thylmann pro bitcoin

Eine Geschichtsstunde fürs Verständnis

Ich fange mit einem Zitat von Dee Hock an. Er ist der Vordenker und spätere Gründer des Kreditkartensystems VISA: If anything imaginable was possible, if there were no constraints whatever, what would be and ideal organization to create the world’s premier system for the exchange of monetary value?

Gesagt hat er das im Jahre 1966, zu einer Zeit als die Bank of America mit ihrem ersten Kreditkartensystem eine Menge Chaos und Verwirrung gestiftet hatte, weil es uneinheitlich war. Hock schwebte damals eine Organisation vor, die jeder teilnehmenden Bank einheitliche Kreditkarten für ein gemeinsames System der Geldwerteübermittlung herausgibt. Die Banken selbst sollten bestimmen können, wieviel Gebühren sie für ihre Kredite verlangen. Hocks noch namenlose Organisation selbst wollte sich lediglich um die sichere Abwicklung des Geldtransfers kümmern.

Auf Grundlage dieser Idee wurde 1970 die National Bank Americard gegründet, die seit seit 1976 VISA heißt. Warum ich das schreibe? Damals gab es noch kein Internet und es gab noch keine P2P-Systeme – sonst hätte es vielleicht schon damals den Bitcoin gegeben.

Noch ein kurzer Einschub fürs Verständnis: Was ist eigentlich eine Währung? Ein Tauschmittel. Unsere Währung, den Euro, haben wir nur, um nicht wie beim Tauschhandel, die Notwendigkeit einer doppelten Übereinstimmung der Bedürfnisse zu haben. Heißt, eine Währung „speichert“ auch Werte für die es kein reales Gut als Gegenwert geben „muss“.

Im Grundsatz ist Bitcoin auch eine Antwort auf die oben geschriebene Frage Dee Hock. Es ist im Kern das VISA-System um die Dimension einer Währung erweitert. Und das, ohne die Banken und ohne notwendige Mittelsmänner, um Geldwerte zu transferieren. Bitcoin ist nicht nur ein Tauschmittel, sondern auch eine Werteaufbewahrung.

Wenn wir Bitcoins zuerst nur als Möglichkeit des Austausch von Werten betrachten, dann sollte es wenig Diskussionen über das Konzept Bitcoin geben – besonders unter der Annahme der vollständige Liquidität. Im Moment gibt es für den Bitcoin noch zu wenig Tauschmöglichekiten in etablierte Währungen, aber mit dem Ripple Network, Buttercoin, dem Bitcoin.de-Marktplatz und der Kooperation mit der Fidor Bank und anderen sind wir in diesem Punkt auf dem richtigen Weg.

Michael Neuber BitcoinContra Bitcoin: Michael Neuber, Justiziar beim Bundesverband Digitale Wirtschaft warnt Online-Unternehmen vor Bitcoins. Zu riskant sei deren Einsatz, Rechtssicherheit fehle.

Ein Praxisbeispiel

Heute ist es zum Beispiel sehr teuer, wenn man Geld von Deutschland nach Indien schicken will. Das ist dem derzeitigen Online-Überweisungssystem geschuldet. So ein Geld-Transfer mithilfe von Bitcoins sähe  so aus:

1. Ich schicke 100 Euro von meinem Bitcoin Wallet zu einem Wallet in Indien, das – nehmen wir mal an – einem Kiosk gehört.
2. Besagte 100 Euro werden von meinem Konto abgebucht und auf einem Exchange („Marktplatz“) in Deutschland live in Bitcoin umgewandelt. Das waren vor kurzem 1,096 Bitcoins. Heißt: ein Bitcoin ist etwas weniger als 100 Euro wert – wobei sich der Umrechnungskurs ständig ändert. Nehmen wir an, der Marktplatz nimmt Gebühren in Höhe von 0,1 Prozent auf die Umwandlung eines Euros in einen Bitcoin – dann bekomme ich abzüglich der Gebühren für meine 100 Euro rund 1,085 Bitcoins. Diese werden mithilfe eines P2P-Systems in das Wallet nach Indien transferiert. Das P2P-System gehört niemanden und beobachtet und validiert die Transaktion per Data-Mining. Dieser Vorgang kann zwischen ein paar Sekunden und ein paar Minuten dauern. Vielleicht gibt der Exchange sogar noch ein Prozent seiner erhobenen Gebühren dafür aus, die Transaktion schneller validieren zu lassen. Dieser Prozess sorgt für eine 100 prozentige Sicherheit der Wertetransaktion.
3. Besagte 1,085 Bitcoins kommen im Wallet des indischen Kiosks an. Der Kiosk berechnet für die Transaktion ein Prozent Gebühr auf die Gesamtsumme. So bleiben rund 1,074 Bitcoins übrig. Diese werden in Rupien umgewandelt. Die Kosten dafür übernimmt der Kiosk. Schon liegen rund 8538 Rupien in Indien abholbereit.

Und ganz nebenbei kann jeder Kiosk mit einem Computer und einer Internetverbindung eine eigene Wechselstelle aufmachen. Der Wettbewerb besteht nur noch in der Transaktion einer Währung zu Bitcoins und zurück in die jeweilige Währung des Landes. Dazwischen gibt es keine Banken oder irgendwelche Mittelsmänner mehr, die am Wechsel mitverdienen. Wie beim VISA-System (aber ohne Mitgliedschaft!) kann jeder mitmachen, so lange er Bitcoins als Währung akzeptiert.

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In der Theorie anonymisiert

Ein einfaches Beispiel aus Deutschland wäre, dass ich mein iPhone in einem Apple-Store kaufe und mit Bitcoins bezahle. Da der Laden für die Transaktion keine VISA- oder sonstigen Gebühren zahlen muss, kann es die auf die Transaktion erhobenen Gebühren in die eigene Tasche stecken.

Mit mehr Liquidität und Stabilität in der Währung muss der Bitcoin  auch irgendwann zukünftig nicht mehr in “etablierte” Währungen hin und her getauscht werden. In manchen Ländern ist es ja mittlerweile auch so, dass Beträge ab zum Beispiel 10000 Euro auf Grund von Geldwäsche-Gesetze nicht mehr bar bezahlt werden dürfen. Mit dem Bitcoin-System gibt es solche Beschränkungen nicht.

Bevor jetzt einige zwielichtige Gestalten frohlocken: Der Bitcoin und der Handel damit sind zwar in der Theorie anonymisiert, aber wenn ich mein Wallet beim Staat anmelden würde, gäbe es volle Transparenz. Aber auch das ist noch Zukunftsmusik.

Vorteil ist, dass es nur eine limitierte Anzahl gibt

Aktuell beträgt der Wert der sich im Umlauf befindenen Bitcoins nur rund 1,1 Milliarden Euro. Verglichen mit rund 800 Milliarden Euro, die allein in Form von Geldscheinen existieren, ist das natürlich noch sehr wenig. Der Wert von Bitcoins muss also noch immens steigen, wenn diese Währung allgemein akzeptiert werden soll. Gleichwohl ist das aber aber auch der Grund, warum viele Leute den Bitcoin momentan als Investment sehen. Das Ganze ist mit viel Risiko behaftet – schließlich könnte es den Bitcoin vielleicht eines Tages gar nicht mehr geben.

Die wichtigste Frage ist also, ob Bitcoins langfristig zur Aufbewahrung von Werten taugen. Der Vorteil ist, dass es nur eine limitierte Anzahl von Bitcoins gibt (maximal 21 Millionen Einheiten) und diese mit steigender Nutzung an Wert gewinnen werden.

Es kann also nicht – sollte es zu einem Bitcoin-Boom kommen – neues Bitcoin-Geld „gedruckt“ werden. Jedoch gibt es auch Mahner, die prognostizieren, dass dieses inherent deflationäre Verhalten dazu führen kann, das immer mehr Menschen die Bitcoins einfach behalten und nicht ausgeben.

Ich selber habe einige Bitcoins, aber aus dem gleichen Grund wie ich Gold habe, oder Aktien. Nennen wir es Diversifikation! Bei Currytime in Köln kann man auch schon mit Bitcoins bezahlen, aber das ist wohl eher den Geeks vorbehalten. „Mit Bitcoins zahlen“ hat halt an sich auch keinen Wert. Der Wert entsteht in der Einfachheit und in der Vermeidung von Transaktionskosten. Hier sind die Unternehmer der Zukunft gefragt. Sie müssen sich überlegen, was man mit einer rein kryptografischen Währung denn alles Lustiges anstellen kann. Die Zeit spielt hier für den Bitcoin, da der Kreativität kaum Grenzen gesetzt sind! Und mit einer größeren Akzeptanz beim Staat und einer klaren Regulierung wird es auch viele neue Möglichkeiten geben.

Viel Spaß beim „rumspielen“ mit den Bitcoins!