senic tobias eichenwald

Ein Geburtshelfer namens „Y Combinator“

Deutsche Startups  sind unter den Alumni des Accelerator-Programms „Y Combinator“ im Silicon Valley eher rar gesäht. Das erst im Mai dieses Jahres gegründete Senic (www.senic.com) ist eines der wenigen Ausnahmen. Sie haben am Sommerkurs des Programms teilgenommen und neben jeder Menge Expertise, Kontakte und Coachings auch eine eher geringe Anschubfinanzierung von 20.000 US-Dollar erhalten. Viel wichtiger für sie wie für andere teilnehmende Startups ist das Netzwerk: Y Combinator war schon Geburtshelfer bekannter Internetfirmen wie Airbnb, Reddit, Dropbox, Disqus.

Senic haben einen Lasermesser für Entfernungen entwickelt, der per Bluetooth mit Smartphone und zugehöriger App verbunden wird, um Architekten, aber auch Bastlern und Heimwerker das Vermessen und das Planen zu erleichtern. Mitte August hat das fünfköpfige Gründerteam um Tobias Eichenwald bei einem Demo Day präsentiert.

In Kürze werden die ersten Messgeräte in China produziert und in alle Welt verschifft. Wir unterhielten uns mit Tobias Eichenwald über seine Erfahrungen im Valley, den Lasermesser und die Pläne für die Zukunft.

Hallo Tobias. Wie weit seid ihr mit dem Produkt?

Wir haben im Juli mit der Entwicklung unseres ersten Prototypen angefangen, den wir im August dann auch schon voll funktionsfähig präsentieren konnten. Ein solch kurzer Entwicklungszyklus war vor ein paar Jahren im Hardwarebereich noch undenkbar. Die Geschwindigkeit ist zum einen ein Verdienst unseres Teams, andererseits konnten wir aber auch auf Fast-Prototyping-Techniken wie dem 3D-Druck zurück greifen. So konnten wir viel probieren und real testen, ohne uns gleich verschulden zu müssen. Derzeit sind wir mit dem „Tooling“, also dem Fräsen der Spritzgussformen und der Vorbereitung der Maschinen beschäftigt. Die erste Runde unserer Massenproduktion ist für Dezember geplant.

Senic-Mitgründer: Tobias Eichenwald

Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen so etwas zu machen?

Durch meine Familiengeschichte: Mein Vater gründete vor knapp 25 Jahren ein Unternehmen in der Mess- und Regeltechnik. Zu den typischen Projekten des Unternehmens gehören Sensor-Monitoringsysteme für Flugzeuganlagen oder etwa die Automation von Wassersystemen von Städten.

Ich wuchs in dem Unternehmen auf und konnte über Jahre hinweg miterleben, wie sich eine Multi-Milliarden-Euro-Branche veränderte und auch in den nächsten 20 Jahren grundlegend verändern wird. Hardware wird mehr und mehr zur „commodity“ und Teil der Software. Während man vor ein paar Jahren noch zehn Elektroingenieure für die Implementierung von Sensorsystemen benötigt hat, nehmen heute Software-Entwickler deren Platz ein. Dies gilt insbesondere auch für Messtechnik wie unser Distanzmessgerät.

Es ist heute nicht mehr eine Frage, ob diese Geräte durch mit dem Smartphone verbundene Devices ersetzt werden, sondern wann, wie und von wem. Wir wollen das Unternehmen sein, dass diese Entwicklung anführt und die Messtechnik revolutioniert.

Ihr habt beim Accelerator-Programm „Y Combinator“ mitgemacht. War das eure erste Erfahrung mit solchen Programmen?

Ja. Nachdem wir ein „Proof of Concept“ Anfang April gebaut hatten, haben wir uns beim „German Silicon Valley Accelerator“ und Y Combinator beworden. Danach ging alles ganz schnell. Glücklicherweise wurden wir in beiden Programmen angenommen. Das war eine einmalige Gelegenheit für uns. Wir sind den Beteiligten beider Programme sehr dankbar und haben innerhalb weniger Monate mehr gelernt als wir uns hätten erhoffen können.

Was war so reizvoll am Y Combinator?

Y Combinator gilt als einer der besten Inkubatoren weltweit. Zu den Partnern und Mentoren gehören erfolgreiche Unternehmer wie Reddit-Gründer Alexis Ohanian oder Groupons Andrew Mason. Von solchen Unternehmern zu lernen hilft einem sehr. Sie haben die Höhen und Tiefen eines Startups miterlebt und ihr Lektionen gelernt. Es hilft einem vor allem Gesetzmäßigkeiten erfolgreicher Startups zu erkennen und dadurch auch aus eigenen Fehlern zu lernen. Außerdem hat uns das Seed-Investment des Y Combinators erlaubt, unsere Entwicklung voran zu treiben, ins Silicon Valley zu ziehen und unseren Traum Wirklichkeit werden zu lassen.

Hat sich während des Programms etwas an eurer ursprünglichen Geschäftsidee geändert?

Auch wenn die Hardware-Entwicklung etwas schwieriger ist, versuchen wir uns trotzdem an dem Lean-Startup-Modell zu orientieren. Wir beginnen mit einer Hypothese, testen diese mit Nutzern, iterieren wenn nötig und wiederholen diesen Prozess.

Wir haben eine Menge Gespräche mit Unternehmen aus der Baubranche und Spezialisten wie Architekten geführt und dabei einige Annahmen verworfen, um unsere Entwicklung anzupassen. Eine dieser Veränderungen ist zum Beispiel die einfache Bedienung unseres Gerätes, das mit nur einem Knopf funktioniert. Auch auf der Software-Seite hat sich einiges geändert. Teilweise mussten wir komplette Code-Teile verwerfen, da wir uns auf das falsche Problem konzentriert hatten.

Wie sieht ein typischer Tag bei euch im Silicon Valley aus?

Da wir alle mit sehr unterschiedlichen Komponenten wie „Electrical Design“, „Industrial Design“, „Mobile App Development“, „Web Development“, Marketing etc. beschäftigt sind, haben wir sehr unterschiedliche Arbeitsabläufe. Wir versuchen dem Ganzen einen Rahmen durch 2-Wochen-Sprints zu verleihen und viel zu kommunizieren. Abgesehen von den Palmen um uns herrum und dem leicht besseren Wetter unterscheidet sich unser Leben in Kalifornien aber nicht von unserem Leben in Deutschland.

Konntet ihr schon weitere Investoren für Senic gewinnen?

Ja, wir haben grade erst mit unserer Seedround begonnen und konnten weiteres Investment bekommen. Wir sind dabei, diese Runde so schnell wie möglich zu schließen, um uns wieder voll und ganz auf Senic konzentrieren zu können.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Unser Fokus liegt zur Zeit auf unseren Kunden, unserem Produkt und dem Aufbau unseres Teams. Wir werden Anfang des Jahres ein neues Büro in San Francisco eröffnen und ein Büro in Deutschland. Wir suchen dringend nach talentierten Entwicklern, sowohl im Hardware- als auch im Software-Bereich. Wer Interesse hat, soll sich am besten direkt bei uns melden.

Habt ihr schon weitere Produkte fürs Smartphone in der Pipeline?

Ja, wir haben bereits mit der Konzeption und dem Prototyping für ein neues Produkt begonnen, können dazu aber noch nichts verraten. Wer Interesse hat, uns auf unserer Reise zu begleiten, kann uns auf Facebook folgen, wo wir jeden unserer Schritte dokumentieren.

Vielen Dank und viel Erfolg dafür!

Fotos: Senic