Samwer Brüder
Samwer Brüder Die Samwer-Brüder Marc, Oliver und Alexander

Samwer-Buch: Die Paten des Internets

Die Samwer-Brüder sind derzeit in allen Medien – und aller Munde. Spätestens, seitdem es ein offenes Geheimnis ist, dass sie mit ihrem Inkubator Rocket Internet an die Börse wollen, zeigt sich auch die Öffentlichkeit interessiert an den drei Brüdern Oliver, Marc und Alexander. Wer die Szene schon länger mitverfolgt, weiß derweil, dass die Samwer’schen Geschäftspraktiken alles andere als unumstritten sind.

Joël Kaczmarek hat sich diese einmal genauer angesehen und seine Erkenntnisse in seinem Buch „Die Paten des Internet“ zusammengefasst. Auf rund 400 Seiten beschreibt er, wie die Samwer-Brüder zunächst mit dem Ebay-Klon Alando, den sie für 43 Millionen US-Dollar ans US-Vorbild verkauften, und dem Klingelton-Anbieter Jamba, der für 273 Millionen Dollar den Besitzer wechselte, den Grundstein für ihr Imperium legten. Aber auch der Verkauf von MyCityDeal an die Schnäppchenschleuder Groupon sollte eine maßgebliche Entwicklung darstellen – sowohl für die Brüder als auch für das US-Unternehmen, an dem die Samwers nach dem Deal beteiligt waren.

Diese Situation beleuchtet der folgende erste Auszug, ein zweiter wirft einen Blick auf die Zukunft von Rocket Internet – ein brisantes Thema, nachdem die Brüder zuletzt auch ihre privat gehaltenen Beteiligungen in den Inkubator einbrachten.

Wie ein Internetpate Druck ausübt

In der Folge stellte sich angesichts der Kompromisslosigkeit und analytischen Härte, mit der speziell Oliver Samwer auftrat, ein massiver Kulturschock bei den amerikanischen Mitarbeitern ein. Unter dem »German Way« wandelte sich Groupons amerikanisches Hauptquartier immer mehr zu einem vertriebsorientierten Bienenstock. Was die US-Mitarbeiter des Unternehmens nicht ahnen sollten: Um bei Groupon entsprechenden Druck aufzubauen, griff Oliver Samwer auf ein perfides Manipulationsgeflecht aus psychologischen Faktoren zurück.

Durch unerreichbar hohe Ziele in Kombination mit langen Arbeitszeiten wurden Groupons Mitarbeiter bis an ihre Leistungsgrenzen geführt. Unter seiner Ägide schuf das Brüdertrio eine Form des Unternehmertums, die Menschlichkeit komplett ausklammerte und dafür auf eine Politik der klaren Sachverhalte setzte.

Pragmatisch und zielorientiert agierten die Samwers wie schamlose Executers, die sich nicht mit ausschweifenden Erläuterungen aufhielten, sondern mit »One-Minute-Mails« und purer Kennzahlenabfrage durch das Unternehmen ritten. Es zählten nur wirtschaftliche Fakten und um diese zu erreichen, waren Druck und Angst die Samwer’schen Stilmittel. Abrupt im Gespräch beendete Telefonate, Stakkato-E-Mails mit Anweisungen, Wutausbrüche in Meetings und das Herunterputzen der eigenen Mitarbeiter vor dem Team waren an der Tagesordnung, wenn ein Samwer-Bruder bei Groupon aktiv wurde.

Selbst gestandene Manager verließen Meetings mit ihnen weinend, verbanden die Samwers ihre Drohkulisse doch mit tiefer Detailkenntnis und einer Kampfrhetorik, die ihre Wirkung zumeist nicht verfehlte. Den massiven Druck in der täglichen Arbeit konterkarierte Oliver Samwer mit aufmunternden persönlichen Worten im privaten Gespräch und schuf für viele einen ambivalenten Kosmos aus Überforderung und Zuspruch. Für Oliver Samwer tätig zu sein und dessen Ansprüche zu erfüllen, verband sich mit einem gewissen Pathos. Wer dazugehören wollte, musste leisten.

Und dieses Pathos zählt bis heute zum Methodenkern der Führungslehre à la Oliver Samwer. Stets fordert er Loyalität ein und verbindet mit der täglichen Aktivität die Bildwelt eines Unternehmers, der die Welt verändert. Zwar ist diese Loyalität stets nur einseitig, gibt dem Gegenüber aber das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein, einer Gemeinschaft, die etwas verändert und damit ihre Mitglieder beflügelt. Die Unverfrorenheit des Vorgehens der Samwers und das Ignorieren jeglicher Konvention hat etwas Beeindruckendes.

Oft stecken Mitarbeiter in einer Mühle des Drucks und laufen nur noch mit, ihnen fehlt der Abstand für eine Beurteilung des Geschehens. Die Arbeit mit Oliver Samwer zeigt ihnen, wie viel in kurzer Zeit geschafft werden kann, sie gibt einen Kick und hebt die Mitstreiter des Unternehmers in andere Bewusstseinsebenen. Die Erfüllung dieser Leistungsgemeinschaft liegt deshalb für den Einzelnen nicht selten im Erlangen der Aufmerksamkeit und Anerkennung ihres Anführers. Denn wie kein Zweiter versteht es Oliver Samwer, andere von sich abhängig zu machen – sei es durch Anteilsklauseln, Arbeitsverträge oder den guten Ruf. Wie ein Raubtier wittert er die Schwächen des Gegenübers und optimiert seine Geschicke so, dass er am Ende stets die Zügel in der Hand hält.

„Das Konzept von Zuckerbrot und Peitsche beherrscht Oliver Samwer bis ins Detail, nur dass er dabei sogar das Zuckerbrot weglässt. Die Messlatte liegt so hoch und es gibt so wenig Lob, dass es einen eigentlich demotivieren sollte. Aber während Oliver Samwer öffentlich oft aggressiv und pushy ist, kann er im Einzelgespräch auf einmal so charmant sein, dass viele ihm anschließend ihre Qualität beweisen wollen.“
Ein ehemaliger Groupon-Mitarbeiter über Oliver Samwers Methoden

Dabei waren die Vorgaben der Samwers gar nicht dazu gedacht, dass sie erreicht werden konnten. Die Mitarbeiter von Groupon sollten stattdessen über sich selbst hinauswachsen, ihre gewohnten Grenzen überschreiten und mehr als ein gesundes Höchstmaß leisten. Auf diese Weise kitzelte der erfahrene Unternehmer aus vielen seiner Mitarbeiter mehr Leistung heraus, als irgendjemand zuvor es vermocht hatte. Die Kehrseite: Aufgrund des hohen Drucks, der sich aufbaute, kam es zu zahlreichen Mitarbeiterausfällen durch Burnout. Wer der hohen Arbeitslast und dem damit verbundenen Druck nicht standhalten konnte, schied aus gesundheitlichen Gründen aus. Primäre Adressaten der Samwer-Druckkulisse waren Groupons Geschäftsführer – ein Arbeitstag begann in der Geschäftsführung meist morgens in der Frühe und endete spät in der Nacht.

Gewöhnliche Mitarbeiter bekamen die Samwers derweil nur selten zu sehen. Und kamen sie doch einmal zu einem Meeting, rollten nicht selten die Köpfe von vermeintlichen »Nicht-Performern«. Machte ein Samwer-Bruder nicht gerade selbst Ansagen, ließ er Druckszenarios über Groupons vier Geschäftsführer verbreiten. War Oliver Samwer zugegen, verkamen Meetings häufig zu Flugzeugträgeransprachen, bei denen der erfahrene Unternehmer militärisch gefärbte Monologe über die einzuschlagende Marschroute des Geschäfts abhielt und das bisherige Vorgehen kritisierte. Getrieben von Aggressivität und cholerischen Anfällen konnte Oliver Samwer in Gesprächen auch einen Monitor samt Tastatur vom Tisch fegen oder Gegenstände nach Mitarbeitern werfen.

Das Unangenehme dieses druckgeführten Managementstils lag jedoch insbesondere in der psychologischen Komponente, dass Oliver Samwer es verstand, seine Mitarbeiter dazu zu bringen, gegen jene Geschäftsethik zu verstoßen, die der gesunde Anstand für gewöhnlich gebot. Egal ob Mitarbeiter zu jeder Uhrzeit mit zahlreichen Anrufen bedacht oder aber Verkaufsobergrenzen von Deals entfernt werden sollten: Der moralische Verfall auf der Führungsebene war nicht weit.

Schließlich präsentierte sich der Samwer-Clan selbst genauso hemdsärmelig und war sich für nichts zu schade. Insbesondere Oliver Samwer lebte jene Workaholic-Mentalität vor, die er von seinen Mitarbeitern verlangte und steckte tief in den Details des Unternehmens. Bei einem London-Besuch war es für den Anpeitscher überhaupt kein Problem, vier Stunden unter seinem Bürotisch zu schlafen, anstatt sich ein Hotelzimmer zu nehmen. Die Marschrichtung lautete stets: »Noch mehr holen, noch härter sein, noch schneller agieren.« Wer hier nicht reinpasste, wurde angezählt. Ein Vorgehen, das auch auf die Führungsriege unter Oliver Samwer abfärbte.

„Problematisch sind die Nachahmer auf Managementebene, die weder die Skills, das Standing, den Track-Record oder die psychologische Größe haben, um Oliver Samwers Methoden akkurat kopieren zu können. Diese Akteure sind sehr intelligent, gleichen diesen Mangel aber durch noch mehr Druck aus und machen sich damit irgendwann auch lächerlich.“
Ein ehemaliger Mitarbeiter über das Managementverhalten bei Groupon

Selbst erfahrene Unternehmensberater, die Oliver Samwer aufgrund ihrer Leistungsbereitschaft für seine Zwecke häufig bei McKinsey abwarb – allein 2011 sollen rund 40 Mitarbeiter die Beratungsfirma in Richtung Samwer-Unternehmen verlassen haben –, wickelte der cholerische Anführer so um den Finger. Den gut bezahlten Beratern bot er ein höheres Gehalt und stellte ihnen Anteile an Groupon in Aussicht. Gleichzeitig ließ er es aber nie zu einem Vertrag kommen, der diese Versprechen rechtlich durchsetzbar machen würde.

Erfüllte der Betroffene dann die unerreichbar hohen Ziele der Position nicht, war eine Neuverhandlung der Anteilsfrage die Konsequenz, bei der das Gegenüber regelmäßig den Kürzeren zog. Geschickt nutzte Oliver Samwer dabei eine Grundangst der Beraterzunft aus: Die Furcht vor Lücken im Lebenslauf bewegte viele ehemalige Unternehmensberater, länger bei Groupon zu bleiben, als ihnen lieb war.

Jene Fähigkeit, die Wünsche seines Gegenübers zu erkennen und ihre Erfüllung in Aussicht zu stellen, war es, die Oliver Samwer zu einem echten Paten der Internetbranche werden ließ. Während er Unternehmensberater mit hohen Gehältern und Anteilen lockte, versprach er den Mitarbeitern im Vertrieb hochtrabende Titel und gewann hochkarätige Absolventen mit der Aussicht auf Start-up-Erfahrungen und Auslandsaufenthalte. Zu einem Zeitpunkt soll Groupon allein 15 »Head of Sales« gehabt haben, schließlich kosteten Titel nichts und wurden deshalb zum Allheilmittel bei Groupon.

Und gab es doch einmal Verwirrung, war die Devise klar: »Ist mir scheißegal, nenn’ dich wie du willst, Hauptsache, du holst den Deal.« Schließlich hatten die Samwers einen lukrativen Exit fest im Visier und machten die Konzentration auf hohe Umsätze (unabhängig von den Kosten) zum Diktat des Unternehmens. Den zentralen Baustein sollten dazu die aus ihrer Sicht wichtigsten Bereiche bilden: Marketing und Vertrieb.

Bitte wenden – hier geht’s zum zweiten Buchauszug.

Der Text ist ein Vorabdruck mit freundlicher Genehmigung des Finanzbuch Verlags in München.

BILD: DIE PATEN DES INTERNETS / FINANZBUCH VERLAG MÜNCHEN

Samwer Brüder
Samwer Brüder Die Samwer-Brüder Marc, Oliver und Alexander

Ein Imperium auf Pump?

[…] Trotz aller Superlative bleibt ein großes Fragezeichen hinter dem langfristigen Erfolg der Samwers. Längst haben sie es zu großem Wohlstand gebracht und ein Privatvermögen angehäuft, das sich wohl merklich über der Milliardengrenze bewegen dürfte.

Nur überschaubar viele Wegbegleiter sind mit ihnen reich geworden und während ihre Leistungsfähigkeit ebenso außer Frage steht wie die Qualität ihrer durchorganisierten Struktur, ist ihre Milliardenwette mit Rocket Internet beileibe noch nicht gewonnen. Doch ist das noch wichtig? Denn so oder so: Die Samwers haben immer gewonnen. Beim Aufbau ihrer Start-ups und den damit verbundenen Megafinanzierungen cashten sie in regelmäßigen Abständen aus und verdienten alleine bei einem Verkauf von Zalando-Anteilen unglaubliche 500 Millionen Euro. In einem Gefüge, in dem sie die Regeln diktierten, aber auch einen Großteil der Wertschöpfung beisteuerten, konnten sie nicht verlieren.

Für die dabei entstandenen Unternehmen und ihre beteiligten Finanziers bleibt die Frage nach Erfolg oder Misserfolg derweil offen. Sie finanzieren die Vorhaben der Samwers und bis heute schreiben die meisten Start-ups des komplexen internationalen Firmengeflechts tiefrote Zahlen. Oliver Samwer wischt diesen Umstand gerne mit dem Hinweis beiseite, dass die Unternehmen der Samwers ihr Geld lieber in Wachstum investieren, anstatt es auszuschütten.

Eine plausible Argumentation, die den charmanten Nebeneffekt hat, dass den Samwers auf Jahre das mögliche Nicht-Funktionieren ihrer Ideen nicht nachgewiesen werden kann – entweder geht der Plan auf und Zalando & Co. schreiben schwarze Zahlen oder das Unterfangen fährt gegen die Wand und alle hochtrabenden Pläne platzen wie eine Seifenblase.

In anschaulichen Metaphern, mit denen sich Oliver Samwer gerne als Macher à la Bob, der Baumeister, oder sparsam-charmant wie William Wallace aus Braveheart verkauft, wirken die Pläne der Samwers schlicht logisch und naheliegend. Nach all seinen gelegenheitsgetriebenen Erfolgen platzierte das Trio schließlich eine ambitionierte Wette: Laut Oliver Samwer wächst der globale E-Commerce noch 20 Jahre lang und geht es nach ihm und seinen Brüdern, nimmt Rocket die Poleposition im Rennen um weltweite E-Commerce-Umsätze ein.

Derzeit mag der Internethandel hierzulande einen Marktanteil von vielleicht zehn Prozent einnehmen und bestehende Einzelhändler nicht auf den Plan rufen, weil viele den Brandbeschleuniger Onlinehandel noch immer als temporäre Erscheinung fehldeuten.

Doch kippt der Trend zugunsten der Onliner, sind »Oli« und seine Brüder als Erste da. Und das nicht nur in Deutschland und Europa, sondern auch in den bevölkerungsreichsten Regionen der Welt, China vielleicht einmal ausgenommen. Man möchte ihm seine überkandidelten Visionen einfach glauben – ganz Internetpate eben. Dass er dabei die massiven Aufwände bei der Entwicklung von Infrastrukturen herunterspielt und gerne mal die tatsächliche Marktlage zu seinen Gunsten verdreht, macht seine unkonventionell direkte Art oft fast vergessen.

„Wenn wir jetzt nur noch alle gestarteten Unternehmen möglichst schnell in die Gewinnzone führen würden, wären wir durchfinanziert. Dann bräuchten wir kein frisches Geld mehr. Aber das wäre völlig falsch. Ein Börsengang ist bei sehr vielen unserer Unternehmen das Ziel. In 40 Jahren soll im Wikipedia-Eintrag über uns zu lesen sein, dass niemand weltweit so viele Internet-Unternehmen so systematisch gebaut hat wie wir.“
Oliver Samwer über die Ambitionen seiner weltweiten Gründungsvorhaben

Dabei blieb doch auch Rocket Internet beileibe nicht von Pleiten verschont. Als Pinspire, eine Kopie des bekannten Onlinepinnbretts Pinterest, nicht wirklich abheben wollte, gaben die Samwers das Unterfangen ebenso auf wie den Design-Shoppingclub Bamarang, der zugunsten des ungleich besser wachsenden Möbelanbieters Westwing eingestellt wurde. Seinen Gründungen MyBrands, Ecareer und DealStreet drehte Oliver Samwer gleich mit einem Schlag den Saft ab, nachdem sich auch dort das Geschäft nicht wie gewünscht entwickeln wollte. Während MyBrands an Zalando verramscht wurde, schlitterten die anderen beiden Gründungen in die Insolvenz.

Insbesondere zur Entstehung von Rocket Internet produzierten die Samwers haufenweise Fehlschläge, darunter etwa der Twitter-Klon Frazr, die Reiseseite Dreambookers, der Beautyshop BeautyDeal, die Dokumentenplattform Doktus oder die Domainseite Inpado.

Lehrgeld der Anfangszeit, mag mancher denken. Doch selbst bei Rockets späteren Erfolgen wie Groupon oder Wimdu mussten die Samwers über Massenentlassungen knallhart durchgreifen, um ihre Gründungen auf Kurs zu halten.

Dass die weltweiten Expansionspläne an mancher Stelle auch nach hinten losgehen konnten, bewiesen die drei Macher derweil durch ihre Zusammenlegungen auf dem afrikanischen Kontinent oder als sie im Sommer 2012 kurzerhand Rockets gesamten Türkei-Standort mit 400 Mitarbeitern dichtmachten, weil die Zahlen dort keine ausreichende Perspektive boten. Konsequenz – eine dieser Samwer-Stärken. Vor allem sollte sich bei all diesen Veränderungen das Gesicht von Rocket Internet selbst wandeln. War das alte Rocket noch ein wenig ein hippes Gefüge aus Unternehmerpersönlichkeiten, die etwas bewegen wollten, folgte mit Groupon und dem schnellen Skalieren ein Bruch, der den Fokus auf Fließbandarbeiten und Angestellte aus Business-Schools und Beratungshäusern legte.

Mit Groupons Gier nach Wachstum kamen andere Typen und Rocket stand vor der Notwendigkeit, seine eigenen Strukturen neu aufzustellen und sich zu konsolidieren. Schließlich hinterließ ein weltweiter Wachstumskurs auch bei einem Oliver Samwer Spuren, insbesondere wenn damit zwischenzeitlich Rockets gesamte Führungsriege verloren ging.

Spätestens in dem Moment sollte sie wieder aufkommen, die bei vielen Externen gehegte Sorge: Waren die Samwers dabei, Kartenhäuser zu errichten, die in sich zusammenfallen würden, sobald der gigantische Fluss an Investitionsgeldern nachließe? Oder fußten die so schnell zusammengezimmerten Gründungen der Samwers doch auf soliden operativen Fundamenten? Letztlich geht es um die Frage, ob die Kernstärke der Samwers – in unvergleichlicher Geschwindigkeit globale Unternehmen aufzubauen – Abstriche bei der Nachhaltigkeit der jeweiligen Unternehmen bedeutet.

Eine entsprechende Einschätzung ließ sich damals an Alando aufgrund der kurzen Verweildauer der Samwers noch nicht ablesen. Die Geschicke von Jamba und Groupon schlugen dagegen sehr zuungunsten der Samwers aus. Das marketinggetriebene Intensivwachstum aus der Feder von Oliver und Marc Samwer wusste nicht in gleicher Weise zu überzeugen wie die strategischere Planung von Alexander Samwer mit Zalando. Wann immer Oliver Samwer ans Steuer kam – und der Alpha scheint einen Sitz in der zweiten Reihe ohnehin nie zu akzeptieren –, musste alles ganz schnell gehen und groß werden. War der grundlegende Stellhebel des Geschäfts gefunden, wurde das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt und dieselbe Vorgehensweise, die er in einzelnen Unternehmen selbst oder mittelbar umsetzte, exerzierte er auch für Rocket Internet durch.

Letztlich wird wohl nur die Zeit zeigen können, ob der Mut der Samwers belohnt wird und inwieweit Alexander Samwers werteorientiertes Denken auf das Gesamtkonstrukt abgefärbt hat. Die Chancen, dass den Samwers auch auf internationaler Bühne Erfolg beschieden ist, sind allerdings sehr gut, vereinen sie doch eine hohe Umsetzungsgeschwindigkeit und -qualität mit viel Geld.

Der Text ist ein Vorabdruck mit freundlicher Genehmigung des Finanzbuch Verlags in München.

Bild: Die Paten des Internets / Finanzbuch Verlag München