Arno Heinisch hat mit erprobten Moderatoren Rocket Beans gegründet
Das klassische Fernsehen stirbt aus, da immer mehr Menschen selbst entscheiden, was und wann sie etwas konsumieren wollen. In diesen Zeiten einen Online-TV-Sender zu starten, das klingt schon verrückt – gewagt hat es Arno Heinisch vor einem Jahr dennoch. Mit Rocket Beans TV erreicht er vor allem junge Menschen, die dem Fernsehen eigentlich den Rücken gekehrt haben.
Heinisch arbeitet seit 20 Jahren im Mediengeschäft. Neben ihm als Geschäftsführer stehen die Moderatoren Daniel Budiman, Etienne Gardé, Nils Bomhoff und Simon Krätschmer hinter Rocket Beans. Gemeinsam waren sie zuvor bei „Game One“ tätig. Nach dem Aus der TV-Sendung starteten sie mit der Rocket Beans Entertainment GmbH neu und beschäftigen mittlerweile über 60 Mitarbeiter. Nach eigenen Angaben erreicht Rocket Beans bis zu 120.000 Zuschauer täglich. Arno Heinisch im Gespräch mit Gründerszene.
Arno, muss man ein bisschen verrückt sein, um ein Projekt wie Rocket Beans zu starten?
Positiv verrückt, ja, wahrscheinlich schon und das gerne! Aber letztlich gab es zwei entscheidende Faktoren, die uns den Mut gegeben und die dazu geführt haben, das Projekt Rocketbeans.tv als 24-Stunden-Sender zu starten.
Und welche sind das?
Die Unterstützung durch unsere Community vor dem Senderstart und die Tatsache, dass im Dezember 2014 die Viacom-Senderkette unser TV-Format „Game One“ nach acht Jahren eingestellt hat. So mussten wir ja eine Entscheidung fällen! Der Traum von einem eigenen Sender, den gab es schon länger, nur realisiert man so ein Mammut-Projekt mal nicht so nebenbei. Durch das Aus von „Game One“ hieß es für uns hop oder top. Laden dicht machen oder Flucht nach vorne!
Rocket Beans ist derzeit sehr erfolgreich. Es gibt kaum vergleichbare Angebote im Netz. Hattet ihr Glück?
Glück gehört dazu, aber im Endeffekt sind alle unsere Taten aus den letzten 15 Jahren einzelne Puzzleteile, die den Sender heute im Ganzen funktionieren lassen und erfolgreich machen: Dass meine Jungs bei GIGA moderiert haben und wirkliche Skills in Sachen Improvisation und Entertainment in die Wiege gelegt bekommen haben, dass MTV uns die Freiheit gab, uns in über 300 Folgen „Game One“ kreativ auszuleben und somit unsere Community weiter auszubauen, dass wir 2012 unseren YouTube-Kanal „RocketbeansTV“ gegründet haben, um uns neben Gaming im popkulturellen Bereich auszutoben. All das fügt sich jetzt in dem Sender zusammen und ergibt Sinn.
Lineares Fernsehen sei nicht tot, heißt es von euch. Aber geht der Trend nicht hin zu selbstbestimmter und kurzweiliger Unterhaltung?
Klar geht der Trend dahin. Das geht mit unserer Mediathek bei Youtube ja auch. Aber entscheidend und besonders ist, dass wir bis zu zehn Stunden jeden Tag frischen Live-Content produzieren. Ein gemeinsames Live-Zuschauerlebnis und das Austauschen parallel im Chat schaffen einen zusätzlichen Reiz. In unserer Sendung Chat-Duell beteiligen sich über 20.000 Leute live an der Sendung und bestimmen, was die Kandidaten im Studio vorhersagen müssen. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir schnell und direkt sind. Wir testen vorher nicht und geben das dann in die Marktforschung. Wir haben eine Idee, finden die super, probieren das direkt live aus und haben mit der Community einen Echtzeit-Feedback-Kanal.
Mit der Abkehr vom klassischen TV habt ihr euch abhängig von Portalen wie Twitch oder Youtube gemacht. Wenn dort eine Stellschraube anders gedreht wird könnte das euren finanziellen Ruin bedeuten.
Das stimmt so nicht. Im Gegenteil, wir funktionieren, obwohl es sowohl bei Twitch als auch bei YouTube noch ganz schön Luft nach oben bei den Revenues gibt. Wenn dort Stellschrauben anders gedreht werden sollten, dann kann man davon ausgehen, dass dies zu unseren Gunsten sein wird, da ein konstruktives Arbeitsverhältnis herrscht.
Durch die beiden Online-Kanäle steht eurer Internationalisierung eigentlich nichts im Wege – wäre da nicht die Sprachbarriere. Was plant ihr diesbezüglich?
Das ist eine sehr gute Frage und ein Thema, dem wir uns schon seit längerem widmen. Aber unsere Strategie lautet: Schritt für Schritt! Der Sender ist organisch aus uns heraus gewachsen und nicht von irgendwelchen Finanzstrategen am Reißbrett entworfen worden. So wollen wir weiterwachsen und weiter den Sender vorantreiben!
Die Werbefinanzierung ist so gut wie tot. Wie finanziert sich ein Online-Sender wie Rocket Beans?
Ich glaube unser Modell funktioniert, da es auf viele, insgesamt sieben Monetarisierungssäulen setzt: Freiwillige Spenden, Twitch-Subscriber, Affilliate-Links, Merchandise, Twitch-Revenues, YouTube-Revenues und eigene Vermarktung. Keine alleine würde den Sender auch nur im Ansatz tragen. Alle zusammen ergeben ein funktionierendes Modell und zwar vom ersten Sendetag und ohne Venture-Kapital, das ist schon echt etwas Besonderes! Allerdings müssen wir aufpassen, unsere monatlichen Ausgaben schießen fortlaufend seit Januar 2015 in die Höhe. 2015 war das Startjahr und wir haben sehr viel reagiert, 2016 wollen wir mehr agieren.