Das Bilderpinboard Pinterest zählt nach wie vor zu den schnell wachsenden Social-Networks und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Doch was hält Pinterest für Startups bereit? Eignet sich der Bilderdienst zur Trafficgenerierung und Markenbildung?

Pinterest fuer Startups

Wie funktioniert Pinterest?

Ich habe Pinterest (www.pinterest.com) in den letzten Wochen mal etwas näher betrachtet und experimentiere seither damit. Nun möchte ich gerne meine Eindrücke mit euch teilen und habe mich dieser Tage auch schon mal zu einem Gespräch mit Nicole Simon getroffen, die einige der folgenden Einsichten mit angeregt hat. Aber zunächst mal eine kurze Erklärung des Dienstes für alle, die sich mit Pinterest noch nicht näher beschäftigt haben.

Pinterest Funktionen

Pinterest funktioniert wie ein Pinnbrett, auf dem Bilder befestigt werden können – nur eben digital. Als Neuling kann über Facebook, Twitter oder normalen Login ein Account angelegt werden. Die Accounterstellung geht sehr schnell und fragt lediglich nach den eigenen Bilderinteressen anhand von Fotovorschlägen. Anschließend erstellt jeder Nutzer unterschiedliche Pinnwände (quasi Bilderalben), auf die er Pins (Bilder) heftet. Die gepinnten Bilder können entweder durch eine URL aus dem Internet, einen Bilderupload oder das Repinnen von Bildern anderer Nutzer auf die eigenen Pinnwände gelangen. Egal, auf welche Weise ein Bild auf die eigene Pinnwand gelangt – es werden darunter stets die Bildquelle und der dazugehörige Nutzer angezeigt.

Mit einem bei Pinterest eingestellten Bild kann dann auf unterschiedliche Weise interagiert werden: Nutzer können es liken, kommentieren oder repinnen. Jede dieser Aktionen führt dazu, dass andere Nutzer diese Aktivität registrieren. Dies ist relevant, weil Nutzer anderen Nutzern oder auch nur einzelnen Alben folgen können. Im Gegensatz zu Facebook, wo beim Followen das Ganz-oder-gar-nicht-Prinzip vorherrscht, erlaubt Pinterest eine Selektion dessen, was verfolgt werden soll. Die eigene Startseite rekrutiert sich dann mit der Zeit aus den selbst gepinnten Bildern sowie den Pins der Nutzer, denen gefolgt wird.

Für welche Startups bietet Pinterest Traffic?

Pinterest dürfte für Startups aus zwei Gesichtspunkten interessant sein: Um für ein positives Branding der entsprechenden Startup-Marke zu sorgen und um Traffic von Pinterest zu erhalten. Da sich ein positives Branding aus Traffic-orientierten Maßnahmen zumeist ergibt, fokussiere ich mich auf das Trafficthema. Aufschlussreiche Informationen zu den Top-Themen bei Pinterest bieten die folgenden Pinterest-Analytics-Tools:

  • Pintics: Pinterest-Analyse-Tool mit Google-Analytics-Anbindung
  • Pinerly: Messen von Pin-Performances
  • PinReach: Tool für Pinterest-Analytics
  • Pinfluence: Social-Brand-Service für Pinterest
  • Repinly: Pinterest Statistiken
  • PinAlerts: Alert-Tool zum Tracken von Pins (intern und extern)

Die Frage danach, ob und wie Pinterest Traffic liefert, ist also vor allem auch eine Frage danach, von wem Pinterest genutzt wird. Startups mit vorwiegend weiblicher Zielgruppe, die produktgetrieben sind – so etwa viele E-Commerce-Ansätze und kreative Geschäftsmodelle wie DaWanda (de.dawanda.com) oder Etsy (www.etsy.com) – tun sicherlich gut daran, auf Pinterest aktiv zu sein. Für zahlreiche Geschäftsmodelle ist Pinterest hingegen weniger attraktiv.

Als Faustregel kann gelten, dass jene Startups, deren Produkt sich direkt oder indirekt mit Bildern visualisieren lässt, Pinterest-kompatibel sind. Zum Beispiel sind Produktbilder von kreativen DaWanda-Bastelsachen ein ziemlicher No-Brainer in Sachen Pinterest. Ähnlich könnte etwa auch ein Dessous-Startup wie Enamora seine Produkte bei Pinterest einstellen und dürfte damit Männer und Frauen gleichermaßen adressieren.

Pinterest Pinnbrett Gründerszene

Ein Beispiel für eine indirekte Bebilderung könnte in diesem Kontext etwa das Gründerszene-Profil bei Pinterest darstellen: Wir haben verschiedene unterhaltungsorientierte Pinnbretter wie „Star Wars in your Office“ oder „Cool USB Devices“ erstellt, die nicht direkt unserer Berichterstattung entsprechen, aber themenverwandt sind und unsere Zielgruppe ansprechen. Diese Pinnwände ergänzen wir um Boards, die näher an unserem Content dran sind (etwa unsere Hall of Fame, Business Books oder Hot Women in Tech), um dann die Pinterest-Aufmerksamkeit auf positive Weise auf unsere Seite aufmerksam zu machen.

Wir versuchen also einen bildgetrieben Kosmos um unser Produkt zu erstellen, der Neugierde weckt und zu den Inhalten, die wir abbilden, ohne Werbung hinleitet. Mir scheint dies der beste Weg, um dem Medium Pinterest gerecht zu werden und sich trotzdem markentechnisch zu positionieren.

Wie gewinnt man Follower bei Pinterest?

Allerdings ist es für jedes Startup unerlässlich, dass es die Zielgruppe von Pinterest zu verstehen versucht. Die vorwiegend weibliche Nutzerschaft greift auf Pinterest zu, um sich Inspirationen und Anregungen zu holen und sich gegebenenfalls mit anderen zu vernetzen. Für Werbung und Kaufaufforderungen ist dort kein Platz. Es empfiehlt sich, mit inspirativen Bildern zu punkten, die sich leicht und gerne teilen lassen, anstatt umfangreiche Wasserzeichen und Werbebotschaften einzuflechten.

Nutzer kommen vor allem über die Quellenlinks der Pins auf das eigene Angebot – wer darauf achtet, interessante, anregende, witzige und unterhaltsame Bilder zu teilen, erhält Traffic dann ganz natürlich. Auch in den einzelnen Boardbeschreibungen lassen sich Linkhinweise unterbringen, doch dürften diese weniger performativ als die eigentlichen Bilder sein.

Ein Beispiel, wie man es also nicht machen sollte, liefert etwa Oliver Gassner, der immer wieder dasselbe Bild einstellt und mit je anderen Inhalten betextet. Welcher Anreiz besteht, dieses Bild immer wieder zu repinnen? Auch dem Begleittext der unterschiedlichen Bilder kommt eine wichtige Rolle zu, da er für die Einordnung des Gesehenen sorgt. Dieser sollte kurz, prägnant und etwas emotional verfasst sein. Hashtags mögen für das technikaffine Twitter eine schöne Sache sein, doch bei Pinterest gilt es – überspitzt formuliert – ein Hausfrauenpublikum zu überzeugen.

Aktivität bei Pinterest wird belohnt

Am Ende des Tages funktioniert Pinterest ja wie eine Bilderbörse mit Frauen als Anlegern: Je mehr Repins, Likes und Kommentare ein Bild erhält, desto besser die eigene Positionierung bei Pinterest, desto mehr Trafficpotenzial ist vorhanden. Wenn viel Aktivität auf den eigenen Pinnbrettern besteht, also die Anzahl der Follower und Repins schnell steigt, scheint Pinterest Algorithmen zu haben, welche die eigene Positionierung verbessern. Repinnt etwa jemand ein Bild von einem Star-Wars-Pinnbrett, kriegt er anschließend manchmal einen Hinweis, welche anderen Alben auch ansprechende Star-Wars-Bilder aufweisen. Bei guter Performance könnte dann etwa unser „Star Wars in your Office“ angezeigt werden.

Vor allem bindet Pinterest Bilder bei entsprechender Aktivität auf jener Übersichtsseite ein, die es seinen Nutzern bei der initialen Anmeldung zeigt, um deren Geschmack auszuloten. Hat man es auf diese Liste geschafft, steigt die eigene Followerschaft im Raketentempo – ähnlich als würde es die eigene App im AppStore in Apples Empfehlungen schaffen. Wie sehr einen dies weiterbringt, hängt vom eigenen Fokus ab. Für einen Techblog dürften Landschafts-Follower kaum in Leser transformiert werden können, gelingt es aber etwa DaWanda , ein Bastelpinnbrett dort zu platzieren, lässt sich die Followerschaft sicher in Traffic wandeln.

Gleichzeitig weist Pinterest eine Mechanik auf, die bei Twitter und Google Plus schon zur Spamming-Nutzergewinnung eingesetzt werden konnte. Folgt man einem Nutzer oder repinnt seine Bilder, kriegt dieser eine E-Mail (bei neuen Followern) und sieht auf seinem Dashboard die entsprechende Aktivität (etwa bei Repins). Es empfiehlt sich also, möglichst viel mit anderen Nutzern zu interagieren, wobei der Grat zwischen Nutzeraktivität und Spamming schmal sein kann. Vor allem gilt es am Ende des Tages den durch Pinterest eintreffenden Traffic zu konvertieren. Wer eine Seite hat, die sich für Frauen, englischsprachiges Publikum oder andere Teilgruppen von Pinterest nicht eignet, braucht sich nicht zu wundern, dass die Conversions ausbleiben.

Pinterest ist (bild-)rechtlich fraglich

Tendenziell gelten bei Pinterest dieselben bildrechtlichen Regularien, wie auf der eigenen Webseite: Wer ein Bild verwendet, ohne dessen Urheber zu sein, läuft Gefahr abgemahnt zu werden. Wer sehr aktiv bei Pinterest (re-)pinnt, sollte also aufpassen. Gerade wenn Traffic von Pinterest auf die eigene Seite gelenkt werden soll, ist der Schritt, Bilder von anderer Stelle zu übernehmen und dann auf die eigene Seite umzuleiten, ein kleiner. So könnte etwa ein Fashionmagazin eine Top-Ten der meist gefragten Sommerkleider erstellen, Bilder von Amazon, Zalando (www.zalando.de) oder Brands4Friends (www.brands4friends.de) dazu auf seiner Seite einstellen und diese Bilder dann bei Pinterest pinnen (mit Quellverweis auf die eigene Liste).

Streng genommen könnten die Webseiten, deren Bilder genutzt wurden, je nach Sachlage dagegen vorgehen (sowohl im Magazin als auch bei Pinterest), aber vielleicht gilt auch der alte Leitsatz „wo kein Ankläger, da kein Richter“, solange denn auch die Interessen der Bildgeber berücksichtigt werden. Nicole Simon hat es ganz schön formuliert, indem sie meinte, dass Pinterest eigentlich zeige, dass sich die Gesellschaft nicht für Bildrechte interessiere, sondern davon ausgehe, dass ihr Wert ein größerer ist, wenn alle damit arbeiten. Dass der deutsche Gesetzgeber dies anders sieht, ist klar (auch ihr), aber Pinterest stellt insofern eine interessante neue mediale Entwicklung dar, die das Verständnis von Besitz und Urheberrecht vielleicht noch einmal verändert.