Ein Beitrag von Roland Eisenbrand, Head of Content bei OnlineMarketingRockstars.de.

Snap­chat gilt als „up and com­ing“ Platt­form im Social-Bereich und als eines der weni­gen Unter­neh­men, das die Über­macht von Face­book in die­sem Bereich ernst­haft angrei­fen könnte. 100 Mil­lio­nen monat­lich aktive Nut­zer ver­zeichne die App bereits, gab Grün­der und CEO Evan Spie­gel vor weni­gen Tagen bekannt. Nun will das Unter­neh­men bald an die Börse. Wie viel Kraft bereits jetzt hin­ter Snap­chat steckt, zeigte vor weni­gen Tagen das Bei­spiel des 18-jährigen Ber­li­ner Schü­lers Phil­ippe Lefarth. Er hatte zwei kurze Film­chen bei Snap­chat hoch­ge­la­den – 24 Stun­den spä­ter kann­ten ihn zehn Mil­lio­nen Men­schen. Wir haben mit ihm ein Inter­view geführt.

Screenshot aus Philippes Berlin Story auf Snapchat

Phil­ippe, Dein Video wurde bei Snap­chat fast 10 Mil­lio­nen Mal abge­ru­fen – wie kam das?

Snap­chat pos­tet ja regel­mä­ßig so genannte Sto­ries mit Impres­sio­nen aus einer bestimm­ten Stadt oder von einem beson­de­ren Ereig­nis. Die beste­hen aus Videos, die die Nut­zer quasi dafür ein­ge­sen­det haben. Die jewei­lige Story ist dann immer 24 Stun­den lang für alle Snapchat-Nutzer sicht­bar. Am Sonn­tag konn­ten alle Nut­zer aus Ber­lin in der App ihre Snaps für eine ‚Ber­lin Story’ vor­schla­gen. Am Mon­tag wurde diese dann ver­öf­fent­licht. Ich hatte gar nicht damit gerech­net, dass auch nur ein Video von mir in die Story auf­ge­nom­men wird, aber Snap­chat hat gleich zwei mei­ner Clips über­nom­men: einen, den ich beim Fahr­rad­fah­ren auf­ge­nom­men hatte und einen wei­te­ren, den ich kurz nach dem Auf­ste­hen gedreht hatte, und der in der ‚Ber­lin Story’ sogar als ers­ter zu sehen war. Ich konnte dann auf mei­nem Snap­chat sehen, dass immer mehr Men­schen sich die­sen Snap ange­se­hen haben – irgend­wann stand dann da die irre Zahl von 9,5 Mil­lio­nen. Komi­scher­weise wur­den mir nur die Abruf­zah­len vom zwei­ten Clip ange­zeigt, der als drit­ter oder vier­ter in der ‚Story’ zu sehen war. Der erste wurde also viel­leicht sogar noch häu­fi­ger ange­se­hen.

Die unglaublichen Abrufzahlen von Philippes Video auf Snapchat.

Wie ist das, wenn so viele Leute Dein Video bei Snap­chat sehen?

Das ist schon krass zu wis­sen, dass zehn Mil­lio­nen mein Gesicht gese­hen haben. Mein Handy hat auch den gan­zen Tag über vibriert. Schon als ich auf­ge­wacht bin, hatte ich in mei­nem Twitter-Account, den ich sonst eigent­lich gar nicht so viel nutze, plötz­lich 20 Noti­fi­ca­ti­ons – weil eine Freun­din von mir aus den USA bei Twit­ter geschrie­ben hatte, dass ich der Junge aus der Ber­lin Story bin. Einige ame­ri­ka­ni­sche Mädels haben Sachen wie ‚He’s so cute, I wanna meet him’ geschrie­ben, Screen­shots von mei­nem Snap gepos­tet, mich nach mei­ner Augen­farbe gefragt oder mir andere per­sön­li­che Fra­gen gestellt. Man­che haben sich so dar­über gefreut, dass ich ihre Posts geli­ket habe, dass sie dann sogar wie­der Screen­shots davon ver­öf­fent­licht haben. Nach­dem mein Snapchat-Name bei Twit­ter kur­sierte, haben mich auf Snap­chat dann rund 25 Leute gead­det, die ich gar nicht kenne. Viele Freunde haben mich auf Whats­App ange­schrie­ben, ob ich das in der Story sei. Ich habe mir viel Zeit genom­men, um alles zu beant­wor­ten; das hat mich schon den gan­zen Tag über beschäf­tigt.

In Deutsch­land ist Snap­chat noch nicht so ein gro­ßes Thema wie in den USA – warum nutzt Du die App, was fin­dest Du bes­ser als bei Face­book, Whats­App oder Ins­ta­gram?

Ich liebe Snap­chat! Ich war für ein Jahr in den USA zum Schü­ler­aus­tausch und für mich ist Snap­chat eine tolle Mög­lich­keit, mit mei­nen Freun­den aus die­ser Zeit in Kon­takt zu blei­ben. Das Beson­dere daran ist das schnelle Ver­sen­den von Bil­dern – es heißt ja auch Bil­der sagen mehr als tau­send Worte. Mit Whats­App kann man zwar auch Fotos ver­schi­cken, aber bei Snap­chat finde ich es viel per­sön­li­cher und ein­fa­cher. Mit zwei Klicks ist das Bild ver­sen­det. Ich kann mit Snap­chat Momente mit ande­ren tei­len, die man mit Wor­ten gar nicht beschrei­ben kann. Der Reiz ist auch, dass man weiß, dass die andere Per­son das nur für einige Sekun­den sehen kann, und dann ist es auch weg. Wenn man also mal ein weni­ger hüb­sches Bild von sich oder jemand ande­rem schickt, dann ist es nicht gespei­chert – zumin­dest so weit ich weiß. Außer­dem sind ja auch viele bekannte Pro­mis bei Snap­chat und pos­ten ihre Sto­ries. Das ist für die, glaube ich, ein ganz ande­rer Weg, an ihre Fans her­an­zu­kom­men. Da kön­nen sie ganz andere Dinge tei­len, durch Videos und Fotos, und dann noch­mal Fil­ter drü­ber­le­gen, was ja alles sehr schnell und ein­fach geht. Ich folge dort meh­re­ren gro­ßen US-Youtubern, wie Grace Hel­big oder Shane Daw­son. Das alles macht es für mich zu einer App, die ein­fach deut­lich bes­ser als Face­book, Whats­App oder Twit­ter ist.

Sind deine deut­schen Freunde auch alle bei Snap­chat?

Nein, lei­der nur so 20 Pro­zent von ihnen. Wenn ich hier Leu­ten sage ‚Hol dir doch mal Snap­chat’, kommt häu­fig erst mal die Ant­wort: ‚Warum brauch ich das denn? Fotos kann ich doch auch über Whats­App ver­schi­cken.’ Das habe ich am Anfang auch gedacht, als mir in den USA gesagt wurde ‚Mach Dir mal ein Snap­chat, das haben alle und ist cool’. Nach­dem ich aus den USA zurück­ge­kom­men bin, habe ich gemerkt, was für eine coole Art das ist, um mit Leu­ten zu kom­mu­ni­zie­ren und in Kon­takt zu blei­ben. Man­che mei­ner deut­schen Freunde hat­ten auch schon mal Snap­chat und haben es wie­der gelöscht, weil sie ihre Freunde dort nicht gefun­den haben. So lang­sam spürt man aber, dass sich das ändert, wenn auch nur lang­sam.

Die Entwicklung des Suchbegriffs "Snapchat" bei Google Trends in Deutschland.

Phil­ippe, vie­len Dank Dir für das Gespräch!

omr-logo
Dieser Beitrag erschien zuerst auf OMR.com

Bild: Instagram