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Nun war er also da. Sir Richard Branson. Und das trotz des Fahrradunfalls, den er vor wenigen Tagen bei einer Tour von der Schweiz nach Süditalien erlitten hatte. Der Sturz – beziehungsweise ein möglicher Ausfall Bransons – hatte im Vorfeld der Münchener Tech-Konferenz Bits & Pretzels für einen kurzen Rückgang der Ticket-Verkäufe gesorgt, wie die Macher des Events schon am ersten Tag verrieten.

Branson ist eben ein gesuchtes Gründer-Vorbild. Und man kann dem 66-jährigen Virgin-Boss gut zuhören. Wenn er über seine Abenteuer erzählt. Atlantik-Überquerung im Heißluftballon. Besteigung des Mont Blanc. Am Tag nach der Konferenz will er mit seiner Familie vom italienischen Festland nach Sizilien schwimmen – den Ärmelkanal hat er auf diesem Weg längst bezwungen.

In München standen aber an diesem Montag andere Abenteuer auf der Tagesordnung: US-Tech-Journalistin Kara Swisher löcherte Branson vor allem zu geschäftlichen Themen – wobei man bei Branson niemals genau weiß, ob er da eine Grenze sieht. Sanfter Einstieg: Was man als Entrepreneur brauche? „Sie müssen unbedingt das Leben der Menschen verbessern wollen.“ Okay, das hat man schon mal gehört. Auch dass gut ist, sich mit Menschen zu umgeben, die besser sind als man selbst. Dann wird es konkreter: „Die müssen schnell in wichtige Positionen gesteckt werden und sie müssen Fehler machen dürfen.“ Man Es sei wichtig, sich gut um seine Mitarbeiter zu kümmern. Angesprochen auf Steve Jobs sagt Branson nur: „Es mag vielleicht einige gegeben, die das auch auf eine andere Art geschafft haben.“

Zum Thema Führung hat Branson eine sehr starke Meinung: In zwei Jahren müssten Gründer jemanden gefunden haben, der die Company besser führen kann als sie selbst. „Dann kann man sich um die Familie kümmern. Ein Leben haben.“ Oder das nächste Startup gründen. Das klingt zwar gut. Der Blick auf die hiesige Startup-Szene – und auch auf die in den USA – zeigt aber, dass die wenigsten diesen Absprung hinkriegen. Oder sie wollen es gar nicht. Ob sich Gründer also selbst feuern müssen? „Ja, warum nicht, das klingt doch gut!“ Er selbst promote meistens Leute von innerhalb des Unternehmens. Weil er die kennt. „Man weiß da, was man bekommt.“

Branson und seine Teams hätten aber auch Fehler gemacht. Vor allem dann, „wenn wir ohne guten Plan einen Giganten stürzen wollten.“ So, wie er versucht hatte, mit Virgin Cola das mächtige Coca Cola zu Fall zu bringen. Der US-Konzern habe „heftigst zurückgeschlagen“ und wenig später sei die Branson-Marke wieder von der Bildfläche verschwunden. „Die hatte auch nichts Besonderes, sie war Coca Cola zu ähnlich“, gesteht Branson heute ein.

Später gibt er noch zu: Er habe einmal ein Angebot abgelehnt, 40 Prozent der Billigfluglinie Ryanair zu kaufen. Er wollte die eigene Marke Virgin Atlantic nicht schädigen. Heute sagt er: „Vielleicht wäre es okay gewesen, die Marke doch ein ganz klein wenig zu schädigen“ – und lacht.

ba-cant-get-it-up-12887Ohnehin hat Branson es mit dem Humor. Auf der Bühne, aber auch im Geschäft. Als der Konkurrent British Airways als Hauptsponsor das Londoner Riesenrad aufstellen wollte, gab es Probleme. Er habe den Leuten was zu sehen geben wollen. „Also haben wir einfach ,BA can’t get it up’ auf ein Luftschiff geschrieben – und nur wir waren auf den Titelseiten.“

Noch eine Geschichte aus dem Nähkästchen gefällig? Als NBC den Superbowl von einem Virgin-Luftschiff filmen wollte, durfte das Virgin-Logo nicht gezeigt werden, weil die Branson-Company keinen teuren Sponsoring-Vertrag hatte. Gleiche Masche wie in London: „NBC-Kameraleute sind die bestaussehenden Kerle in Amerika“, habe Branson auf das Luftschiff schreiben lassen – und schon richteten alle ihre Kameras darauf.

Branson hat viel zu erzählen, das muss man ihm lassen. So die Geschichte, wie er zu seiner ersten Airline kam: Er habe von Puerto Rico aus auf die Virgin Islands fliegen wollen, wo „eine hübsche Dame“ auf ihn wartete. Weil der Flug gestrichen wurde, mietete er ein Flugzeug, schrieb er „Virgin Islands 39 Dollar“ drauf und nahm einige der ebenfalls wartenden Passagiere mit. Am nächsten Tag rief er bei Boeing an, um zu fragen, was eine gebrauchte Maschine kosten würde.

Branson hat hohe Ziele beim Thema Fliegen. Er will unbedingt ins Weltall, „es verändert die Menschen.“ Neun von zehn Leuten wären begeistert, einen solchen Trip machen zu können. „Was den Mars angeht, da hat Elon die Nase vorn. Aber ich denke, wir können ihn einholen.“ Dass es derzeit noch gefährlich sei, ins Weltall zu kommen, betont Branson gleich mehrfach. Virgin Galactic verlor bereits ein bemanntes Testflugzeug. Er wolle erst ins All fliegen, „wenn die Testpiloten ihre Arbeit fertig gemacht haben.“ Ob er das noch erleben werde? „Mein Vater wurde 100, also habe ich die Zeit auf meiner Seite.“

Artikelbild: Gründerszene / Christina Kyriasoglou; Foto: Virgin / Richard Branson