Am 14. April ist es wieder so weit: Seedcamp schlägt in Berlin seine Zelte auf und ermöglicht es jungen Unternehmen für ein Funding des europa-zentrierten Accelerator-Programms zu pitchen. Gründerszene stellt das Event in einem Interview mit Philipp Möhring vor.

Seedcamp Berlin 2011, Philipp Möhring

Philipp Möhring über das Seedcamp in Berlin

Lange Eventbeschreibungen langweilen ja gerne mal, wenn sie nicht spannend verfasst sind und wer weiß besser über ein Funding-Event Bescheid, als die Macher selbst? Gründerszene hat zur Vorstellung des Seedcamps – das vielen ja auch schon ein Begriff sein dürfte – daher einmal mit Philipp Möhring gesprochen, der Associate bei Seedcamp ist und im Interview erklärt, wie Seedcamp für junge StartUps eine Gelegenheit sein kann, in der europäischen Internetszene Fuß zu fassen.

Philipp, erklär doch mal, was Seedcamp macht und wieso dies für Gründer interessant ist.

Seedcamp ist das einzige pan-europäische Accelerator-Programm mit starken Wurzeln in allen regionalen Gründerhochburgen. Das Video, das wir im letzten Jahr mit Gründerszene gedreht haben, erklärt ganz gut, wie das ganze abläuft.

StartUps bewerben sich durch unser Bewerbungssystem und unsere Jury, zusammengesetzt aus unseren eigenen Investoren sucht die Top-20-Teams aus. Diese 20 Teams verbringen dann einen Tag lang mit unseren Mentoren (zusammengesetzt aus den top europäischen und deutschen Investoren und Gründern), die ihnen in Mentoring-Sessions Feedback und Tipps zur weiteren Entwicklung geben. Im Anschluss wählen wir die Teams aus, die wir unserem Investment-Komittee vorstellen möchten, um das 50.000-Euro-Invesmtent von Seedcamp zu erhalten.

Nachdem wir in eine Firma investieren, unterstützen wir sie sehr stark beim Aufbau einer folgenden Finanzierungsrunde, um die Firma auf das nächste Level zu heben. Wir helfen unseren Firmen dabei, einen passenden Beirat zu etablieren, eine internationale Strategie zu formulieren und natürlich, sich operativ und strategisch korrekt aufzustellen. In Sachen Finanzierung haben über 90 Prozent unseres Portfolios eine Finanzierungsrunde in Höhe von 250.000 bis zwei Millionen Euro abgeschlossen, über 85 Prozent dieser Finanzierungen kommen aus unserem direkten Netzwerk, das heißt von unseren eigenen Investoren und Mentoren.

Was passiert in den Mentoring-Session? Geht es um Pitches an die Investoren?

Nein, es ist uns sehr wichtig, uns von reinen Pitch-Events abzusetzen. Die Sessions sind extrem fokussiert auf konstruktives und sehr offenes Feedback, so dass die Gründer eine echte Chance haben, ungefilterte Meinungen und Einsichten von den Mentoren zu bekommen. Gerade VCs sind somit einmalig direkt zu erreichen, da es nicht um ein Investment ihrerseits geht. Alle Mentoren sind sehr offen und haben große Freude daran, Kontakte herzustellen, Teams in die richtige Richtung zu lenken und oftmals auch längerfristig als Advisor zur Verfügung zu stehen.

Welche Teams und Firmen passen zu Seedcamp?

Wir sind sehr Produkt-fokussiert und erwarten mit einer Bewerbung zum Seedcamp mindestens einen Prototypen oder ein „Minimum-Viable-Product“, an welchem abzusehen ist, wie das Team den Markt, das Produkt und das Design versteht und einschätzt. Aus unserer Sicht ist ein simples und elegantes Produkt, welches direkten Nutzen für den Endkunden hat, die beste Vorhersage für Erfolg. So lässt sich an einem Produkt oder Prototypen oftmals erkennen, wie die Gründer den Markt und das Problem verstehen, wie sie darauf reagieren und welche Entwicklungen sie erwarten. Da wir außerdem am liebsten Teams sehen, die die technische Kompetenz im Gründerkreis haben, ist das Produkt ein guter Indikator für diesen Faktor.

Auf Business-Seite erwarten wir keine Umsätze oder wahnsinnige Traktion, aber je weiter ein Team ist, desto größere Chancen hat es natürlich auf Teilnahme und Investment.

Was tut Seedcamp für die Firmen, die ein Investment bekommen?

Die Vorteile und Nutzen für Teams unterschiedlicher Entwicklungsstufen sind sehr verschieden. So sehen wir in der Gruppe der Gewinner von Seedcamp 2010 bereits einige signifikante Anschlussrunden, da die Firmen die Kontakte zu Top-Level-VCs und internationalen Angel-Investoren direkt nutzen können.

Firmen in früheren Stadien profitieren zu Beginn vor allen Dingen von operativer Unterstützung, sei es bei der Suche von passenden Mitarbeitern, Beratern oder in allgemeinen Fragestellungen. Des weiteren ist natürlich das Netzwerk des Seedcamp-Portfolios und den „Alumnis“ früherer Jahrgänge extrem wertvoll, wenn es um einfache Fragen und Feedback geht. Wir versuchen, unsere Firmen zumindest für einige Zeit in London anzusiedeln, da wir hier neben unserem extrem starken Netzwerk für international ausgerichtete Firmen die größten Chancen sehen. Dies ist kein Muss, oft aber ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Firmen.

Wir veranstalten monatlich Treffen in London, um unser Portfolio zu versammeln und uns in themenrelevanten Workshops und Veranstaltungen auszutauschen. So haben wir neben Workshops mit großen Tech-Firmen wie Google, Facebook und Paypal oftmals Diskussionsrunden und Präsentationen von erfolgreichen Gründern, VCs und Entwicklern. Diese weitergehende Betreuung macht einen großen Teil des Mehrwerts aus, den Seedcamp mitbringt.

Langfristig veranstalten wir Demo-Days und Investor-Pitches in verschiedenen Städten, so zum Beispiel zur LeWeb in Paris, und in London im Sommer – hier besteht die Möglichkeit, vor den Top-Investoren zu pitchen und wichtige Kontakte zu knüpfen. Wir sind gerade von einer zwei-wöchigen Reise durch die USA zurückgekommen, wo wir neben Mentoring-Sessions in New York, Boston, Silicon Valley und San Francisco Firmen wie Google, Facebook, Twitter, Foursquare, MongoDB besucht haben. Zu dieser Roadshow gehören natürlich auch eine Menge Pitches für VCs, so haben wir Partner von Sequoia Capital, Union Square, Atlas, und Index Ventures, Redpoint, Matrix, DFJ getroffen.

Wie werden Investment-Entscheidungen getroffen?

Die Investment-Entscheidungen werden, genauso wie die Teilnahme an den einzelnen Events, von unserem Investment-Komitee entschieden. Da die meisten unserer Investoren auch Mentoren bei unseren Events sind, lernen sie die Teams gut kennen und sehen, wer am besten zu Seedcamp passt.

Wer sind denn eure Investoren?

Unsere Investoren setzen sich aus einigen der top Europäischen VCs zusammen: So sind beispielsweise neben den Gründungsinvestoren Index Ventures (www.indexventures.com), Eden Ventures (www.edenventures.co.uk), Doughty Hanson (www.doughtyhanson.com), Atlas Venture (www.atlasventure.com), Venrex, Anthemis, Balderton Capital (www.balderton.com), Northzone Ventures (www.northzone.com) und Atomico (www.atomico.com) im zweiten Fonds noch mehr pan-europäische Investoren wie 360 Capital Partners (www.360capitalpartners.com), DN Capital (www.dncapital.com), Notion Capital (www.notioncapital.com), The Accelerator Group (www.the-accelerator.blogspot.com) und auch einige Deutsche Angels, wie zum Beispiel Team Europe Ventures (www.teameurope.net), Lars Hinrichs, Christoph Janz, Christopher Münchhoff, und einige mehr eingestiegen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass wir von dieser Seite eine unglaubliche Unterstützung bekommen, nicht nur in monetärer, sondern auch operativer und strategischer Form.

Zu guter Letzt – was sind die Konditionen, zu denen Seedcamp investiert?

Wir investieren eine Summe von 50.000 Euro bei acht bis zehn Prozent der Anteile. Hinzu kommt natürlich noch einiges an Unterstützung durch „Services und Free-Stuff“ wie wir es nennen – unsere Partner arbeiten sehr gerne mit Seedcamp-Firmen, da geht es um Kanzleien, Tech-Firmen wie Amazon und Google etc., die ihre Infrastruktur und Services zur Verfügung stellen. Die ersten 50.000 Euro werden meist in der Zeit verbrannt, in der wir mit den Gründern eine Anschlussrunde aufbauen. Hierbei geht es natürlich mehr um Kontakte und die Möglichkeit, Türen zu öffnen.

Wie können Gründer mehr über Seedcamp herausfinden?

Am einfachsten natürlich auf unserer Website, wo in „FAQs“ und „About“ so gut wie alles erklärt ist. Bei weiteren Fragen bin ich selbst einfach zu finden und auch unsere Portfoliofirmen und Mentoren sind immer sehr gerne dazu bereit, ein wenig Feedback zu geben.

Philipp, danke für das Gespräch.