Plusme

Verbindlich verabreden

Wenn unsere Eltern einen Termin vereinbart hatten, mussten sie auch erscheinen. Kein „Mal schauen“ und auch keine Last-Minute-Absage per SMS. Heute ist das anders und der „Vielleicht“-Button auf Facebook ist nicht nur zum Schrecken jeder verlässlichen Partyplanung, sondern gleich zum Symbol für die notorische Unentschlossenheit einer ganzen Generation geworden. Das junge Team des Münchner Startups Plusme hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, Verabredungen wieder den Charakter zu geben, den sie früher hatten: den eines verbindlichen Ehrenwortes. Verabredungen unter Freunden statt Bekannten.

Philipp Nägelein, Maximilian Engelken, Pierre Ostrowski und Robert Kowalski sind während des Studiums in München Freunde geworden und haben während der Fußball-Europameisterschaft 2012 den Bedarf für ihr Produkt erkannt. „Wir wollten uns nach den Spielen mit Freunden zum Feiern treffen“, berichtet Mitgründer Maximilian Engelken. „Es gab viele Ideen, viele „Vielleichts“ und am Ende verlief sich der Abend. In den folgenden Monaten entwickelten wir die Idee zu Plusme“. Seit Ende Juni steht die Plusme App nun in den Regalen des App-Stores, die Android-Version soll in den nächsten Monaten folgen.

Plusme: „Ja oder Nein, kein Vielleicht“

Eingebettet in ein erfrischend übersichtliches Design entscheidet der Nutzer über Titel, Ort, Zeit und Teilnehmer der Veranstaltung. Wenn nötig, kann noch eine Kurzbeschreibung hinzugefügt werden. Die Gäste werden aus dem Telefonbuch des Nutzers zusammengeklickt und erhalten eine Push-Benachrichtigung auf ihr Smartphone. Die Antwortmöglichkeiten: In oder Out. „Auf ein Vielleicht haben wir bewusst verzichtet“, erzählt Engelken, Mitgründer bei Plusme. „Um Zeit zu sparen und schnell klare Entscheidungen herbeizuführen. Fünf Schritte, fünfzehn Sekunden. Am Ende nur die kurze Frage: Bist du dabei?“.

Netzwerk-Apps wie das im vergangenen Jahr abgeschaltete Aka-Aki teilen prinzipiell das Problem der kritischen Masse: Sie funktionieren erst dann richtig gut, wenn genug Nutzer angemeldet sind. Während Aka-Aki diese Schwelle scheinbar nicht erreichen konnte und daher vom Markt verschwand, versucht Plusme dieses Problem zu umgehen. Freunde werden bei Plusme nicht über ein In-App-Verzeichnis, sondern über das Telefonbuch des Nutzers eingeladen. Potenzielle Gäste, die die App (noch) nicht nutzen, erhalten eine SMS mit den wichtigsten Informationen sowie einem Link zu einer Internetseite, die sich im Smartphone-Browser öffnet und die Plusme-App simuliert.

Seit Anfang 2013 wird das junge Team aus München vom Notebooksbilliger.de-Gründer und Business Angel Arnd von Wedemeyer unterstützt. Nach dem erfolgreichen Start der iOS-App soll nun in Kürze die Android-Version folgen. Laut Engelken hat sich das Team das Ziel gesetzt, bis zum Ende des Jahres „signifikante Nutzerzahlen“ aufzubauen. Reichweite soll das Produkt hierbei durch Kooperationen mit Verabredungs-Hotspots wie Biergärten oder Freizeitsportanbietern erlangen. „Wir verfolgen den Anspruch, uns zuerst zu 100 Prozent auf den Kundennutzen unseres Produktes zu konzentrieren, sich so unkompliziert wie möglich mit seinen Freunden verabreden zu können. In einem späteren Schritt soll dann die Monetarisierung folgen, beispielsweise über weitere Funktionen zur Eventorganisation“.

Stammtisch statt Blind Date

Der internationale Markt geizt nicht an Event- und Planungs-Apps, was für neue Anbieter wie Plusme scheinbar ein Paradoxon aufwirft: Auf der einen Seite möchte man das Produkt so minimalistisch und schlank wie möglich gestalten, auf der anderen Seite muss das Alleinstellungsmerkmal deutlich genug sein, um Nutzer davon zu überzeugen, „die eine“ Planungs-App zu sein. 2011 wurde in den USA schon einmal an einer ähnlichen Idee gearbeitet: Das Team hinter Instavite wollte ebenfalls Freunde zusammenbringen und warb in einer ersten Ankündigung mit „tiefgreifender Facebook-Social-Graph-Integration“ und „Facebook-Event-Synchronisation“. Viel mehr folgte dann jedoch auch nicht und das Projekt scheint seitdem in den wohlbekannten Coming-soon-Dornröschenschlaf versunken zu sein.

Das Team hinter Plusme begegnet dieser Problematik, indem es kurzerhand die Vielleicht-Option des größten Konkurrenten Facebook abschafft. Kein Wenn und Aber, nur In oder Out. Indem sich die Gästeliste auf das eigene Telefonbuch beschränkt, versucht sich Plusme von Konkurrenten wie Badoo oder Spontacts abzugrenzen, bei denen es eher darum geht, andere und durchaus fremde Menschen mit ähnlichen Interessen zu finden. Plusme ist somit eher Stammtisch als Blinddate.

Startups aus München: Das CDTM

Plusme erwächst aus dem Münchener „Center for Digital Technology and Management“, einem Gemeinschaftsprojekt der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München. Schon seit fünfzehn Jahren bringt die Einrichtung Studenten verschiedener Fachrichtungen zusammen, um diese zu Innovatoren an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik auszubilden. Pro Jahr durchlaufen rund 50 Studenten das Zusatzstudium in Technology Management. Drei Viertel der Studenten studieren im Hauptfach Wirtschaftswissenschaften, Informatik und Elektrotechnik, der Rest setzt sich aus interessierten Studenten anderer Fachrichtungen zusammen – von Geisteswissenschaftlern bis Medizinern.

Nach Angaben des CDTM wagen 20 bis 25 Prozent der Studenten während oder nach dem Studium den Schritt in die eigene Gründung. Bisher zählt man rund 75 Gründungen mit Beteiligung von mindestens einem Alumnus. Im Fall von Stylight stammen sogar alle vier Gründer aus den Reihen des CDTM. Wie Gründerszene berichtete, konnte das Fashion-Portal im Januar diesen Jahres eine Finanzierung durch die ProSiebenSat.1-Tochter SevenVentures sichern. Stylight wurde 2008 von Anselm Bauer, Benjamin Günther, Max-Josef Meier und Sebastian Schuon gegründet.

Der Münchner Smartphone-Dienst Aloqa wurde 2010 für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag an Motorola verkauft, jedoch schon Ende 2012 wieder geschlossen. Wohl bekanntestes Startup mit CDTM-Beteiligung ist der Ticketing- und Eventanbieter Amiando, dessen CTO Armin Bauer das Münchner Zusatzstudium absolvierte.

Bild: Plusme