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daniel-ek Spotify-Gründer Daniel Ek

Wenn es stimmt, was TechCrunch und die Financial Times gerade übereinstimmend berichten, dann sind die Übernahmegespräche zwischen Spotify und SoundCloud geplatzt – und zwar zum bereits dritten Mal in den vergangenen zwei Jahren.

Eigentlich würde ein Zusammenschluss der beiden europäischen Streaming-Pioniere für beide Seiten Sinn ergeben. Spotify hätte Zugriff auf die unfassbare Masse an Musik bekommen, die auf SoundCloud verfügbar ist – gut 135 Millionen Tracks sollen es sein. Der Spotify-Katalog beinhaltet etwa 30 Millionen Songs.

Dazu kommt die mit mindestens 175 Millionen aktiven Nutzern eindrucksvolle Userbase der Berliner. Spotify wird „nur“ von etwa 100 Millionen Menschen genutzt. Allerdings zahlen auch 40 Prozent davon für die Premium-Version des Diensts. Wie viele Nutzer für das dieses Jahr gestartete Premium-Abo Go zahlen, will SoundCloud nicht verraten. Daher darf vermutet werden: Viele sind es nicht.

Daher wäre ein Zusammengehen mit den Schweden auch für SoundCloud richtig und wichtig gewesen. Denn SoundCloud – mit knapp 200 Millionen Dollar finanziert – macht seit Jahren massive Verluste und wird wohl mittelfristig nur mit einem finanziell starken Partner überleben können. Spotify hat zwar auch noch keine Gewinne erzielt, dafür aber erst im März eine Milliarde Dollar in Krediten aufgenommen.

Warum also hat es nicht gepasst? Während bei den ersten Malen ein Deal an den überhöhten Preisforderungen der SoundCloud-Gründer Alex Ljung und Eric Wahlforss gescheitert sein soll, standen nun offenbar die IPO-Pläne von Spotify im Weg: CEO Daniel Ek habe sich nicht mit den Kosten und komplizierten Lizenzverhandlungen einer SoundCloud-Übernahme belasten wollen, heißt es. Insidern zufolge ist ein Börsengang fürs nächste Jahr fest eingeplant.

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Möglicherweise haben die beiden Unternehmen mit dem Verzicht auf einen Deal allerdings einen schweren Fehler begangen. Denn der Musikstreaming-Markt ist stark umkämpft, und auf sich allein gestellt sind Spotify und SoundCloud nicht in der besten Position, um zu reüssieren. Das liegt zum einen an den großen Tech-Konzernen, die inzwischen im Markt mitmischen – und deren Kriegskasse so prall gefüllt ist, dass sie sich im Zweifel teures Marketing leisten können – und vielleicht sogar einen niedrigeren Abo-Preis als den inzwischen üblichen Standardwert von zehn Euro pro Monat.

  • Apple Music, der wichtigste Spotify-Konkurrent, holt auf: Erst diese Woche verkündete man einen Anstieg der Nutzerzahl auf 20 Millionen.
  • Seit einem Monat spielt auch Amazon im deutschen Markt mit: Amazon Music Unlimited bietet mit 40 Millionen Tracks ein größeres Angebot als Spotify. Außerdem gibt der Konzern Prime- und Echo-Kunden Rabatt auf den im Markt üblichen Standardpreis von 10 Euro im Monat. Wie viele Nutzer der Amazon-Dienst hat, ist nicht bekannt.
  • Auch Googles Play Music hat noch keine Zahlen veröffentlicht. Dafür hat Google die entsprechenden iOS- und Android-Apps gerade überholt – und Kritiker loben den Empfehlungsalgorithmus als konkurrenzlos.

Abseits der Tech-Riesen ringen mehr und mehr Wettbewerber um die restlichen Marktanteile.

  • Tidal, Napster, Deezer, Microsoft Groove oder auch die Media-Saturn-Tochter Juke bevölkern schon jetzt den Markt.
  • Dazu kommt das US-Internetradio Pandora – immerhin fast 80 Millionen Nutzer stark –, das gerade für das erste Quartal 2017 einen Abodienst angekündigt hat.
  • Auch der US-amerikanische Radiogigant iHeart Media – Reichweite: 250 Millionen Hörer – hat im Herbst ein Spotify-Konkurrenzprodukt vorgestellt.

Die schiere Masse an Wettbewerbern deutet an, dass Musik-Streaming inzwischen zur Commodity, zum überall verfügbaren Gebrauchsgegenstand, geworden ist. Die Unterschiede zwischen den Anbietern des Zehn-Euro-Pakets erscheinen fast marginal: „Einziger Unterschied: die Farbe des Logos“, ätzte SoundCloud-CEO Alex Ljung gerade im Gründerszene-Interview. Mit der Übernahme von SoundClouds Millionen von Indie-Tracks hätte sich Spotify da absetzen können. Die Chance ist erst einmal vertan.

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