Sexy, bunt, chaotisch soll sie sein, die Online-Welt der Zukunft. Ob in Berlin, München oder anderswo, in Deutschland wächst eine neue, schlaue und vor allem ehrgeizige Gründer-Kultur heran, um sich die Möglichkeiten des Internets und dessen Wachstumspotenzial zu Nutze zu machen – bis zu 30 Milliarden Euro soll das E-Commerce-Transaktionsvolumen 2012 erreichen. Dabei braucht die deutsche Gründer-Kultur sowohl kreative Talente als auch Struktur, so ein Fazit des Vortragsevents von Gründerszene und Telefonica. 

E-Commerce-Profis skizzieren die Online-Zukunft

Talente und Struktur verbinden

„Einzigartig, sexy & relevant“: Daran, dass er an Berlin als Startup-Standort glaubt, hat Christian Weiss keinen Zweifel gelassen. Immerhin hat er auch Project A Ventures (www.project-a.com) in der Hauptstadt gegründet. Im Portfolio des jungen Inkubators finden sich zur Zeit Firmen wie Wine in Black, Amerano und Kochzauber (www.kochzauber.de). Gegenwärtig sieht er in der Szene allerdings eine gespaltene Situation: Kreativen, innovativen Köpfen stehen oft stark zahlenorientierte Inkubatoren gegenüber. Weil Letztere sich in den vergangenen Monaten verstärkt eine Copycat-Mentalität und Fantasielosigkeit haben nachsagen lassen müssen, sieht Weiss das Image der selbsternannten Company-Builder als angekratzt an.

Seine Lösung ist simpel: Beide Seiten müssten miteinander verbunden werden, damit sowohl Talente angezogen und – wo nötig – auch Struktur geschaffen werden könnten. Mit den derzeitigen Playern hält er das allerdings nicht für möglich – auch außerhalb Berlins werde gleiches übrigens derzeit noch nicht geschafft. Letztendlich müsse erkannt werden, dass das Klonen von bewiesenen Geschäftsmodellen zwar mitunter ein gangbarer Weg sein kann. Gleichzeitig lasse sich aber nicht alles erfolgreich kopieren, wie zuletzt am Beispiel Pinspire deutlich wurde.

Wayra: Neues Accelerator-Programm in München

Aber auch in anderen deutschen Großstädten gedeiht die Szene. In München etwa startet im Herbst dieses Jahres ein neues Accelerator-Programm. Wayra, so der Name des von Telefonica (www.telefonica.de) ausgerichteten Bootcamps, soll zehn Startups auf 1.000 Quadratmetern sechs Monate lang alles bieten, was diese zum Anschub brauchen: Mentoring, Trainings, Networking, Infratruktur und natürlich auch eine erste Finanzierung. Bis zu 50.000 Euro im Gegenzug für zehn Prozent des Eigenkapitals sollen laut Bernhard Kirchmair, Lead Innovation Management bei Telefonica, möglich sein.

Weitergehende Verpflichtungen gegenüber Telefonica gebe es keine, wird versichert. Die Bewerbungszeit für das Programm, das es in vergleichbarer Form auch schon in London, Barcelona, Dublin und München gab, läuft vom 21. Mai bis zum 8. Juli dieses Jahres. Danach soll eine Jury die Erfolg versprechendsten Startups aussuchen.

Event Online-Zukunft – Gründerszene und Telefonica

Ein Blick in die Online-Zukunft

Jungen Unternehmen steht derweil eine wachstumsstarke Zukunft bevor: „Fernsehen, Video und Internet sollen immer mehr verschmelzen und damit interaktiv werden“, sagt Sören Ziems von der ProSiebenSat1-Tochter MyVideo (www.myvideo.de). Zusatzinformationen etwa zu Schauspielern oder auch Votings sollen dann über iPad & Co. als „second screen“ realisiert werden. An den bisherigen Content-Providern vorbei strebt zudem eine neue, moderne Generation an Filmemachern auf die verschiedenen Online-Portale.

Letztere sieht Carlo Velten, Senior Advisor bei der Experton Group (www.experton-group.de), im Allgemeinen als Rückgrat und Motor des E-Commerce. Rund 30 Milliarden Euro Transaktionsvolumen sagt er diesem für 2012 voraus, das Online-Werbevolumen soll bei sechs Milliarden Euro liegen. Nur wer kundenzentrierte Apps bietet, da ist er sich sicher, kann sich von beidem einen relevanten Teil sichern. Dass währenddessen gerade die Reaktion der Kunden auf neue Angebote nicht vorhersagbar ist, weiß Netpioneer-Geschäftführer Uwe Linke. Insbesondere im Online-Geschäft müssen sich die Anbieter darauf einstellen und verstehen, dass man das Chaos nicht berechnen kann, sondern flexibel reagieren muss – eine Erkenntnis, die vielleicht auch „offline“ an der einen oder anderen Stelle gute Dienste leisten kann.

Event Online-Zukunft – Gründerszene und Telefonica

Bilder: Telefonica