Social Startups Management Führungstipps

Ein Beitrag von Magdalena Kloibhofer, Ko-Autorin des kürzlich erschienenen Handbuchs „Leadership in Social Enterprise“. Sie arbeitet seit etwa zehn Jahren im Feld nachhaltigen Wirtschaftens mit Schwerpunkt CSR und Social Entrepreneurship.

Diese Fallstricke müssen Gründer von Social Startups meistern

Ohne charismatische, visionäre Führungspersönlichkeiten mit großer Durchsetzungskraft hätten die meisten der heute wirksamen Social Businesses wohl nicht entstehen können. Damit diese Unternehmen jedoch nachhaltig wachsen und ihre positive gesellschaftliche Wirkung entfalten können, müssen die Gründer eine professionelle Führungsriege und resiliente Organisationen aufbauen, deren Zukunft nicht an einer einzelnen Person hängt.

Die Ergebnisse einer weltweiten Befragung der Schwab Foundation for Social Entrepreneurship bestätigen zunächst, dass Sozialunternehmer typischerweise ideales Führungsverhalten zeigen – visionär und inspirierend, charismatisch und geleitet von ethischen Werten. Erwartungsgemäß führt dies zu starkem Engagement und Loyalität der Mitarbeiter gegenüber der Organisation und ihrer sozialen Mission. Andererseits zeigen sich häufig bestimmte Schwierigkeiten beim Aufbau professioneller Managementstrukturen. Auf die folgenden vier zentralen Herausforderungen sollten sich die Gründer von Social Startups also rechtzeitig vorbereiten:

1. Aufbau eines Management Teams

Visionäre Charismatiker sollten sich beizeiten nach starker Unterstützung durch einen COO umsehen und bei wachsender Organisation rechtzeitig ein kompetentes Managementteam aufbauen. Die Suche nach geeigneten Kandidaten ist jedoch gerade für Social Startups von einigen Tücken begleitet, da etwa ein guter MBA und klassische Managementerfahrung hier nicht ausreichen: Drei zentrale Kriterien sind „Mission Fit“,„Culture Fit“ und „Founder Fit“.

Gerade in Kernpositionen braucht das Unternehmen Teammitglieder, die voll und ganz hinter der sozialen Mission stehen, zur werteorientierten Unternehmenskultur passen und den Gründern mit komplementären Fähigkeiten und Loyalität den Rücken freihalten – auch weil diese „im Auftrag der Mission“ zumeist viel außerhalb der Organisation aktiv und öffentlich präsent sind.

Talente aus dem eigenen Team in neue Führungspositionen zu befördern kann Probleme mit diesen Fit-Kriterien vermeiden. Fraglich ist allerdings, ob die geforderten Fähigkeiten in einem jungen Startup-Team vorhanden sind – die Ressourcen für Führungskräfte-Entwicklung im Unternehmen sind jedoch meist (noch) nicht gegeben. Gründer können sich jedoch zunutze machen, dass On-the-Job-Learning wesentlich wichtiger ist als teure Trainings. Durchdachte Herausforderungen für Nachwuchstalente können deren Potenzial gezielt entfalten.

Wichtig zu bedenken ist dabei auch, dass engagierter und ehrgeiziger Nachwuchs auch in sozialen Unternehmen rasch verloren geht und abwandert, wenn keine Aufstiegsmöglichkeiten geboten werden.

2. Delegation und Nachfolge

Bewusste Delegation ist überlebenswichtig für Gründer und auch eine fehlende Nachfolgeplanung kann, etwa bei unerwarteten Unglücksfällen mit kurz- oder längerfristigem Ausfall des Gründers, einem dynamisch wachsenden Startup ein schnelles Ende setzen oder Investoren abschrecken.

Wie oben beschrieben ist es alles andere als einfach, geeignete Kandidaten für die Übernahme von Aufgaben des Gründers im Social Startup zu finden. Ein Kernfaktor ist jedoch die innere Haltung der Gründer selbst und die Fähigkeit, loszulassen. Anderen ganz oder teilweise das eigene Baby anzuvertrauen ist immer schwierig – Sozialunternehmer fürchten aber vor allem eine Aufweichung oder Abwandlung der eigentlichen sozialen Mission des Unternehmens.

Hier muss auf drei Ebenen vorgebaut werden: Einbettung der Mission in die Unternehmenskultur, Governance-Strukturen, die zum Beispiel durch eine kontrollierende Stiftung Integritätsverluste verhindern helfen, und die Aufnahme von KPIs sozialer Wirkung in die Performance-Ziele der Führungsriege.

3. Rollenbalance und Integration von Perspektiven

Eine Besonderheit der Führungsrolle von Sozialunternehmern liegt darin, dass diese meist gleichzeitig eine zentrale Figur in einer sozialen Bewegung darstellen. Die Aufgaben innerhalb des Unternehmens konkurrieren daher mit öffentlichen Auftritten, Lobby- und Vernetzungsarbeit um Zeit und Energie und es ist noch wesentlicher als bei anderen Startups, hier bewusst und strategisch Prioritäten zu setzen.

Ist das Social Startup beispielsweise zum Teil auf Spenden angewiesen, können daraus durchaus Synergien durch öffentliche Sichtbarkeit entstehen. Auch der Aufbau eines kompetenten Managementteams in der Organisation hilft natürlich, hier Kapazitäten der Gründer für die gesellschaftspolitische Arbeit freizumachen.

Eine weitere Besonderheit in Social Startups ist die Vielfalt unterschiedlicher Stakeholder innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Neben Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten kann es Investoren und Gläubiger mit unterschiedlichen Erwartungen an finanziellen Erfolg und Social Impact geben und teils auch Spender. Hinzu kommen die Zielgruppe, der geholfen werden soll, sowie die politischen und gesellschaftlichen Akteure, die an ähnlichen Themen arbeiten.

Auch innerhalb des Unternehmens sind oft sehr unterschiedliche, zuweilen in Konflikt stehende Perspektiven zu finden, beispielsweise wenn, wie etwa in der Mikrofinanzierung, Mitarbeiter aus der sozialen Entwicklungszusammenarbeit mit Kollegen mit Bankenhintergrund zusammenkommen. Zumeist liegt es an der charismatischen Gründerfigur, hier alle Akteure und Gruppierungen hinter einer klaren Vision zusammenzubringen. Langfristig muss dies in einer starken Unternehmenskultur sowie durch strukturierte, partizipative Entscheidungsprozesse abgesichert werden, die eine Integration solch unterschiedlicher Perspektiven gewährleisten können.

4. Persönliche und professionelle Entwicklung

Die Basis aller Führungskräfteentwicklung ist Persönlichkeitsentwicklung. Fachwissen und Management-Handwerk sind notwendig, um ein Unternehmen zu gründen und zum Erfolg zu führen. Um die beschriebenen komplexen Herausforderungen zu meistern, braucht es jedoch ein hohes Maß an innerer Klarheit und Bewusstsein für komplexe Zusammenhänge.

In den Interviews zur Studie haben erfolgreiche Sozialunternehmer immer wieder den Wert beispielsweise von spirituellen Praktiken wie Achtsamkeitspraxis hervorgehoben, die helfen können, Ego-Konflikte in der Führungsriege und daraus erwachsende ineffektive Entscheidungen mehr und mehr zu vermeiden. Eine bewusste persönliche Entwicklung und Kritikfähigkeit bilden die Basis, um viele der oben genannten Herausforderungen zu meistern.

Bild: © panthermedia.net / Ishay Botbol