pr-krise-vorbereitung

Ein Beitrag von Björn Wuttig, PR-Berater, PR-Trainer und freier Fachjournalist.

Gut gestartet und jetzt in der PR-Krise?

Das junge Biokost-Startup ist seit einem Jahr am Markt und verzeichnet in den letzten Monaten hohe Umsätze im Onlineshop, eine große Reichweite in den sozialen Netzwerken und in den überregionalen Medien eine positive Berichterstattung.

Seit drei, vier Wochen allerdings steigen die Reklamationen, die Bewertungen im Internet werden schlechter und bei Facebook und Twitter nehmen die negativen Kommentare überhand.

Die gute Qualität, der Ruf, das Vertrauen der Kunden ist wichtigstes Kapital eines jeden Unternehmens. Es zu sichern und zu schützen ist Aufgabe der Krisenkommunikation. Wer jedoch erst beginnt, wenn die Krise schon da ist, hat kaum Chancen. Wer glaubt, vor jeder Krise sicher zu sein, steckt bereits mitten drin. Startups und Firmen hingegen, die im Vorfeld auf mögliche PR-Krisen vorbereitet sind, können bessere Chancen haben.

Erste Anzeichen als Warnsignal

„Öko und Bio ist was anderes, da sind bestimmt Zusatzstoffe und sicher auch Pestizide drin“ oder „Schlechteste Qualität, die ich je gekauft habe. Teuer, eine Frechheit“. Beschwerden, negative Bewertungen, Reklamationen häufen sich und Gerüchte im Umfeld des Startup werden lauter. Plötzlich stehen Vorwürfe im Raum und ausgesprochene oder auch nicht formulierte Fragen werden von den Medien aufgegriffen. Erste Anzeichen, die grundsätzlich erhöhte Sensibilität erfordern.

Negative Schlagzeilen und Kommentare in den sozialen Netzwerken sind fatal und ein Albtraum für jedes Unternehmen und lassen nicht nur Kunden, sondern bald auch Medien und Öffentlichkeit aufhorchen. Besonders, wenn es für Startups nicht nur um die wirtschaftliche Existenz, sondern auch um die Zuverlässigkeit bei Kreditgebern geht.

PR-Krisen ähneln sich

  • Kommunikationskrisen kommen unerwartet, sind oft nicht sofort erkennbar und haben schwerwiegende kurz- oder langfristige Folgen, wenn nicht rasch und umsichtig reagiert wird. Krisen fordern somit einen massiven und akuten Entscheidungsdruck. Denn beim Management von PR-Krisen müssen kommunikative Überraschungen und Probleme vermieden, zumindest aber reduziert werden.
  • Viele PR-Krisen entstehen nicht allein durch das Problem oder den Fehler an sich, sondern durch ungeschickte, oft fehlende Reaktionen in der Kommunikation. Der Beginn sind oftmals Kommentare, Bewertungen und Postings in den sozialen Medien, die sich verselbstständigen. Der sogenannte Shitstorm ist in vollem Gange. Die „klassischen Medien“ wie Zeitung, Rundfunk und Fernsehen nehmen dann meist diese Kommunikationspannen mit auf und durch die Berichterstattung erhält das eigentliche Problem eine überregionale Reichweite.
  • Auf der Suche nach dem Schuldigen ergreifen Medien und Öffentlichkeit fast immer Partei für die Schwächeren, die vermeintlich geschädigten und enttäuschten Kunden.

Krisen-PR als Schauplatz

Für Startups hat natürlich auch die Lösung des eigentlichen Problems wie auch das allgemeine Management Vorrang, denn die PR ist nicht alleiniger Schauplatz. Steht aber eine Unternehmen aber erst einmal im Zentrum medialen Interesses, ist schnelles aber besonnenes Handeln nötig.

Statt in der Krise zu improvisieren und das Problem zu ignorieren, ist eine klare, offene Kommunikationsstrategie nötig. Denn Kunden, Öffentlichkeit, Geldgeber und Zulieferer reagieren wie auch die Medien sehr sensibel, wenn zum Beispiel Produktmängel womöglich auch mit Gesundheitsschädigungen im Raum stehen.

Kontinuierliche Kommunikation im Vorfeld

Sich Risiken bewusst zu sein ist ein erster, wichtiger Schritt zu einer erfolgreichen Krisenbewältigung. Eine kontinuierliche und transparente Kommunikation im Vorfeld und aktuelle Online-Präsenzen beugend grundlegend vor. Zugleich sollte natürlich eine Medienbeobachtung, online wie auch in den klassischen Medien, erfolgen, um Tendenzen frühzeitig zu erkennen.

Der Krisenstab als Manager der Kommunikation

Genau festgelegte Aufgaben in einem Krisenstab, vorformulierte Sprachregelungen für unterschiedliche Szenarien und definierte Abläufe sind Grundlage für eine funktionierende Kommunikationsstruktur.

Schon im Vorfeld muss klar definiert sein, wer dem Krisenstab angehört und wer welche Aufgaben im Fall einer kommunikativen Krise wahrnimmt. Die Geschäftsführung des Unternehmens bildet die Spitze des Krisenstabes. Ein Rechtsanwalt berät bei beispielsweise strafrechtlichen Vorwürfen und prüft eventuell Unterlassungen gegen unrichtige Meldungen. Ein Kommunikations-Berater ist während einer PR-Krise unerlässlich. Gerade im Umgang mit den Medien, für Statements und Pressemitteilungen ist es nötig, mit einem PR-Experten gemeinsam die Kommunikationsstrategie abzustimmen.

Das A und O: authentisch und offen

Wer nicht reagiert und nichts sagt, der verliert die Informationshoheit, denn dann geben die Medien die Themen und das Tempo vor. Ziel der Krisen-PR ist es, die Informationshoheit zurückzuerlangen und wieder Herr der Kommunikation zu sein.

Dialogbereitschaft signalisiert Offenheit und den Willen, sich mit dem Problem ernsthaft auseinander zu setzen. Es ist daher ratsam, ein Problem ehrlich, offen und möglichst objektiv zu benennen, statt zu hoffen, es gerate schon in Vergessenheit.

Verheimlichen lohnt sich nicht, denn wenn Journalisten erst einmal recherchieren, kommen die Informationen eh an die Öffentlichkeit.

Professionelle Kommunikation kann eine Krise nicht verhindern, kann aber den guten Ruf eines jungen Unternehmens schützen. Krisen-PR ist daher eine Art kommunikative Lebensversicherung, sie hilft, im Ernstfall, sicher agieren zu können und auch in Zukunft weiterhin handlungsfähig zu sein.

Tipps im Vorfeld

  • Seid vorbereitet: Kommunikations-Krisen können jeden treffen!
  • Kommuniziert kontinuierlich, strategisch, authentisch und transparent nach innen und außen.
  • Reagiert auf Anfragen von Medien rasch und möglichst umfassend. Diese werden nur von der Geschäftsführung beantwortet.
  • Pflegt ein gutes Netzwerk zu den Journalisten und zur Öffentlichkeit.
  • Baut Euch ein Berater-Netzwerk auf (Recht, Kommunikation,…).
  • Pflegt Eure Website und Eure Social-Media-Präsenzen und haltet diese aktuell.
  • Beobachtet und verfolgt, wie in den Medien und im Netz über Euch gesprochen wird.

Tipps für die Kommunikation in der Krise

  • Bewahrt Ruhe! Die kommunikative Krise hat absoluten Vorrang!
  • Analysiert: Was ist passiert, was wird wie, seit wann, wo (in welchen Medien) über uns berichtet?
  • Aktiviert Euren Krisen-Plan und zieht Eure Berater (Kommunikation, Recht und andere Experten) hinzu.
  • Lasst auf Worte auch Taten folgen und klärt transparent auf.
  • Stimmt jeden Eurer Schritte genau ab!
  • Seid aufrichtig und ehrlich, informiert transparent, zügig und vollständig.
  • Kommuniziert nicht nur nach außen, denkt auch an die interne Kommunikation (Mitarbeiter, Zulieferer, Kreditgeber oder Mitbewerber).
  • Signalisiert, für einen offenen Dialog bereit zu sein.
  • Zeigt Anteilnahme, wenn Menschen zu Schaden gekommen sind.
  • Gesteht (in Absprache mit Eurem Rechtsanwalt!) Fehler ein, zeigt Lösungen auf und widerlegt Spekulationen mit Fakten.
  • Beantwortet Medienanfragen freundlich, aber bestimmt, wenn Ihr alle Informationen vorliegen habt, jedoch zeitnah.

Der Autor dieses Fachbeitrags hält am 8. Mai 2015 ein Gründerszene-Seminar zum Thema Krisenkommunikation. Sichere jetzt Dein Ticket!

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Andy.morales