Erst in kleinem Stil in ein Startup investieren, dann das so erhaltene Wissen abgreifen und schließlich das Modell einfach kopieren – jene anscheinend im Hause Samwer praktizierte Methodik ließ sich dieser Tage wieder dank des nahenden Börsengangs der Social-Games-Schmiede Zynga (www.zynga.com) nachvollziehen. Dass das Abziehen von Wissen beileibe kein Einzelfall im Hause Samwer ist, zeigt die Investment-History der Samwers.

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Samwer-Kopien: Games, Social-Networks, Dating

Wer im Internet spielt, kennt den Social-Games-Vorreiter Zynga, der vor allem durch Facebook-Spiele wie Mafia Wars oder Farmville weltbekannt wurde. Aus den am Montag veröffentlichten Unterlagen der US-Börsenaufsicht SEC (www.sec.gov) ging hervor, dass die Samwer-Brüder in der Vergangenheit über ihre Beteiligungsgesellschaft European Founders Fund (www.europeanfounders.com) zwischenzeitlich am US-Spielehersteller beteiligt waren, dabei kopierten sie 2009 das Zynga-Konzept doch selbst: Mit dem deutschen Gaming-Unternehmen Plinga (www.plinga.com) ging ein Copycat an den Start, dass dank der Samwers in Europa kräftig am Expandieren ist und mit Nasza Klasa etwa bereits einen großeren Kooperationspartner in Polen gefunden hat.

In der Zynga-Investoren-Liste, über die das Technologie-Blog All Things D zuerst berichtet hatte, sind neben den Samwers etliche Unternehmen, Investmentfonds und Einzelpersonen aufgezählt – allen voran Suchmaschinenriese Google. Weitere Anteilseigner sind unter anderem die US-Bank Morgan Stanley oder LinkedIn-Gründer Reid Hoffman. Als einziger deutscher Investor ist eben besagter European Founders Fund aufgeführt, der jedoch erklärte, den Anteil bereits wieder verkauft zu haben.

Es darf also angenommen werden, dass die Samwer-Brüder Alexander, Marc und Oliver mit Plinga den Marktführer und direkten Wettbewerber Zynga auf Basis ihres Insider-Wissens kopierten. Mittlerweile bietet das Startup 30 Spiele in etwa zwölf Social-Networks an, die monatlich von über 16 Millionen Usern genutzt werden. Wie dreist im Falle Plinga kopiert wurde, macht sich selbst in der Namenswahl bemerkbar: Während aus den Namen der Konkurrenten Playfish (www.playfish.com) und Zynga der Unternehmensname Plinga entstand, wurden anscheinend auch die Spiele des Berliner Games-Herstellers gemäß den bestehenden Vorbildern benannt. So betitelt Plinga sein Mafia-Wars-Pendant schlicht Mafia World und anstelle von Farmville findet sich das Spiel Dorfleben im Plinga-Portfolio.

Mit der Beteiligung an Zynga wird somit ein Samwer-Muster deutlich, dass bereits in der Vergangenheit zu beobachten war: Es werden kleine Summen investiert, um Wissen abzuziehen und das Konzept dann zu übertragen. Erst investieren, dann kopieren.  Dass Plinga beileibe kein Einzelfall in Sachen Wissensabzug, sondern Bestandteil eines Musters ist, das bei den Samwers immer wieder auftaucht, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: So geschehen bei der Partnerbörse eDarling (www.edarling.de; Vorbild war hier Parship (www.parship.de)) oder bei den Social-Networks Lokalisten (www.lokalisten.de), StudiVZ (www.studivz.net) und Facebook, bei denen die Samwers nacheinander investiert waren.

Partnerbörsen-Fieber: iLove, Parship, eDarling

In Sachen Partnerbörsen haben die Samwers Investitionen in Reihe anzubieten: Mit iLove (www.ilove.de) konnten die Samwers unter dem Dach vom selbst gegründeten Klingeltonanbieter Jamba! bereits Erfahrung im Datingbereich sammeln und so bot sich aufgrund der Erfahrung die Gründung der Partnerbörse eDarling im Mai 2009 an.

Gerüchten zufolge sollen die Samwers den StudiVZ-Verkauf an Holtzbrinck damals auch befördert haben, weil ihnen im Gegenzug Anteile an der Partnerbörse Parship zugesichert wurden – ein Arrangement, von dem die anderen Investoren nichts gewusst haben sollen, das sich bisher aber auch nicht belegen lässt. Ein weiterer Wissensvorsprung war den Samwers zu diesem Zeitpunkt somit bereits sicher. Vor allem das Parship-Team dürfte irritiert gewesen sein, dass Investor Stefan von Holtzbrinck die Samwers nicht nur gewähren ließ, sondern sich über Holtzbrinck Ventures (www.holtzbrinck-ventures.com) sogar an eDarling beteiligte.

Doch die Rechnung scheint aufzugehen: Mit Christian Vollmann, dem ehemaligen Geschäftsführer von iLove und MyVideo (www.myvideo.de) an Bord sowie drei weiteren Co-Gründern, vermochte es eDarling, die bereits länger am Markt aktive Konkurrenz kräftig unter Druck zu setzen – ein Exit der Samwers wurde langsam vorbereitet. Denn das massive Wachstum bemerkte auch US-Vorbild eHarmony (www.eharmony.com) und stieg – angeblich zu einer hohen Bewertung – ein und übernahm 30 Prozent von eDarling. Bisher sind keine Details über diesen Deal bekannt, doch allem Anschein nach vollzieht eDarling derzeit einen gestuften Exit über eine Call-Put-Konstruktion.

Social-Network-Reihe: Lokalisten, StudiVZ, Facebook

In Sachen Social-Networks begann bei den Samwers alles mit den Lokalisten. Dem Social-Network, dass im Mai 2005 gegründet wurde und das es eigentlich nie so richtig über die süddeutschen Gefilde hinaus schaffte. Auch dann nicht, als die Samwers zwischen 2006 und 2008 die Mehrheit an der Online-Community an ProSiebenSat.1 Media verkauften. Das Medienunternehmen war Ende 2006 mit 30 Prozent beim Münchner Startup eingestiegen und verfügte auch über eine Kaufoption für die verbleibenden Anteile. Zum Zeitpunkt der Übernahme brachten es die Lokalisten immerhin auf über 1,8 Millionen registrierte Nutzer und gehörten damit zu den größten Social-Networks in Deutschland nach der VZ-Gruppe. Kaum waren die Samwers von Bord, begannen die Lokalisten gegenüber den eigenen Wettbewerbern an Boden zu verlieren.

Als im Oktober 2005 StudiVZ gegründete wurde, investierten die Samwers basierend auf ihren Lokalisten-Erfahrungen auch dort, bis die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck zum Jahresbeginn 2007 sämtliche Anteile an der Studenten-Community übernahm. Zum Zeitpunkt seines Verkaufs war StudiVZ mit seinen Ablegern SchülerVZ (www.schuelervz.net) und MeinVZ (www.meinvz.net) klarer Marktführer in Deutschland. Mittlerweile hat die Netzwerk-Gruppe diesen Status an Facebook verloren, in das die Samwers einstiegen kurz nachdem sie StudiVZ an Holtzbrinck verkauften.

Als Teil der Investorenrunde von Facebook dürften die drei Brüder ihr Wissen von StudiVZ genutzt haben, um Facebook bei seiner europäischen Expansion zu helfen. Im Februar 2011 verkauften die Samwers dann auch ihre Facebook-Anteile, nach rund drei Jahren Investoren-Dasein und beendeten damit vorerst ihre Social-Network-Phase, nachdem sie ihr Wissen von Beteiligung zu Beteiligung trugen.

Samwer-Copycatten funktioniert. Leider.

Fazit: Der Samwer-Stil scheint aufzugehen. Erst investieren, dann kopieren, schließlich teuer verkaufen. Nach Social-Networks und dem Dating-Segment wussten die Samwers dieses Procedere nun also auch in der Gamesbranche anzuwenden und dass die Samwers mit Copycats bisher ohnehin gut gefahren sind, zeigte Gründerszene ja auch schon in seiner Exit-Übersicht der Samwers auf.

Gründer sind also gut beraten, wenn sie sich genau überlegen, wen sie für welche Summe bei sich einsteigen lassen. Schnell sind die wesentlichen Informationen des eigenen Business-Cases abgezogen und ehe man sich versieht, wird ein Copycat vom eigenen Geldgeber aus der Taufe gehoben. Wie viel Kalkül bei den Samwers in dieser Angelegenheit dahinter steckt, bleibt Spekulation, anhand der getätigten Investments lassen sich aber dennoch entsprechende Trends erkennen.

Mitarbeit: Nora-Vanessa Wohlert

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