Mit SOMA Analytics entwickelten Münchener Studenten ein Frühwarn- und Präventionssystem für Stress. Um Burnout und Depressionen vorzubeugen, misst die Smartphone-App Parameter wie Stimmhöhe, Schlafqualität und Motorik der Nutzer. Mit ihrer Alpha-Version wurde SOMA Analytics nun als erstes deutsches Startup in den Londoner Health-Accelerator Healthbox aufgenommen. Wird in London aus einer innovativen Idee ein tragfähiges Geschäftsmodell?

SOMA Analytics
SOMA Analytics Die SOMA-Gründer Peter Schneider, Johann Huber, Christopher Lorenz und Fabian Alt (v.l.n.r.)

SOMA Analytics – Anti-Stress-App aus München

In Aldous Huxleys Roman-Klassiker „Brave New World“ wird das Volk mit der allgegenwärtigen Droge Soma ruhig gestellt. Volkskrankheit Burnout? In der „Brave New World“ unvorstellbar! Auch das Münchener Team von SOMA Analytics (www.soma-analytics.de) nimmt sich seit einem Jahr der stetig wachsenden Gefahr von Depressionen an – im Gegensatz zu Huxley jedoch mit einer wissenschaftlich fundierten App statt großer Mengen Narkotika.

Noch im Studium in München entwickelten die vier SOMA-Gründer Peter Schneider, Johann Huber, Christopher Lorenz und Fabian Alt die Technik für ihr Frühwarn- und Präventionssystem. Dem Smartphonenutzer wird mittels einer nativen App ermöglicht, Gefahren übermäßiger Belastung rechtzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren.

Die App soll keineswegs die Behandlung durch einen Arzt oder einen Psychiater ersetzen, sondern dem Nutzer auf einen Anstieg des Stresslevels aufmerksam machen. „Wir können keine Diagnose stellen – wir sind keine Ärzte“, erklärt Gründer Christopher Lorenz. „Aber: Wir können mit einfachen Mitteln einen guten Beitrag leisten.“

Health-Startups erreichen Europa

SOMA Analytics hilft mit seinem Produkt nicht nur dem Einzelnen, sondern arbeitet zudem an der Lösung für ein volkswirtschaftliches Problem: Der durch stressbedingte Erkrankungen entstandene volkswirtschaftliche Schaden in Deutschland wurde 2010 auf 364 Milliarden Euro beziffert (Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut HWWI). Prognosen der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge wird bis 2030 Depression zur Volkskrankheit Nummer eins in den Industrienationen werden. SOMA Analytics glaubt, eine frühere Behandlung könnte diese Prognose abwenden: „Die Erkennungsrate von Depression durch Hausärzte beträgt nur  50 Prozent — vergleichbar mit einem Münzwurf“.

Erst vor wenigen Wochen berichtete  Gründerszene über den Gesundheits-Hype im deutschen Startup Markt. Der gesamtgesellschaftliche Trend hin zu gesunder Ernährung, Bewegung und einem nachhaltigen Lebensstil schlägt sich nicht nur in E-Commerce-Lösungen wie dem der Berliner Coffee Circle (www.coffeecircle.de) oder dem Hamburger Avocado-Store nieder, sondern begünstigt auch SaaS-Modelle wie das Düsseldorfer Startup BodyIP (www.bodyip.de).

Nachdem Gründerszene den US-Health-Accelerator Startuphealth (ww.startuphealth.com) vorstellte und über einen möglichen deutschen Ableger spekulierte, wurde nun bekannt, dass der in Boston ansässige Health-Accelerator Healthbox (www.healthboxaccelerator.com) nach London expandiert und dort ab diesem Herbst sieben Gesundheits-Startups fördert. Als einziges deutsches Team mit dabei: SOMA Analytics.

SOMA Analytics überzeugt Londoner Accelerator

Der US-Health-Accelerator Healthbox kommt nach London – mit SOMA Anlytics konnte ein junges deutsches Team einen der ersten sieben Teilnehmer-Plätze erobern. Healthbox fördert, ähnlich dem deutschen Accelerator HackFwd (www.hackfwd.com) von Xing-Gründer Lars Hinrichs, Startups über einen festgelegten Zeitraum mit finanzieller Unterstützung, Netzwerk und Büros. Speziell in der Gesundheitsbranche gelten längere Innovations- und Sales-Zyklen sowie undurchdringbar scheinende Rechtsvorschriften, was die Einstiegsbarrieren für Gründer höher ansetzt als in anderen Online-Branchen.

Im Gegensatz zum Health-Accelerator Startuphealth fördert Healthbox seine Fellows nur drei Monate statt drei Jahre und konzentriert sich auf generische Serviceprodukte, die keiner tiefgehenden rechtlichen Prüfung bedürfen.

SOMA Schlaflabor

Das Münchener Team bekommt von Healthbox ein Büro im Hub Westminster – dem Epizentrum der Londoner-Startupszene – sowie Coaches und Mentoren aus der Gesundheitsbranche gestellt. Gleichzeitig platziert der Accelerator ein Investment von 50.000 Pfund in das junge Unternehmen. „Unser Ziel für das Programms ist, einen größeren Investor zu überzeugen“, erklärt Johann Huber von SOMA Analytics. „Wir haben in der ersten Woche, in der wir hier bei Healthbox sind, schon mächtig Traction bekommen und erstklassige Mentoren getroffen“. Im Vorfeld erhielt das Team um Johann Huber bereits eine erste Startfinanzierung durch die Stiftung der Deutschen Wirtschaft sowie die Heinz Nixdorf Stiftung im Rahmen der Gründerinitiaive „Herausforderung Unternehmertum“.

SOMA konnte die Jury des Londoner Accelerators nicht zuletzt durch den soliden wissenschaftlichen Unterbau ihrer Idee überzeugen. Um das Stresslevel der Nutzer zu bestimmen, haben die Gründer mehrere Parameter identifiziert, die sich stressbedingt verändern. Zum einen misst die SOMA-App Veränderungen der Sprache während Telefonaten. Je gestresster der Nutzer, desdo geringer fällt laut SOMA-Gründer Fabian Alt die Modulation der Stimme aus.

Häufige Tippfehler des Nutzers hingegen weisen auf eine gestörte Hand-Augen-Koordination des Smartphone-Besitzers hin – ebenfalls ein Parameter des Stresslevels. In einem Münchener Schlaflabor haben die Gründer die Beziehung zwischen Schlafqualität und Stresslevel untersucht und in ihren Service integriert. Wer sein Smartphone mit sich ins Bett nimmt, erlaubt den Sensoren somit Daten über „Umherwälzen“ und Lautstärke zu sammeln.

„Um die Schlafkomponente zu validieren, haben wir einige Nächte im Schlaflabor verbracht“, erklärt Huber. „Anschließend haben wir die Ergebnisse unserer App mit den Resultaten der Messinstrumente dort verglichen – mit großem Erfolg.“ Nach eigenen Angaben bereitet das Team zur Zeit eine großangelegte Studie mit einem Londoner Schlaflabor vor, um die wissenschaftliche Validität der Schlafkomponente abschließend zu dokumentieren.