Matthias Schweighöfer

Es ist ein Versprechen, das den feinen Unterschied ausmachen könnte zwischen gelungen und misslungen. Arno Strobel gibt es ganz nebenbei ab, während er sein Stück Schweinefleisch zum Mittag kleinsäbelt. „Es stimmt, die Hacker in der Show scheinen wirklich übermächtig zu sein“, sagt der Informatiker und Bestseller-Autor. Aber am Ende, „so viel kann ich sagen“, werde das alles schon einen Sinn ergeben.

Strobel schreibt Thriller und hat auch das Buch zu Amazons neuer Show You Are Wanted verfasst. Der Schriftsteller war von Anfang an bei den Dreharbeiten dabei. Er sah zu, wie aus einer Idee Deutschlands erste Serie auf einem der großen Streaming-Netzwerke wurde. Am 17. März feiert das sechsteilige Hacker-Epos Premiere – und hat leider so einige Probleme, wie ein Vorab-Screening der ersten beiden Folgen in Hamburg zeigte.

Die dunkle Welt des Schweighöfers

Matthias Schweighöfer – Hauptdarsteller, Showrunner und Produzent von You Are Wanted – führt seine Zuschauer in die dunkle Welt des Identitätsdiebstahls. Hacker verursachen darin Stromausfälle, manipulieren Videoaufnahmen und erfinden Sex-Affären per Knopfdruck. Die Serie beginnt mit einem Angriff auf die Stromnetze Berlins. In der daraus resultierenden Dunkelheit suchen sich unbekannte Hacker den Familienvater und erfolgreichen Hotelmanager Lukas Franke (Schweighöfer) als Opfer aus. Mit einer gefälschten E-Mail locken sie ihn in die digitale Falle und installieren eine unlöschbare Malware auf all seinen Systemen, vom Smartphone bis zum Fernseher.

Der Horror beginnt. Franke wird samt Ehefrau (Alexandra Maria Lara) und Sohn in eine Verschwörung um die Hackergruppe Antipode hineingezogen – die sogar ihre eigene Version der Guy-Fawkes-Maske von Anonymous hat.

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Und besagte Maske ist ein Sinnbild für das Problem der ganzen Show: You Are Wanted strotzt vor Klischees. Hacker mit Kapuzenpullis, die in dunklen Räumen sitzen, geplagt von Paranoia, aber gleichzeitig geradezu übermächtig in unserer technologischen Welt. „Stell dir vor, ich bin Gott“, sagt einer der Unbekannten am Telefon. Und genau davon scheint die Serie auszugehen: Jede Kamera ist manipuliert, jedes Telefon angezapft, sogar noch im allerkleinsten Geschäft, in dem garantiert gar nichts ans Internet angeschlossen sein muss. Keine Frage, Hacker sind mächtig, aber sie sind sicher nicht so mächtig, wie es hier dargestellt wird. Leider bedient You Are Wanted damit Hollywood-Klischees, die spätestens seit Der Staatsfeind Nr. 1 mit Will Smith (1998) keiner mehr sehen will.

Popcorn-Bingewatching-Material

Doch bei der übertriebenen Darstellung der Technologie bleibt es leider nicht. Hinzu kommen Charaktere, die so eindimensional sind, dass Admins sie wohl als DAU – dümmster anzunehmender User – bezeichnen würden. BKA-Beamte zum Beispiel, die den Unterschied zwischen einer IP-Adresse und einer echten Person nicht kennen. Oder eine Ehefrau, die als völlig naiv dargestellt wird, nur damit im Laufe der Geschichte die Beziehung zu ihrem Mann Stück für Stück auseinanderbrechen kann.

Nein, You Are Wanted spielt nicht in einer Liga mit Hacker-Shows wie Mr. Robot. Aber dass eine Serie sich mit fortschrittlicher Technologie auseinandersetzt und sich dann auch noch die Mühe macht, diese Technologie wirklich verstehen zu wollen, das macht schon Spaß. Hinzu kommen die durchaus ansehnliche schauspielerische Leistung von Matthias Schweighöfer und eine Verschwörungsstory voller Cliffhanger, die You Are Wanted zu solidem Popcorn-Bingewatching-Material machen. Wer eine Metaebene sucht, gesellschaftliche Erklärungen für Hacking und die Verwirrungen im Krieg um Informationen, der wird allerdings enttäuscht, zumindest in den ersten beiden Episoden.

Aber da ist ja noch dieses Versprechen. Am Ende der ersten Staffel werde es eine Auflösung geben, die die technologische Allmacht der Hacker wieder in Perspektive setze, sagt Arno Strobel beim Mittagessen. Er muss es wissen, immerhin hat er die ganze Story noch mal als Roman aufgeschrieben.

Die erste Staffel von You are Wanted startet mit sechs Folgen am 17. März auf Amazon Prime Video.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Wired.de.

Bild: Gettyimages / Matthias Nareyek / Kontributor