie „Dory“ oder „Fat Amy“.

Jeder Account retweeted drei Tweets des anderen. Davon ist in der Regel einer ein Paid Tweet. Mit diesem System können die Accounts die Preise für die Werbeeinnahmen steigern, denn meistens enthält das Bezahlmodell eine Variable für Klicks. Hier ein Beispiel für eine Werbekooperation mit Starbucks, die mit 18.000 Retweets und ebenso vielen Favorisierungen wohl als erfolgreich einzustufen ist:

Ebenfalls zu dem Twitter-Parodie-Netzwerk gehört der 29-jährige David Rhodes aus Toronto, der unter anderem hinter den Accounts „Sex Facts Of Life“, „Not Will Ferrell“ und „Wow Food Porn“ steckt. Gegenüber Buzzfeed erklärte Rhodes, dass man mit Parodie-Accounts locker sechsstellige Jahresumsätze machen könne. Er startete seine erfolgreichen Accounts 2012 – im selben Jahr konnte er seine Twitter-Aktivitäten monetarisieren und seinen Job kündigen.

Plagiatsvorwürfe

Das Prinzip, mit dem die Twitterer erfolgreich wurden, ist denkbar einfach: Sie suchen bei Facebook, Vine und Tumblr nach viralen Inhalten, um sie über ihre Twitter-Accounts zu spreaden und damit ihr eigenes Werbesystem anzukurbeln. Diese Art von Content-Kreation und die Profit-orientierte Einstellung führen dazu, dass sich all diese Parodie-Accounts Plagiatsvorwürfe gefallen lassen müssen – scheinbar ohne große Folgen.

„Twitter schränkt uns ein. Bei 140 Zeichen ist es nicht möglich, eine Quelle anzugeben“, so David Orr gegenüber Buzzfeed. Orr parodiert mit seinem Twitter-Account den US-Fernseh-Moderator Bill Nye und erreicht damit 630.000 Follower. „Sollte Twitter uns Platz für eine Quelle einräumen, wären ich und viele andere sicher offen dafür.“

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Bild: © panthermedia.net / Kirsty Pargeter