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Ein Beitrag von Thomas Schwenke, Rechtsanwalt für Marketing- und Datenschutzrecht in Berlin.

Obwohl Social Media zum Startup- und Unternehmensalltag gehören, bleiben weiterhin viele Rechts- und Haftungsfragen offen. Einige Probleme sollten Gründer im Auge behalten, um rechtliche Stolperfallen zu vermeiden.

Sharing und Embedding vs. Urheberrecht

Die Sharing-Kultur ist auf das Teilen, Aggregieren, Kuratieren und Remixen von Inhalten ausgelegt. So können Tweets oder Facebook-Beiträge in Webseiten integriert oder umgekehrt Vorschaubilder und Textsnippets von Webseiten per Link bei Facebook geteilt werden.

Die Kultur des freien Teilens ist jedoch nicht mit einem Urheberrecht kompatibel, das auf eine sorgfältige Prüfung der Rechteketten und starre gesetzliche Schutzausnahmen ausgelegt ist. Insbesondere ist das häufig vorgebrachte Zitatrecht zur Illustration nicht ausreichend, wenn man sich nicht geistig mit den übernommenen Inhalten auseinandergesetzt hat. Zwar entschied der Europäische Gerichtshof, dass Embedding (technisch als Inlineframing bezeichnet) grundsätzlich erlaubt ist, jedoch bleiben vor allem im kommerziellen Bereich Risiken bestehen (Beschluss vom 21.10.2014, Az. C-348/13).

Kein Freifahrtschein durch das Embedding-Urteil des EuGH

Die Richter entschieden, dass Inhalte auf Servern eines Dritten generell in fremde Webseiten eingebettet werden dürfen (wie YouTube-Videos, Tweets oder Facebook-Beiträge).

Dabei bleiben allerdings einige Punkte unklar. Das Urteil könnte so verstanden werden wollen, dass zum Beispiel Stockbild-Archive es dulden müssten, wenn ihre Bilder ohne Erlaubnis eingebettet würden. Dadurch wäre das urheberrechtliche Lizenzsystem im Internet ad absurdum geführt. Während Unternehmen A für ein Bild eine Lizenzgebühr zahlen müsste, dürfte das Unternehmen B dasselbe Bild mittels des Embeddings kostenlos einbinden.

Zudem bleibt offen, was passiert, wenn ein Bild ohne Willen der Urheber von jemand anderem online gestellt wird. Ist die Nutzung dann erlaubt? Oder haftet derjenige, der das Bild im guten Glauben bei sich einbettet?

Ebenso offen ist, ob das Embedding nicht ohnehin einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Der Fall: Ein Unternehmen band ein von Dritten illegal hochgeladenes YouTube-Video eines Mitbewerbers in die eigene Webseite ein (es ging um Wasserpumpentechnik). In dieser Konstellation lässt sich durchaus ein Wettbewerbsvorteil durch das einbindende Unternehmen sehen, weil Außenstehende ihm das im Video gezeigte Know-How zurechnen könnten.

Es bleibt abzuwarten, wie genau deutsche Gerichte das EuGH-Urteil auslegen werden und ob der Gerichtshof nicht noch um eine Klärung gebeten wird. Solange helfen folgende Tipps bei der Risikominimierung beim Embedding:

  1. Nur Inhalte nutzen, die dazu vorgesehen sind (zum Beispiel YouTube-Videos, Facebook-Postings, Tweets oder Instagram-Bilder) und nicht beliebige Inhalte von fremden Webseiten.
  2. Vorgesehene Embedding-Funktionen nutzen (zum Beispiel Instagrambilder per Einbettungs-Code und nicht per Screenshot einbinden).
  3. Eingebettete Inhalte nur redaktionell nutzen und nicht um eigene Leistungen zu bewerben (zum Beispiel mit einem Musikvideo keine Produktseiten oder Werbekampagnen untermalen).

Abmahnungen wegen Vorschaubildern

Immer wieder wird über Abmahnungen wegen Vorschaubildern beim Teilen von Inhalten berichtet: Die automatisch erstellten Bilder in Social-Media-Postings seien urheberrechtswidrig erstellte Vervielfältigungen. Bei genauem Hinsehen zeigt sich aber, dass keine typischen Vorschaubilder im Fokus der Abmahnungen standen. Vielmehr lagen spezielle Konstellationen oder Missverständnisse vor.

Tatsächlich ist das Risiko bei Vorschaubildern eher niedrig einzuschätzen. Zudem listen auch die Lizenzerlaubnisse von Fotografen immer häufiger die Social-Media-Nutzung. Folgende Tipps helfen, das Risiko für Abmahnungen bei Vorschaubildern gering zu halten:

  • Geteilte Vorschaubilder nicht mit Werbung für eigene Leistungen verbinden (zum Beispiel Angebote im Kleidungs-Shop mit einem passenden Bild eines Modefotografen).
  • Social-Media-Buttons auf Webseiten weisen darauf hin, dass deren Inhaber mit dem Teilen von Vorschaubildern einverstanden sind. Das heißt zwar nicht, dass sie selbst ein Recht dazu haben (zum Beispiel, wenn deren Stockbild-Lizenz es verbietet), aber das Risiko einen Fehler zu machen sinkt deutlich.

Datenschutzrisiken erschweren das Sharing

Durch das Einbetten fremder Inhalte und Funktionen auf Webseiten können Drittanbieter auf die Daten der Nutzer zugreifen. Das erscheint unbedenklich, wenn zum Beispiel die IP-Adresse technisch notwendig ist, um Inhalte an den Browser des Nutzers „zu schicken“. Anders sieht es dagegen aus, wenn Daten der Nutzer für Werbezwecke verwendet werden.

Insbesondere Facebooks Like-Button ist Daten- und Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. Die Verbraucherzentrale NRW geht sogar mit Abmahnungen und Klagen gegen Webseitenbetreiber vor, die die Buttons verwenden. Der Ausgang der Verfahren ist noch ungewiss. Datenschutzrechtliche Risiken können wie folgt gemindert werden:

  1. Eingebettete Sharing-Buttons nur mit einer so genannten 2-Klick-Lösung nutzen. Dabei werden zuerst nur funktionslose Grafiken der Buttons geladen. Erst nach Zustimmung der Nutzer per Klick laden sich die eigentlichen interaktiven Sharing-Schaltflächen.
  2. In der Datenschutzerklärung auf eingebundene Drittinhalte hinweisen und den Nutzern Links zu den Datenschutzerklärungen der Drittanbieter sowie Opt-Out-Möglichkeiten für Werbetracking anbieten.

Schleichwerbung

Hinter Schlagworten wie Blogger-Relations oder Native Advertising verbirgt sich der Wunsch, dass Werbung nicht als solche wahrgenommen und somit effektiver wird. Da der Bogen dabei immer weiter überspannt wird, rückt Schleichwerbung in sozialen Medien zunehmend in den Fokus der Verbraucherschützer. Zum Beispiel müssen Blogger oder Instagram-Nutzer oft von Auftraggebern hören, dass gekaufte Beiträge nicht als Werbung gekennzeichnet werden dürfen. Dadurch aber steigt das Risiko von Abmahnungen, die sich vor allem gegen die werbenden Unternehmen richten dürften.

Um den Status Quo nicht zu gefährden, ist der Branche daher empfohlen, die Limits nicht weiter auszuloten und allenfalls innerhalb bestehender Grauzonen zu bleiben:

  1. Erweckt der Beitrag (Blogartikel oder Social-Media-Beitrag) den Eindruck, neutral zu sein? Das ist bei Blogs von Privatpersonen (auch bei Prominenten) in der Regel anzunehmen. Marken-Profile oder Corporate Blogs erwecken dagegen keinen Eindruck der Neutralität und können grundsätzlich ohne besondere Hinweise für Dritte werben.
  2. Wurde der Beitrag mit Geld oder Sachzuwendungen bezahlt? Werden Sachen (zum Beispiel Produkte, Reisen) ohne die Verpflichtung einen Beitrag zu verfassen gestellt, kommt es auf deren Wert an. Bei Videos muss ab einer Summe von etwa 1.000 Euro ein Hinweis auf die Produktplatzierung erfolgen. Ob dieser branchenübliche Wert zum Beispiel auch auf Blogger übertragen werden kann, ist umstritten.
  3. Wird auf den Entgelt-, also den Werbecharakter, deutlich hingewiesen? Die aus dem redaktionellen Trennungsgebot bekannten Hinweise wie „Anzeige“ oder „Werbung“ reichen aus. Ob der in sozialen Medien gängige Begriff „Gesponsert“ als Werbehinweis ausreicht, wurde bisher nicht entschieden. Auch mit der Ablehnung der „Sponsored by“-Hinweise trug der BGH nicht zur Klärung bei, da sich das Urteil auf periodische Printmedien bezog (Urteil 06.02.2014, Az. I ZR 2/11). Bei kostenlosen Sachzuwendungen reicht ein klärender Hinweis, zum Beispiel im Text eines Blogbeitrags, aus.

Fazit

Rechtliche Ungewissheiten lassen sich bei rapiden technischen und sozialen Entwicklungen nicht vermeiden. Im Marketing werden jedoch nicht die Vorsichtigen, sondern die Mutigen belohnt. Das zumindest, wenn sie die obigen Tipps beachten und das Risiko auf ein wirtschaftlich verträglichen Maß senken.

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Jason A. Howie