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Fast wären wir Freunde geworden. Jeden Morgen, jeden Abend standen die beiden dort und passten mich auf meinem Weg zur Arbeit ab. Selbst im Winter bei Minusgraden waren sie da, mit Fingerhandschuhen, einmal hatten sie sogar einen pinkfarbenen Taschenwärmer für mich dabei. Was sie mir jedes Mal in die Hand drückten, war ein neuer Foodora-Gutschein. Mittlerweile stehen die zwei Studenten in ihren pinkfarbenen Jacken nur noch ganz selten am Alexanderplatz und verteilen ihre Gutscheine. Zuhause erinnert mich ein Stapel von Coupons an sie.

Seit etwa einem Jahr lebe ich in Berlin, in der Zeit hatte ich unzählige Begegnungen mit den verschiedensten Gutschein-Verteilern. Doch anstatt mich entnervt wegzudrehen, habe ich angefangen, alle Gutscheine von Startups zu sammeln. Es sollte ein Experiment werden: Wie viel Gutscheine bekomme ich in einem Jahr zusammen? Und wer sind die Spitzenreiter?

In dem Jahr brachten mich die Gutscheine dazu, ein „grünes Club-Sandwich mit selbstgemachtem Hummus und Karotten-Pommes“ zu kochen (HelloFresh) und mehr Burger zu essen (Foodora). Andere Möglichkeiten ließ ich verstreichen, etwa einen Putzservice von Helpling zu buchen oder die Sex-Toys von Amorelie zu bestellen.

Bei zwei Startups habe ich zu lange gewartet. Die Bonativo-Gutscheine liegen noch in meiner Tasche, dabei hat der Rocket-Lieferdienst für Bio-Kisten bereits abgedankt. Und auch der Gutschein von Home eat home ist wertlos. An der Stelle des Kühlschranks für die Fertiggerichte klafft bei meinem Kaiser’s jetzt ein Loch.

30 Wochen die Kochboxen von HelloFresh – for free

Insgesamt 52 Gutscheine im Wert von insgesamt 507 Euro sind in den zwölf Monaten zusammengekommen. Ein Ergebnis, das auch einen Einblick in die Marketing-Welt speziell von zwei Berliner Startups gibt. Einmal ist das eben Foodora. Mit den Gutscheinen versucht der Lieferdienst massiv Neukunden zu gewinnen, insgesamt 19 Coupons kamen von dem Startup, das mittlerweile zu Delivery Hero gehört.

Ein Foodora-Fahrer erzählte mir im Interview, wie er bei seiner täglichen Arbeit die Promo-Aktionen bemerkte. „Alle waren heiß auf den 8-Euro-Gutschein“, erzählte er. Ein paar Tage nach den Aktionen wurde es allerdings direkt wieder ruhiger. Um einen Missbrauch zu verhindern, achtet Foodora auch streng darauf, dass nur Neukunden mit einer eigenen Mail-Adresse und Handynummer den Rabatt bekommen. Sie wollen vorbeugen, dass ich die 19 Gutscheine alle einlöse.

Auch für ein anderes Startup ist das Gutschein-Marketing extrem wichtig: HelloFresh. Über Wochen bin ich an Hauptbahnhöfen und Flughäfen auf die grünen Stände mit den Kochboxen gestoßen. Immer wieder wollten sie mich werben.

Geleakte Zahlen des Rocket-Unternehmens zeigen, welche Auswirkungen die vielen Gutschein-Aktionen auf die Marge der Kochboxen haben: Demnach verdient HelloFresh pro Box durchschnittlich acht Euro weniger durch die Rabatte. Eine Sprecherin bestreitet die Zahlen zwar vehement. Aber klar ist: Das Gutschein-Marketing lassen sich die Rocket-Startups einiges kosten.

Was durch die Coupon-Schwemme ebenfalls passieren kann, schilderte der Lieferando-Gründer Christoph Gerber kürzlich in einer Analyse über die Rocket-Ventures:

„Living in Australia, I can only share my experience with being flooded with HelloFresh coupons day over day and ending up ordering for 30 consecutive weeks for free due to poor marketing.“

So weit kam es bei mir nicht. Diese Infografik fasst mein Sammel-Experiment zusammen (hier sind die Rohdaten):
Caspars Gutscheine

Bild: Gründerszene