Mit Furor gegen Trump und seine Unterstützer: Bild von einem Anti-Breitbart-Protest Anfang Februar

Von der Erfinderfirma 3M bis zur Kinderkleidermarke Zulily – 1.132 Unternehmen sind es Stand heute, die sich öffentlich verpflichtet haben, nicht mehr auf der ultrarechten US-Nachrichtenseite Breitbart zu werben. Getan haben sie das auf Druck der Initiative „Sleeping Giants“, die sich nach der Wahl von Donald Trump im November gebildet hat und die sich zum Ziel gesetzt hat, das Geschäftsmodell seiner Unterstützer im neurechten Medienkosmos zu stören. Mit Trump sei es „zu einer Ausbreitung von rassistischen, sexistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Nachrichten“ gekommen, „Fake News und hetzerische ‚Nachrichten‘-Quellen schossen wie Pilze aus dem Boden“, schreibt die Initiative.

Das Vorgehen der „Giants“ ist simpel: Auf Twitter wird ein Unternehmen aufgefordert, Breitbart auf seine Werbe-Blacklist zu nehmen, dann wird für eine möglichst große Öffentlichkeit gesorgt, im Idealfall reagiert das Unternehmen und willigt ein.

Vielen Firmen ist gar nicht bewusst, dass ihre Werbung auf einer Seite wie Breitbart erscheint. Das liegt an dem inzwischen weit verbreiteten Programmatic Advertising, bei dem die Werbetreibenden nur angeben, bei welcher Zielgruppe ihre Anzeige landen soll. Werbenetzwerke und -marktplätze spielen die Anzeigen dann dem passenden Nutzer aus – auf welcher Website das passiert, ist aber in der Regel zweitrangig. Doch natürlich verdient der Publisher Breitbart an den Anzeigen – und diese Einnahmequelle wollen die Aktivisten trocken legen.

Auch einige deutsche Unternehmen willigten früh ein, Breitbart zu blocken: BMW, die Deutsche Bahn, Beiersdorf, Rewe oder Eon zum Beispiel. Auch Internetfirmen wie Zalando und Helpling gehören dazu. Inzwischen sollen es schon knapp 100 sein.

Damit die Zahl weiter wächst, hat sich nun ein deutscher Ableger der „Sleeping Giants“ gebildet. Am Freitag ist der Account offiziell gestartet. In anderen Ländern gibt es schon seit einiger Zeit eigenständige „Giants“-Initiativen.

In Deutschland sei es hingegen schwierig gewesen, Aktive zu finden, die sich dem zu erwartenden Shitstorm aussetzen wollten, erklärte eine Vertreterin gegenüber Gründerszene, die ebenfalls anonym bleiben will. Denn dass die Kritik an solchen Initiativen schnell extrem und übergriffig werden kann, zeigen die Beispiele Gerald Hensel und Saskia Esken.

Wo bleibt Breitbart?
Ob und wann die Trump-Unterstützerseite Breitbart in Deutschland starten wird, ist weiter unklar. Laut Politico stocken die Expansionspläne vor allem, weil es schwierig sei, Journalisten zu finden, die für das Medium arbeiten wollten. Auch gebe es intern Unstimmigkeiten über strategische Fragen. Thomas Williams, Italien-Korrespondent der Seite, deutete Mitte Februar an, dass es noch sechs bis acht Monate dauern könnte, bis ein Deutschland-Büro bereit sei.

Der Berliner Werbefachmann Gerald Hensel lancierte Ende 2016 die Aktion „Kein Geld für Rechts“, mit der er Unternehmen aufforderte, zu überprüfen, wo ihre Anzeigen ausgespielt würden. Die Aktion war Hensels private Initiative, doch schnell brach ein Shitstorm über ihn herein, der auch seinen Arbeitgeber, die Agentur Scholz & Friends, in Mitleidenschaft zog. Hensel kündigte und zog sogar zur Sicherheit erst einmal in ein Hotel um.

Anfang Januar entdeckte die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken eine Anzeige von Air Berlin auf Breitbart und wandte sich via Twitter an die Fluggesellschaft. Die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit nannte sie eine „Möchtegern-Zensorin“, der Proteststurm im Netz folgte prompt.

Aus diesem Grund wollen die vier Menschen, die hinter dem deutschen Account stehen, ungenannt bleiben. Teilweise kennen sie sich gar nicht persönlich untereinander, weil sie nur übers Netz kommunizieren. Ähnlich wie die „Giants“-Aktiven in den USA betreiben sie den Account in ihrer Freizeit, die meisten machen „was mit Medien“.

In einem Skype-Gespräch erklärte die deutsche „Giants“-Vertreterin, man werde sich zunächst weiter auf Breitbart konzentrieren: „Da gibt es noch viele Firmen, die man auf unpassende Werbeplätze aufmerksam machen kann.“ Zwar gebe es im deutschsprachigen Raum „schon ein paar Kandidaten“ an Websites, gegen die sich die Kampagne richten könnte, keine Seite sei aber so eindeutig hetzerisch wie Breitbart. Sollte das US-Vorbild seinen Fokus erweitern, könnten die Deutschen aber nachziehen. „Wir fokussieren uns erst einmal auf Breitbart, weil die der größte Fisch sind“, erklärte ein (ebenfalls namenloser) Gründer der „Sleeping Giants“ im Januar der New York Times. Eines Tages wolle man aber die Kampagne verbreitern und weitere Akteure ins Fadenkreuz nehmen.

Für die Aktivistin hat die Kampagne eine Bedeutung, die über den Fall Breitbart hinausgeht. „Es geht auch um grundsätzliche Fragen: Wo schalten Unternehmen ihre Werbung und wissen sie, was das mit ihrer Marke machen kann? Wäre Breitbart ein Printmedium, dann würde doch niemand ernsthaft überlegen, da Werbung zu schalten. Weil es ein Online-Medium ist, ändert sich irgendwie die Wahrnehmung.“

Bild: Getty Images / Elijah Nouvelage