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Viel Neues, wenig FinTech

Fast konnte man vor lauter Jumia, Lamoda, Dafiti oder Shopwings den Überblick verlieren, als Rocket-Internet-Chef Oliver Samwer heute die Geschäftsergebnisse der letzten Monate verkündete. Um es knapp zusammenzufassen: Umsätze und Ebitda-Margen seien gut gewesen, der Rocket-Vordenker gab sich zufrieden mit der Entwicklung im ersten Halbjahr. Eine andere Botschaft war auch kaum zu erwarten. Und dort, wo die Gewinne fern und die Umsätze noch gering sind, liege das eben an den Expansionskosten und dem bewusst frühen Einstieg in den Markt.

Abseits von Kennzahlen gab es aber doch einige interessante Neuigkeiten bei Rockets erster Geschäftsergebnisse-Präsentation nach dem IPO. Zum Beispiel den Einstieg in ein neues Segment: Die Samwer-Crew will demnach als nächstes die Reisebranche aufmischen. An dem aus den Niederlanden stammenden und auch hierzulande aktiven TravelBird und dem indonesischen Traveloka ist Rocket Internet mit 16,1 Prozent beziehungsweise 36 Prozent beteiligt, sie sollen der Grundstein für die neue Rocket-Sparte sein. Erfahrungen im Reisebereich haben die umtriebigen Samwer-Brüder zudem schon vor einiger Zeit bei Trivago gesammelt.

Über alle Segmente hinweg will Rocket Internet im kommenden Jahr zehn neue Unternehmen gründen, betonte der Firmenchef. Das entspreche dem Tempo in diesem Jahr, bei sieben bereits gestarteten Ventures seien weitere drei noch in der Pipeline. Immer stärker werde man dabei auch auf Marktplatz-Ansätze setzen. Die sollen das Risiko minimieren und gleichzeitig „die bestehenden technischen Möglichkeiten der Rocket-Plattform nutzen“.

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Den Fokus auf Wachstumsmärkte wie Indonesien bekräftigte Samwer aus den bekannten Gründen: Man baue auf eine langfristige Entwicklung. Auch wenn immer wieder betont werde, dass die Online-Durchdringung in diesen Märkten oft nicht hoch sei, sieht Samwer genau dies als Vorteil. „Wir haben erkannt, dass sich das Nutzerverhalten auch in solchen Ländern schnell ändern wird.“ Und: Alibaba habe gezeigt, dass ein Marktführer längst nicht mehr unbedingt aus den USA kommen müsse.

Eine nach eigenen Angaben wichtige Zusammenarbeit hat Rocket Internet nun mit Facebook gestartet: Die Startup-Schmiede nimmt demnach am Beta-Programm für soziale Werbung des Netzwerks teil. Die von Oliver Samwer formulierten Ambitionen sind gewohnt groß: Man wolle „Weltmarktführer bei Werbung auf Facebook“ werden. Neben dem frühen Zugang zu neuen Werbefunktionen gehört offenbar auch eine regelmäßige Mitarbeiterschulung zu den Vereinbarungen.

Übrigens: Bei all den Ausführungen über langfristiges Denken, Mode, Plattformen oder Marktplätze fiel ein Stichwort auffällig selten: Fintech nämlich. Dem Vernehmen nach läuft das Geschäft im vor wenigen Monaten noch zum neuen Fokus ausgerufenen Segment sehr langsam an. Offenbar ist die Finanzwelt schwieriger zu erobern, als die Brüder es sich zunächst vorgestellt haben.

Die Rocket-Kennzahlen des ersten Halbjahres im kurzen Überblick:

Der Wert aller Beteiligungen des Samwer-Inkubators habe seit dem Börsengang Anfang Oktober um 74 Millionen Euro auf rund 2,7 Milliarden Euro zugelegt, so das Unternehmen.

Allerdings bleiben bei diesem Wert durchaus Fragen offen:

Im ersten Halbjahr stand unter dem Strich dennoch ein Verlust von 13,26 Millionen Euro.

Mit der Ebitda-Marge beziffert Rocket Internet die Rentabilität von Investitionen: Im ersten Halbjahr ist die Kennzahl im Vergleich zu 2013 um durchschnittlich zwölf Prozentpunkte gestiegen. Mit durchschnittlich minus 55 Prozent liegt sie bei den zwölf wichtigsten Beteiligungen allerdings immer noch deutlich im negativen Bereich.

Gut entwickelt hat sich das Bruttowarenvolumen, also die durch Verkäufe über die Website eingespielte Summe, betonte Samwer. Es habe sich bei den zwölf „Proven Winners“ im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt.

Das wirkte sich auch auf den Umsatz aus, der sich den Angaben zufolge bei den 12 Vorzeige-Startups auf 504 Millionen Euro summierte. Den größten Beitrag lieferten die Modehändler Dafiti mit 83 Millionen Euro und Lamoda mit 79 Millionen Euro sowie der Möbelhändler Westwing mit 76 Millionen Euro.

Das gesamte Firmennetzwerk habe derzeit rund 25.000 Beschäftigte, ein Plus von mehr als 20 Prozent innerhalb von fünf Monaten.

Bild: NamensnennungWeitergabe unter gleichen Bedingungen Bestimmte Rechte vorbehalten von Matt Biddulph