Eine Samsung-Smartwatch zwischen zwei Exemplaren von Motorola

Egal ob Smartphones, Tablets oder Ultrabooks – die Entwicklung neuer Geräteklassen verfolge ich immer begeistert. Nur Smartwatches ließen mich von Anfang an kalt – und das hat sich bis heute nicht geändert.

Warum? Smartwatches wollen in eine Lücke stoßen, die sich auf genau zwei Sekunden erstreckt: die Zeit, die ich brauche, um mein Smartphone aus der Tasche zu holen. Und sie können nichts besser als das Smartphone – dafür vieles schlechter oder gar nicht. Hinzu kommt die fummelige Bedienung – die Konzepte dazu haben mich bislang allesamt nicht überzeugt.

Das Smartphone ist ohnehin schon mein ständiger Begleiter – es ist Navigator und Kommunikationsgerät. Ich habe es immer dabei, und ich kann mir ein Leben ohne Smartphone nur noch schwer vorstellen. Eine Smartwatch ergänzt dieses Gerät aus meiner Sicht nicht – sie ist schlicht überflüssig.

Mit meiner Skepsis scheine ich nicht allein zu sein. Smartwatches verkaufen sich schlechter als von vielen Analysten erwartet, und selbst Apple konnte aus der Kategorie bisher noch kein Massengeschäft machen.

Sind Smartwatches deswegen gescheitert? Nein – aber sie sind eine neue Gerätekategorie mit anderer Zielgruppe. Smartwatches überzeugen nicht in erster Linie als Technikspielzeug, sondern als Modeaccessoire, Schmuck, Statussymbol – und ein praktischer Fitnesstracker für Sportler. Die Zielgruppe sind also Mode- oder Statusbewusste und Sportler – und das sind alles Gruppen, die mit klassischen Gadgetfreaks nur geringe Überschneidungen haben.

Erst die Form, dann die Funktion

Smartwatches müssen daher anders gedacht werden. Das Wichtigste ist das Design, das zweitwichtigste eine einfache Bedienung. Viel weniger wichtig ist der Funktionsumfang. Und genau dieser Trend ist auch auf der Ifa zu sehen: Statt Mini-Smartphones sind immer mehr echte Uhren zu sehen, die sich optisch kaum oder gar nicht von klassischen Uhren unterscheiden.

Die Uhren sind zwar smart, sehen aber nicht so aus. Und statt die Informationen auf dem Mini-Display anzuzeigen, wird dafür lieber der Smartphone-Bildschirm genutzt.

Der französische Hersteller Withings hat solche Uhren im Angebot, und auch das jüngst von Adidas gekaufte Fitness-App-Unternehmen Runtastic präsentierte Fitnesstracker in Form klassischer Uhren auf der Ifa.

Neben der Tatsache, dass solche Produkte traditionelle Uhrenträger ansprechen, haben sie auch den Vorteil, dass der Akku nicht jeden Tag neu geladen werden muss. Selbst Samsung, das mit der Gear S2 eine echte Smartwatch vorstellte, orientiert sich zumindest optisch an der klassischen Uhr.

Die Hersteller haben erkannt: Eine Smartwatch muss in allererster Linie als klassische Uhr modisch überzeugen – die smarten Funktionen sind für die Kunden nur ein nettes Extra.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Die Welt.

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