Norman Wiese
Norman Wiese Norman Wiese ist Gründer und CEO von Tapglue

Anfang dieses Jahres startete Tapglue. Das Berliner Mobile-Tech-Unternehmen stellt vor allem seine Mitarbeiter in den Vordergrund, die zuvor Schlüsselpositionen bei Soundcloud, Delivery Hero oder Onefootball inne hatten.

Ansonsten war bisher wenig bekannt. Außer, dass das Unternehmen an einer Plattform arbeitet, die App-Entwicklern einen sogenannten „Social Layer“ – beispielsweise einen Facebook-ähnlichen Newsfeed – für ihre Mobile-Anwendungen anbietet. Stichwort für Techies: API-Economy – dabei werden bestimmte Komponenten wie etwa Zahlungs- oder Chat-Module nicht mehr selbst programmiert, sondern von externen Entwicklern eingekauft und eingebunden.

Gründer und CEO von Tapglue ist Norman Wiese. Der 29-Jährige hat bereits einige Startups von innen gesehen: Er hat bei Chal-Tec angefangen, war anschließend bei Team Europe und dann einer der ersten Mitarbeiter bei Lieferheld. Dort baute er das Online-Marketing mit auf und war später Head of Mobile Marketing von Delivery Hero. Anschließend gründete er ein Mobile-Startup, das aber nicht funktionierte. Dann übernahm er den Bereich „User Growth“ für Onefootball, die größte Fußball-App weltweit.

Gründerszene traf den Tapglue-Gründer. Im Interview erklärt er, welches Problem sein Startup lösen möchte. Zudem erzählt Wiese, wie sein Jungunternehmen finanziert ist und er verrät, dass sein Startup bald in die USA gehen könnte – denn nur von dort aus könne man groß werden.

Norman, Du hast zuvor bei Onefootball gearbeitet. Kam Dir dort die Idee zu Tapglue?

In meiner Zeit dort haben wir Onefootball zu einem Social Network für Fußball weiterentwickelt. In diesem Zuge habe ich mich sehr viel mit den Netzwerkeffekten beschäftigt, die den erfolgreichsten Produkten zugrunde liegen. Man denke an Facebook, Instagram oder Medium. Ich habe mich gefragt: Wieso machen sich nicht mehr Apps und Produkte diese Mechanismen zu Nutze? Also habe ich mich entschlossen, Tapglue mit meinem langjährigen Weggefährten Onur zu gründen.

Ihr nennt Tapglue einen Social Layer für Apps. Wie wollt ihr es schaffen, dass Eure Lösung für eine größtmögliche Anzahl von Apps relevant ist?

Die grundlegenden Bestandteile eines erfolgreichen Social Networks sind aus unserer Sicht immer drei Dinge: 1. Nutzerprofile: Ich muss andere Leute entdecken können. 2. Ich muss mich mit diesen Leuten vernetzen können, also ihnen folgen oder mich mit ihnen befreunden. 3. Ich muss mit diesen Leuten interagieren können. Und die einfachste Form der Interaktion in einem sozialen Netzwerk sind News-Feeds – ich kann passiv konsumieren, was andere Leute machen und gleichzeitig aktiv Inhalte mit meinem Netzwerk teilen. Mit Tapglue lassen sich diese drei Grundelemente mit Hilfe unserer SDKs und API integrieren. Das genaue Nutzererlebnis ist dabei flexibel und liegt in der Hand unserer Kunden.

Was, wenn die Leute nur noch passiv konsumieren wollen und nichts mehr von sich posten? Irgendwoher muss der Inhalt in einem Newsfeed ja kommen.

Wir machen das sichtbar, was sowieso in einer App passiert. Nutzer lesen News, favorisieren Filme oder bewerten Artikel in Online-Shops. In unserem Activity-Feed machen wir diese Interaktionen für andere Nutzer mit Likes, Sterne-Bewertungen oder Kommentaren sichtbar. Erst der nächste Schritt ist dann User Generated Content.

Unsere These ist, dass Leute nicht fauler werden, zu posten. Das verschiebt sich nur in Nischen – Netzwerke werden vertikaler. Man denke an zuletzt sehr erfolgreiche Beispiele wie Runtastic, Freeletics oder Kitchen Stories. Wenn beispielsweise auch Kunden von Zalando wissen würden, welche Marken ihre Freunde liken oder welche Schuhe sie sich auf die Wunschliste packen, hätte das einen großen Mehrwert. Es würden nicht nur Nutzeraktivität und -retention gesteigert, sondern auch sehr interessante Daten für Zalando generiert werden.

So könnte ein Newsfeed mit Tapglue aussehen.

Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Warum sollte Zalando ein solches Feature nicht einfach selbst bauen?

Zalando ist sehr gut im Einkauf, im Online-Marketing oder in der Logistik. Aber es ist nicht unbedingt ihre Kernkompetenz und ihr Fokus, ein Social Network zu bauen. Wir arbeiten jeden Tag ausschließlich an einer Platform, um Netzwerke aufzubauen und zu skalieren. Gepaart mit unserer Erfahrung in diesem Bereich sind wir vermutlich immer schneller und effizienter als ein internes Entwickler-Team, das eine Fülle an anderen Herausforderungen hat.

Wo wollt Ihr in ein paar Jahren stehen?

Es wird in Zukunft immer mehr spezialisierte API-Anbieter für bestimmte Komponenten geben, die ein bestimmtes Thema von Anfang bis Ende abbilden. Es gibt jetzt schon Stripe für Payment, Mapbox für Maps, es gibt Layer für Messaging, Contentful als CMS und so weiter. In ein paar Jahren wollen wir der Standard-Anbieter sein, wenn es darum geht, Nutzer miteinander zu verbinden.

Wer setzt jetzt schon auf Tapglue?

Zu unseren bekannteren Kunden zählen beispielsweise Dailyme, DaWanda und die Schrittzähler-App Stepz. Alle diese Apps werden mit Tapglue erstmalig social.

In den nächsten Jahren wollt ihr die Nummer Eins sein. Bis dahin braucht ihr Geld. Wo kommt das her? Gerüchteweise habt ihr Anfang des Jahres eine größere Finanzierung eingefahren.

Im Frühjahr haben wir eine sechsstellige Summe eingesammelt, das stimmt.

Von dem stammt das Geld?

Von Business Angels aus Europa und den USA, unter anderem Claude Ritter, Mitgründer von Delivery Hero, und Henry Cipolla, CTO und Mitgründer von Localytics.

Seid ihr weiterhin auf der Suche nach Kapital?

Aktuell nicht, obwohl wir für unser Thema ein großes Interesse auf Investorenseite verspüren. Wir wollen uns dieses Jahr jedoch voll auf unsere Meilensteine konzentrieren. Anfang des nächsten Jahres werden wir dann sicherlich Gespräche führen.

Wie sieht euer Geschäftsmodell aus? Wie verdient ihr Geld?

Unser Pricing basiert auf Volumen. Ein Kunde mit drei Millionen Nutzern zahlt mehr, als eine neue App mit 30.000 Nutzern. Für kleine Projekte und zum Testen haben wir zudem einen kostenlosen Plan. Unser jetziges Plug-and-play-Netzwerk ist aber erst der Anfang. Hierauf aufbauend werden wir schon bald neue Verticals launchen, mit denen wir zusätzliche Umsatzquellen erschließen.

Was wäre das?

Es wird zum Beispiel in Richtung Marketing Automation und Content Recommendations gehen. Wir kreieren neben einem Nutzer-Netzwerk für unsere Kunden auch einen Interest Graph in ihren Apps. Für Apps ergeben sich mit den hierdurch entstehenden Verknüpfungen in den Daten völlig neue Features, die im Bereich Retention und Engagement spannend sind.

Fokussiert Ihr Euch auf Deutschland oder schaut Ihr schon stark ins Ausland?

Wir waren von Stunde Null international ausgerichtet und betrachten die USA als unseren wichtigsten Markt. Wir haben jetzt schon erste Kunden dort und bemerken ein großes Interesse. Nächstes Jahr werden die USA ein großer Fokus für uns sein. Vielleicht eröffnen wir eine Dependance – oder ziehen ganz dorthin. Wir müssen in den USA erfolgreich sein, um mit Tapglue etwas Großes zu bewegen.

Bild: Tapglue